
tig, dass bei der Steifigkeit immer die Lage der Glieder bleibe,
wie sie vorher gewesen. Er fand vielmehr, dass der Unterkiefer,
wenn er auch im Tode vom Oberkiefer abstand, später
za dem Oberkiefer fest angezogen wurde. Er fand auch, dass
an den Extremitäten eine stärkere Beugung erfolge, so z. B. dass
der Daumen gegen die Handfläche angezogen, oder gar der.Vof-
derarm ein Wenig gebeugt wurde. "Wird der schön in einem
Theile ganz entwickelte Rigor mit Gewalt aufgehoben, so befällt
er diesen Theil nicht wieder; geschieht diess ..aber während der
Entwickelung des Rigors, so "tritt er gleichwohl nach Sommer
wieder ein. Ist z. B. am ausgestreckten Arme der allgemeine
Rigor schon, vorhanden, aber noch nicht ganz entwickelt, und
wird die Beweglichkeit des Ellenhogerigelenks gewaltsam hergestellt,
so wird es gleichwohl nach einiger Zeit wieder unbeweglich.
Die Erschlaffung beginnt gewöhnlich zuerst wieder am Kopfe,
dann an.den oberen, am spätesten an den unteren Extremitäten.
Der Rigor tritt nach Sommer’s zahlreichen Beobachtungen
(an 200 Leichen), die bei den mannigfachen Differenzen von anderen
Beobachtern wohl das meiste Vertrauen verdienen, nie
schneller als 10 Minuten nach dem Tode, nie später als nach
7 Stunden ein. Die Dauer ist nach Wysten und Sommer im Allgemeinen
um so länger, je später der Rigor mortis eintritt. War
die Muskelkraft vorher ungeschwächt, wie bei Menschen, die an
Asphyxie umgekommen, so tritt der Rigor auch später ein und
dauert länger. Wach acuten Krankheiten, mit grosser Niedergeschlagenheit
der Kräfte, entsteht die Todtenstarre schneller, nach
dem Typhus, nach S ommer, z. B. zuweilen schon nach 15 — 20
Minuten nach dem Tode. Auch nach chronischen Krankheiten,
welche die Kräfte erschöpft haben, wird dasselbe beobachtet.
Wach plötzlichen Todesarten von acuten Krankheiten dauert der
Rigor nach Sommer auch dann länger, wenn er selbst schnell
eingetrgten. Hunter und H imly bemerken, dass bei einem vom
Blitz Getödteten gar kein Rigor erfolge; Sommer sah ihn indess
bei einem durch den electrischen Schlag getödteten Hunde eben so
schnell als gewöhnlich eintreten. Auch Orfila’s Bemerkung, dass
nach AsphyxieJvont Kohlendunst der Rigor spät eintrete, fand
Sommer nicht bestätigt; derselbgRemerkt, dass, wenn er bei Asphy-
ctisclien mitunter spät eintrete,' diess eher von dem dem Tode
vorangehenden Scheintode, als von der Todesart abzulciten sey.
Auch däss die Todesstarre nach narcotischen Vergiftungen fehle,
fand Sommer bei seinen Versuchen, an Thieren eben so wenig
als Wysten bestätigt. Schon Wysten beobachtete ;(*däss die Todtenstarre
auch die gelähmten Muskeln bei der Hemiplegie gleich
stark .befalle, Diess bestätigt Sommer mit dem Zusatze, wenn
die Paralysis nicht mit einer bedeutenden Veränderung in der
Ernährung odeRmit Wassersucht der Muskeln selbst verbunden gewesen;
in welchem Falle Sommer einmal einen gänzlichen Mangel
der Rigors auf der gelähmten: Seite beobachtete. Wysten bemerkte,
dass der tetanische Krampf bei am Tetanus Verstorbenen
mit oder nach dem Tode schnell auf höre, dass darauf der Körper
einige Stunden schlaff bleibe, ehe der Rigor eintrete; S om-
MER sah indess in einem Fall von Tetanus den tetanischen Krampf
an den Kiefern unmittelbar in denuligor sich fortsetzen. Bei
Neugebornen und Greisen tritt der Rigor im Allgemeinen schneller
'ein; ist nicht so stark und verschwindet früher. Gegen Wysten
beobachtete Sommer in vielen Fällen, dass der Rigor schon
vor der vollkommenen Erkaltung und zuweilen schon eintritt,
wenn die Wärme sich noch erhält. Die Todtenstarre tritt in
der Luft und im Wasser ein, doch wii’d eine in Wasser von
0 — 15°: untergetauchte Leiche stärker und länger vom Rigor befallen,
als in der Luft von gleicher Temperatur, In Hinsicht des
Einflusses des Gehirns und Rückenmarks auf die Entwicklung des
Rigors stimmt Sommer Nysten’s Beobachtungen bei,, dass nämlich die
Zerstörung der Centraltheile des Wervensystems keinen Einfluss auf
die Entwicklung, den Grad und die Dauer der Todtenstarre habe.
Der Sitz des Rigors liegt nach Wysten in den Muskeln;
denn er bleibt, wenn man auch die Häute und selbst die Seitenbänder
der Gelenke durchschnitten, verschwindet aber nach
Durchschneidung der Muskeln. ■ Diess bestätigt S ommer, bemerkt
aber, dass, wenn auch ein Glied nach Durchschneidung
der rigiden Muskeln seine Beweglichkeit wieder erhält, die durchschnittenen
Muskelstücke gleichwohl fest und rigide bleibeil, was
schon Rudouphi beobachtete.1 Wysten hatte die Todtenstarre von
der organischen Contractilität der Muskelfasern abgeleitet. Unter
seinen Gründen dafür ist der wichtigste, dass, wenn der Rigor
bei der grössten Beugung eines Gliedes eintrete, die Beugemuskeln
dann dieselbe Beschaffenheit haben, als wenn sie will-
kührlich zusammengezogen 'sind; und dass sie<4statt erschlafft,
vielmehr verkürzt und verdickt erscheinen. Sommer hingegen
erkennt diese Thatsache nicht an. Befinde sich der eine Arm eines
Todten vor dem Eintritt des Rigors in Beugung, der andere in
Streckung, so werde auch der Riceps des extqndirten Armes rigide,
obgleich sein Rigor nicht der vitalen Contraction ähnlich
sei. Zunächst fragt sich hier, ob die Muskeln zür Zeit des eingetretenen
Rigor selbst noch Spuren von organischer Contractilität
auf augebrachte Reize zeigen. Wysten hatte sqpon sehr schwache
Spuren derselben in diesen Fällen zuweilen beobachtet. S ommer
sah in der Regel keine Wirkung auf angebrachte Reize; zuweilen
sah er ganz deutliche Zusammenziehungen, obgleich diese
keinen Einfluss auf die Lage der Glieder hatten. Im Allgemeinen
tritt das Phänomen des Rigor um so früher ein, je schneller
die Erregbarkeit der Muskeln ab stirbt, so z. B. am frühesten
bei den Vögeln; bei den Amphibien, wo die Erregbarkeit der
Muskeln lange dauert, tritt der Rigor, spät ein und dauert kürzer.
Sommer leitet den Rigor von einer physischen (nicht organischen)
Contractilität der Muskeln ab. Denn sagt er, das Phänomen
trete dann ein, wenn alle Lebensphänomene sich vermindert
haben; eine ähnliche pliysicaliscbe Contraction zeige sich
nach dem Tode auch in nicht musculösen Theilen, in der
Haut, im Zellgewebe, in den Häuten und Bändern. Or-
fila, Beclard und T reviranus leiteten den Rigor von der
Gerinnung des Blutes ab. S ommer hält diese Erklärung für