
Bloss weibliche Thiere sind früher oft angenommen worden,
und man hat dahin früher alle niederen Thiere, z. B. die Polypen,
Acalephen, Echinodermen gezählt, weil .man bei allen Individuen
Eier sah, aber die männlichen Organe, die sich nur schwieliger
an den Samenthierchen erkennen lassen, nicht kannte. Da man
aber schon bei den Echinodermen deutliche doppelte Gescblechts-
apparate kennt, da die männlichen Organe bei den Polypen und
Medusen, Räderthieren, Infusorien erwiesen sind, so ist die An-
nähme bloss weiblicher Thiere völlig unzulässig. Ohnehin würde
ein Ei, das zu seiner Entwickelung keiner Befruchtung durch
männlichen Samen bedarf, kein Ei, sondern eine abfallende Knospe
seyn; ein Individuum, welches solche Keime producirte, würde
kein weibliches Thier genannt werden können. Thiere, welche
Knospen bilden, giebt es genug, aber die thierischen Knospen
fallen nicht als Knospen ab, sondern entwickeln sich am Stamme
selbst. Die Thiere, welche bloss durch Knospen zeugen, sind
die Coenurus und Echinococcus, hingegen erzeugen die Polypen
sowohl Knospen als Eier. Bei den Hydren kommen die Eier auch
an der Oberfläche ihres walzenförmigen Körpers zum Vorschein,
weil der Eierstock diese Lage hat. Die Eier werden yon hier
aus ausgeschieden, auch sie unterscheiden sich von den Knospen
durch ihre harte, hornige Schale.
Bei den Pflanzen sind die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane
bald in denselben Blüthen vereinigt, bald in verschiedenen
Blüthen auf demselben Stamme (Monoecisten) ausgebildet,
bald endlich sind die Geschlechter völlig getrennt, und
verschiedene Individuen einer Species tragen entweder männliche
oder weibliche Blüthen (Dioecisten). Der letztere Fall, der bei
den Thieren sehr häufig, und bei den Insecten, Spinnen, Crusta-
ceen und Wirbelthieren allgemein ist, ist bei den Pflanzen der
seltnere. Bei Pflanzen von getrennten Geschlechtern kömmt es
oft vor, dass sich bei vorwaltendem einen Geschlecht auch einzelne
Blüthen des andern Geschlechts erzeugen, wie bei Mercu-
rialis annua, Spinacia oleracea u. a. 1
Die hermaphroditischen Thiere befruchten sich entweder gegenseitig,
oder sie befruchten sich selbst.
a. Im erstem Fall befruchten sie sich entweder zu gleicher
Zeit, wie viele hermaphroditische Mollusken und Würmer, indem
die männlichen Organe des einen die weiblichen des andern, und
die männlichen des letztem die weiblichen des erstem befruchten.
Oder die Befruchtung geschieht bei einer Begattung nur einmal;
indem die Organe nicht so gelegen sind, dass eine beiderseitige
Befruchtung zugleich geschehen kann, wie nach H enle’s Beobachtungen
bei flelluo, wo das eine Individuum die Ruthe in das andere
einführt, während das letztere seine Ruthe ohne Einführung
ausgestreckt hat. Im letztem Fall kann jedoch zuweilen die gleichzeitige
Befrachtung mehrerer Individuen durch eine Begattung
mehrerer in Reihen a, h, c, d, e ausgeführt werden, so dass a
von b befruchtet wird, b von c, c von d, d vpn e, und also die
äussersten Glieder nicht befruchtet werden, wie bei den Lymnaeen,
die in Reihen schwimmend in der Begattung angetroffen werden.
b. Bei den hermaphroditischen Thieren, die sich selbst befruchten
können, geschieht diess entweder, indem dem Samen iin
Innern des Thieres ein Weg zu den Eiern gestattet ist, wie bei
den Räderthieren (Ehrenberg) und Distomen (Siebold), oder wenn
die beiderlei Geschlechtsorgane mehrfach und ^vielfach an einem
gegliederten Thiere Vorkommen, so kann ein Theil des Körpers
sich willkürlich gegen den andern umwenden, und sich als männlicher
gegen einen andern als weiblichen verhalten. Die Bandwürmer
findet man nicht selten in Begattung zwischen zwei verschiedenen
Individuen. Einmal ist jedoch von einem jungen, zu
frühe verstorbenen Naturforscher F erd. Scrultze die Selbstbegattung
1824 beobachtet, und ich sah den Fall selbst einst bei Ru-
dolphi, als Scrultze ihn vorzeigte. Siehe R udolpri in Abhandl.
der Acad. d. Wissensch. zu Berlin aus d. Jahre 1825. p. 4o.
Die Vertheilung der,Geschlechter unter den Thieren ist zwar
.von der Natur so angeordnet, dass die Articulata und Vertebrata
keine Spur von natürlichem Hermaphroditismus zeigen, bei den
übrigen Thieren hingegen hat die Natur so wenig durchgreifende
Unterschiede befolgt, dass in einer und derselben Classe nicht
selten hermaphroditische Ordnungen und Ordnungen mit getrennten
Geschlechtern, ja in einer und derselben Ordnung Familien
der einen und andern Art nebeneinander Vorkommen.
Die Infusorien, Räderthiere, Echinodermen, Ringelwürmer
scheinen durchgängig hermaphroditisch zu seyn, wie die anatomischen
Untersuchungen gelehrt haben. Bei vielen der eistern
sind von E hrenberg die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane
nachgewiesen. Die Polypen sind ebenfalls grösstentheils
hermaphroditisch. Jedoch finden sich bei den Campanularien
nach 'E hrenberg’s und L öwen’s Beobachtungen männliche und
weibliche Polypen. Viele Polypen des Stockes nämlich zeigen
die vollkommne Organisation zum individuellen Leben. Bei anderen
hingegen sind die. Arme und die wesentlichen innern Organe
zum individuellen Leben verkümmert, und die Polypen werden
gleichsam in Eierstöcke verwandelt, wofür sie Cavolini u. a.
auch beschrieben. Siehe L öwen in W iegmann’s Archiv. 3. 249-.
NoRdmann hat ähnliche Beobachtungen von seiner Tendra zoste-
ricola mitgetheit, bei welcher männliche und weibliche Zellen
nebeneinander liegen. Die Hoden der Männchen bestehen m
acht ;wurmförmigen Organen in der Nähe der Tentakeln. Die
Eier der weiblichen Zellen werden durch die Samenthierchen
der männlichen Polypen befruchtet. Ann. d. sc. nat. 11. a85.
Von anderen Polypen hingegen sind sowohl die Eierstöcke, als
die Hoden bekannt, wie von den Actinien, bei welchen R. W agner
die Samenthierchen in gewundenen Schläuchen erkannte.
W iegm. Archiv I. 5. 213. Aehnliche Schläuche hat E dwards
auch bei den Corallenthieren wahrgenommen, wenn es gleich
nicht bekannt ist, ob sie Samenthierchen enthalten. Ann. d. sc.
nat. 1835. IJec.
Von den Acalephen scheinen wenigstens die Medusen nach
den neueren Untersuchungen von Siebold in Geschlechter getrennt
zu seyn. Die Männchen der Medusa aurita sind kleiner, entheb