
von der Gestalt der Körper' aus dem Gestellt ist theils blosse
Folge der Empfindung, theils combinirter Vorstellungen. Du die
Form der Gesichtsbildei’ durcltaus ah hängt von dem Entlang der
afficirten Netzhautth et leiten, so reicht die blosse Empfindung hin
zur Unterscheidung einlächer flächenhafter Gestalten, z. B. eines
Quadrats von einem Kreise.
Molyneux legte". Locke die Frage vor, «h ein Blindgeborner,
welcher einen Cubas- von einer Kugel durch das Gefühl unterscheidet,
nach plötzlicher Erhaltung des Gesichtes beide durch
das Gesicht zu unterscheiden vermöge. ‘ Warum beide Philosophen
sich verneinend erklären konnten, ist nicht eirisusehen. Denn das
Fühlen und Sehen beruht, auf denselben Grundanschauungen
von der Ausbreitung unserer eigenen Organe im Raume.' Daher
hat auch ein neugebornes Thier sogleich Empfindung der bestimm-
ien Gestalt, indem es die Zitze der Mutter sieht, und diess be—
weisst allein, dass die Fähigkeit einfache Gestalten aufzufassen nicht,
erlernt wird. Dagegen ist die Beurtheilung der Gesichtsbilder
auf die verschiedenen Dimensionen der Körper eine Sache der
Uebung, da alle Gesichtsanschauungen ursprünglich nur flächenhaft
sind, und das .Erdteil 'die verschiedenen Flächen, die man
bei anderer Stellung zu den Körpern an ihnen wahrnimmt, zur
Vorstellung von einem Körper ergänzen muss. Der, von ,Che.sel-
den Operirte sah Alles in einer Fläche, wie es sich in der That
in einer Fläche darstellt. Indem aber die Bilder sich ändern,
während wrir uns inj. Baume bewegen, indem wir zwischdti den
Bildern gleichsam durchschreiten, entsteht uns .die Vorstellung der
Tiefe des Sehraums, welches eine blosse Vorstellung und keine
Empfindung ist.
D;-e scheinbare Grösse der Gegenstände hängt zunächst von
der. Grösse des afficirten Theiles der Netzhaut, oder von der
Grösse des Gesichtswinkels ab,,', unter dem sie dem Auge erscheinen.
Das Urtheil üher^ die wahre Grösse der Gegenstände aus
der scheinbaren ist eine Sache der Leitung und der Combinatioii
ans schon vorhandenen Vorstellungen von Nähe, Ferne u. s. w.
Die Beurtheilung der Nähe und Ferne ist keine Sache der
Empfindung, sondern des Verstandes. Jeder Gegenstand wird für
fern gehalten, der unter kleinerm Gesichtswinkel erscheint, als er
in unmittelbarer "Nähe gesehen wird. Derjenige erscheint ferner,
welcher von andern zum Tbeil bedeckt oder relativ kleiner
gesehen wird, als er erscheinen müsste, .wenn er mit den andern
Gegenständen in derselben Entfernung gelegen wäre. Diese Beurtheilung
wird erworben, und ist beim Menschen wenigstens nicht
ursprünglich. Für das- Kind liegt Alles in gleicher Ferne und es
greift nach dem Monde wie nach dem Nächsten.
„ Es ward von den meisten Physiologen behauptet, dass die
Stellung der Augenachsen, welche nöthig ist, um einen Gegenstand
zu fixnen, auch viel zur .Beurtheilung der Entfernung bet fragt',
indem die Achsezi der Augen mehr upd mehr - convergiren,
je näher ein. Gegenstand „ist. Dieses Mittel ist indes« überschätzt
Bei Gegenständen, die in gerader Bichtung vor den Augen liegen,
kann es allerdings sehr wirksam seyn, aber bei seitlichen Gegenständen
muss cs alle Wirksamkeit v e r l ie r enwié sich leicht beweisen
lässt. Denn seitliche Gegenstände erfordern eine ganz andere
Couvergenz. der Sehacbse.n zur Fixation als geiade voraus-
liegende,- ' wenn beide auch in derselben Entfernung liegen. So
ist die Cdnvergenz der Sehachsen für
die Puncte «, b, c gleich, und doch
hegt a sehr weit von, das seitliche
c aber sehr nahe bei den Augen.
Die Winkel 4, 4 und, 5 sind gleich,
wenn ahe ein Kreis; denn es ist die
Eigenschaft .des Kreises, dass die auf
einer gemeinschaftlichen-Sehne gegen
die Peripherie errichteten Dreiecke
gleiche Winkel an der Peripherie haben.
Wir lernen daher aus dem Umstande,
dass nebeneinander liegende Gegenstände
einen gleichen parallaktischen
Winkel der Sehachsen haben, nichty rdass sie gleich weit entfernt
sind, sondern, dass sie in einem Kreis liegen.
Das Urtheil über Bewegung der Gesichtsöbjecte hängt theils
von der Bewegung des Bildes über die Netzhaut, theils /von der
Bewegung' der Augen ab, welche' einem bewegten Körper folgen.
Bewegt sich das Bild auf der Nervenhaut, wenn daS' Auge
und unser Körper ruht, so urtheilen wir,, dass das gesehene Object
seine Stellung gegen unsern ruhenden Körper verändere.
Hierbei kann die Bewegung des Objectes eine scheinbare seyn,
wenn sich der Körper bewegt, auf dem wir uns befinden, wie das
Schiff auf dem wir stehen. Bewegt sich das Bild auf der Netzhaut
nicht, bleibt es vielmehr auf derselben Stelle der Netzhaut
fixirt, und folgen die Bewegungen der Augen dem bewegten Körper,
so urtheilen wir über die Bewegung dés Objectes aus den'
Gefühlsempfindungen der bewegten Augenmuskeln, oder aus den
vpm Sensorium zu xlen Augenmuskeln gèsandten Strömungen. Bewegt
sich das Bild über die Netzhaut und die Augenmuskeln zugleich
in entsprechender Weise, wie beim Lesen, so urtheilen wir
dass das Object , ruhig sei und wir wissen dass nur wir unsere
Stellung zum'Object verändern. ZmVeilen ist die Bewegung des
Gegenstandes scheinbar, wenn doch sowohl die Gegenstände als
das Auge ruhig sind. Hierher gehört die scheinbare Bewegung der
Gegenstände im Kreise, wenn man sich vorher irrt Kreise gedreht hat,
und .zwar entgegengesetzt. P urkikje hat über diese Erscheinungen
merkwürdige Beobachtungen gemacht, welche zu beweisen
scheinen, dass jene von einem dem Gehirn mitgetheilten Impuls
zur Bewegung in der bestimmten Bichtung abhängen. Denn die
Bichtung der Botation bleibt diejenige im Verhältnis« zum Kopf/
welche sie ursprünglich war, wenn auch der Kopf beim Aufhören
der Kreisbewegung verdreht wird. Z.'B. hat man sich mit geradestehendem
Kopfe gedreht,' und bleibt plötzlich stehen, so drehen
sich die Gegenstände horizontal, wendet man jetzt die Achse
des Kopfes zur Seite, so drehen sich die Gegenstände nicht mehr
horizontal um eine auf den Boden senkrechte Linie, sondern ho