
terscheidet es sich nicht mehr vom dunkeim Grunde, d. h. diese
Stelle der Netzhaut ist so ruhig wie alle anderen, welche vorher
gar nicht gereizt waren.
Auch diese Erscheinungen, welche sich aus objectiven' Ursachen
gar nicht erklären lassen, zeigen wieder, dass die inner«
Ursache der Farben in den Zuständen .der Netzhaut seihst liegt.
III. F a r b i g e N a c h b i l d e r n a c h f a r b i g e n o b j ec t i ir e n B i t d e rn.
Die Nachbilder von farbigen objectiven Bildern sind immer
farbig, und zwar zeigt das Nachbild niemals die Wiederholung
rn th
der objectiven Farbe, sondern immer
den complementäreri Gegensatz der primären
Farbe. Das Nachbild von Roth
ist also grün, von Grün ist roth, das
Nachbild von Gelb ist violet, von Yiolet
ist gelb. Das Nachbild von Blau ist
orange, von Orange ist blau. Die sich
Cf
R
gegenseitig liervorrüfenden Farben sind
in beistehender Figur gegenübergestellt.
Blickt man längere Zeit auf ein lebhaft rotlies Feld auf weis-
sem Grunde und wendet dann plötzlich den Blick ganz zur Seite
auf den weissen Grund, so erscheint das Nachbild
des Quadrats in derselben Grösse und Gestalt
aber grün. Wird der Blick nur wenig zur'
Seite, z. B. auf die Seite des objectiven Bildes
gewendet, - so decken sieb objectives Bild und
Nachbild zum .Theil, wie in beistehender' Figur,
aber ein Theil des objectiven Bildes R ist frei,
ein Theil des Nachbildes ist ebenfalls fi'ei G, - und dieser Theil
erscheint als einseitiger grüner Saum des rothen objectiven Bildes.
Da, wo sich das objective Bild und das Nachbild decken, ist die
Farbe des objectiven Bildes vorhanden, aber ins graue geschwächt,
weil die Netzhaut' an dieser Stelle für Roth durch das grüne
Nachbild abgestumpfter ist, als an der jetzt frei erscheinenden
Stelle des objectiven Bildes R, welche auf einem Theil der Netzhaut 1
liegt, der vor der Wendung des Blickes den weissen Grund sah.
Die Erklärung dieser Erscheinungen kann eine doppelte seyn,
eine Erklärung leitet sie aus physikalischen, die andere aus physiologischen
Principien ab.
T. physikalische Erklärung. Das weisse Licht, enthält alle Farben
zugleich. Sieht die Netzhaut von einem objectiven" rothen
Bilde weg, so ist sie für das rothe Licht abgestumpft, aber für die
andern farbigen Lichter noch empfänglich, sieht diese Stelle der
Netzhaut nachher auf-eine weisse Wand, so erkennt sie wegen
der Abstumpfung für Roth, das im weissen Licht der Wand ent-,
haltene Roth nicht mehr, wohl aber sieht sie die im weissen Licht
noch enthaltenen übrigen Farben, den complementären Theil zu
Roth nämlich Grün.
2. physiologische Erklärung. Das Sehen einer der drei Haüptfärben
ist nur einer der drei Zustände, zu welchen die Netzbaut
im Zustande der Reizung tendirt; ist dieser Zustand künstlich
erregt, so befindet sich die Netzhaut im Maximum der Tendenz
zu der complementäreri Farbe, die daher in dem Nachbilde auf-
tritt. Beide Erklärungen sind im Allgemeinei}, genügend, und die
erstere scheint sogar bestimmter und wahrscheinlicher; indess
wird doch die physikalische Erklärung aus Thatsachen unwahrscheinlich.
Denn wenn die weisse Wand die Ursache des farbigen
Nachbildes ist, so darf die complementäre Farbe des Nachbildes
nicht mehr auf schwarzem Grunde erscheinen. Ich habe
indess gezeigt, dass das Nachbild einer Farbe selbst auf einem
schwarzen Felde complementär ist, M u e l l . Archiv 1834. p. 144.
und es bleibt complementär, wenn man in einen durchaus dunkeln
Raum sieht.
Für die Erscheinungen dér farbigen Nachbilder sind nicht
alle Menschen gleich empfänglich. Manchem ist es schwer diese
Phänomene zü zeigen , andere sehen sie auf der Stelle. Wenn
man sie aber einmal beobachtet hat, so sieht man sie ungemein
leicht wieder. Die meisten Menschen sind mit den Nachbildern
aus Mangel an Aufmerksamkeit wenig bekannt. Aber wer sie und
ihre- Gesetzmässigkeit einmal kennt, wird bis zur Quäl oft von
ihnen vei’folgt. Dahin gehören die lichten Ränder der Gegenstände
in der Dämmerung, was von dem Aufblitzen des Nachbildes
an dem einen oder andern Rande herrijhrt, ferner der zuweilen beobachtete,
und manchen Menschen mysteriös gewordene Schein um
Gegenstände, das sogenannte Leuchten der Blumen in der Dämmerung
und dergleichen. Der vor einem Bilde Andächtige kann
das Nachbild desselben da sehen, wo, er "sein Auge hinwendet.
3. Von der Wechselwirkung der verschiedenen Th eile der
Nërvenhaut unter sich. ' • '
Obgleich die Theilchen der Netzhaut unveränderlich jedes
seine Stelle im Sehfelde repräsentiren, so giebt es do.ch eine gewisse
Wechselwirkung derselben gegeneinander, vermöge welcher
der qualitative Zustand des einen auf den Zustand des andern
Einfluss hat, und das Bild auf dem einen, durch das Bild auf dem
andern modificirt wird. Eine, grosse Menge von Erscheinungen,,
die man bisher als verschieden von einander angesehen; können
unter diesen gemeinsamen Begriff gebracht werden, wie
das Verschwinden der Bilder, die Vertauschung ihrer Farben gegen
die dés Qrundes, das Hervortreten entgegengesetzter Farben-
unter gewissen Ufnständen, die farbigen Schatten, dié Wirkung
des Hellen auf die Empfindung des Dunkeln und umgekehrt.
Man kann diese Erscheinungen wieder unter zwei Classen
'^rin§Ten’i ^ Ci ^er einen theilt sich der Zustand des grössern Tbeils
dem kleinern Theil der Netzhaut mit, bei der andern
ruft der Zustand des grössern Theils der Netzjiaut den entgegengesetzten
Zustand in dem kleinern Theil der Netzhaut hervor.