
Elasticität ganz den Zellgewebefasern, und nicht den cylindri-
sclien Muskelfasern der vorher erwähnten Thcilc.
Da nun aber die Faserbündel der. Tunica dartos in Masse
grauröthlich, die Faserbündel des Zellgewebes vielmehr grau-
weiSslich aussehen, und da die Bündel der Tunica dartos, bb-
gleieh Maschen bildend, doch durchgängig derselben Längenricb-
tung. folgen-, während die Bündel der Zellgewebefasern in den
mannigfaltigsten Richtungen sich durchkreuzen, so fragt sich, ob
die mikroskopische Uebereinstimmung der Fasern der Tunica dartos
mit den Zellgewebefasern hinreieht, jene Haut mit dem Zellgewebe
zu vereinigen. Die Entscheidung dieser Frage wird be-!
sonders durch die grosse mikroskopische Aehnlichkeit der Primitivfasern
des Sehnengewebes mit den Zellgewebefasern schwierig,
indem hinwieder das Sehnengewebe doch durchaus durch seine
Eigenschaften sich von dem Gewebe der Tunica dartos unterscheidet.
Sie wird auch erschwert durch die Existenz jener ganzen.
Classe von Muskeln, deren Primitivlasern nicht wie gewöhnlich
varicös, sondern gleichförmig cylindrisch sind, eine Bildung,
durch welche das Gewebe der Tunica dartos dem Gewebe jener
Muskeln sèlir nahe gestellt scheint. Hierzu kömmt, dass die Bewegung
der Tunica dartos, wenn sie gleich in der Regel auf'den
Reiz der Kälte geschieht, doch auch zuweilen durch innere Zustände
des Nervensystems bedingt wird, wie denn zuweilen derselbe
Zustand der Nerven sowohl die Anziehung eines wirklichen
Muskels, des Cremasters, als auch die Faltenlegung und Kräuselung
des Hodensacks bewirkt; Phänomene, welche, wie sich sicher
beweisen lässt, sich nicht von dem Cremaster zugleich ableiten
lassen.
Andererseits sehen wir indess in der That auch Spuren der
Contractilität des wahren Zellgewebes in anderen Theilen, z. B.
an dem Unterhautzellgewebe zwischen den Platten der Vorhaut,
welche sich bei reizbaren Menschen beim Baden in kaltem
Wasser oft ganz enge zu festen Runzeln zusammenzieht. Es
scheint auch das Phänomen der Gänsehaut h'ieher zu gehören,
wobei kleine rundliche Erhebungen, wahrscheinlich die
Bälge der Haut, sichtbarer werden. Diess Phänomen tritt
auch ein, wenn ein kalter Luftstrom die Haut plötzlich berührt,
oder bei Schauder bewirkenden Einwirkungen auf das
Nervensystem. Jedenfalls ist etwas in der Haut Ursache der Erhebung,
was von dem Muskelgewebe verschieden ist, und es
lässt sich vermuthen, dass es das die Hautbälge umgebende Zellgewebe
ist. Endlich kann auch das Phänomen der plötzlichen
Erhebung der Brustwarze hierher gerechnet werden. Denn dass
diese Erscheinung in die Classe der Erscheinungen der Erection
gehöre, und von vermehrtem Blutzufluss herrühre, wie man gewöhnlich
ohne Prüfung annimmt, muss ich aus mehreren triftigen
Gründen bezweifeln. . Denn 1. fehlt in der Brustwarze das
spongiöse Gewebt? der- Corpora cavernosa penis, jene anastomOti-
schen Venen, die sich mit Blut anfüllen können, und die Arte-
riae helicinae (Bd. 1. 2te Aufl. p. 214.), welche das wahre erectile
Gewebe auszeichnen und in die venösen Sinus der Corpora cavernosa
hineinragen. 2. tritt die Erhebung nicht bloss beim
weiblichen Geschlecht unter wollüstigen Berührungen der Brustwarze
ein, sondern es isc dieselbe Erscheinung an der Brustwarze
des Mannes, ohne allen Zusammenhang mit dem Ge-
scblechtstriebe, wahrnehmbar. 3.‘ Beim Manne erhebt sich die
Brustwarze fast augenblicklich und deutlich sichtbar, wenn man
sie an sich selbst plötzlich und stark berührt, weniger wenn man sie
mit kaltem Wasser berührt, mehr wenn man plötzlich in ein kaltes
Bad tritt. 4. Diese Erhebung ist mit keiner grösseren Völle
dev Brustwarze verbunden; indem sie sich innerhalb einiger Se-
cunden erhebt, wird sie vielmehr dünner und verliert in der
Breite, was sie an Länge gewinnt. Alles Phänomene, welche
die grösste Aehnlichkeit mit dem Sichtbarwerden der Hautfollikeln
in der Gänsehaut und mit der Zusammenziehung und Run-
zelung der Vorhaut im kalten Wasser haben. Diese Erhebung
der Brustwarze wird daher viel passender von einer Zusammenziehung
des Unterhautzellgewebes um die Brustwarze erklärt.
Es ist merkwürdig,. dass das contractile Zellgewebe gerade vorzugsweise
dort unter und in der Haut vorkömmt, wo die Haut eine
dunkle Färbung hat, wie am Penis, am Hodensack, an der Brustwarze.
Fügt man hjerzu noch, dass sich in der ganzen Haut
des Menschen, unabhängig von einem Hautmuskel, ein schwächerer
Grad von Zusammenziehungskraft äussert, und erwägt man,
dass diese Erscheinung von eingestreuten Muskelfasern wohl nicht
herrühren kann, so wird es sehr wahrscheinlich, dass alle bisher
betrachteten Phänomene ihren gemeinsamen Grund in einem con-
tractilen Zellgewebe haben, welches sich von dem gewöhnlichen
Zellgewebe im Bau seiner Primitivfasern nicht unterscheidet.
Die Uebereinstimmung des contractilen Zellgewebes mit dem gewöhnlichen
Zellgewebe, und die Entfernung von der Classe der-
nicht varikösen,jjsondern eylindrischen Muskelfasern, wird noch
grösser durch die chemische Analogie zwischen dem contractileü
Gewebe der Tunica dartos'und dem Zellgewebe, und durch die
Verschiedenheit desselben von dem Gewebe der Muskeln.
Jordan hat gezeigt, dass die Tunica dartos schon durch dreistündiges
Kochen zum Theil in Leim umgewandelt wird, und
dass ihre essigsaure Auflösung, wie die des Zellgewebes und aller
leimgebenden Gewebe und des elastischen Gewebtes von Cyaneisenkalium
nicht gefällt und nicht getrübt wird.
Ueber die •Contractilität der Tunica dartos hat Jordan auch
Versuche angestellt. Der gewöhnliche Reiz für ihre Zusammenziehung
ist die Kälte; die Wärme erschlafft sie; der Galvanismus
wirkt- nicht auf sie, und diess ist um so interessanter, als es ein
unterscheidendes Kennzeichen der Contractilität des Zellgewebes
und der Muskeln abgiebt. An dem Anziehen der Hoden gegen*
den Bauchring hat die Tunica dartos keinen Antheil; diess geschieht
durch den Gremaster. Bei Thicron't deren Hodensack
nicht gefaltet ist, wie beim Kaninchen, beim Hunde, fand Jordan
auch keine Dartos, sondern gewöhnliches Zellgewebe; beim
Schafbock dagegen bei einer starken, wiewohl unregelmässigen
Runzelung der äusseru Haut auch eine sehr ausgehildete Dartos.