
Der Hodensack des Schafbocks runzelte sich auch in Jordan’s
Versuch, als er mit kaltem Wasser begossen wurde. Zugleich
wurden auf denselben Reiz und eben so plötzlich, als die Einwirkung
desselben erfolgte, die Hoden durch den Cremaster in
die Höbe gezogen, während der untere Theil des langsamer sich
zusammenziehenden Hodensacks leer zurückblieb. Wurde die
Anwendung des kalten Wassers ausgesetzt, so entfaltete sieb auch
der Hodensack in der Wärme wieder; das Herabsinken der Hoden
dagegen erfolgte weit früher und eben so plötzlich, wie das
Anziehen derselben. Der galvanische Reiz einer Säule von 65
Plattenpaaren zeigte auf die innere Fläche des Hodensacks keine
Wirkung, dagegen der Hoden augenblicklich durch den Cremaster
erhoben wurde.
c. V om e l a s t i s c h e n u n d c o n t r a c t i l e n G e w e b e ' d e r A r t e r i e n .
Dass die elastische Faserhaut der Arterien keine Mus-
cularcontractilität besitze, ist schon oben Bd, I. p. 195. tbeils aus
galvanischen Versuchen, theils aus den wahren Eigenschaften dieser
Haut bewiesen worden. Diese gelben Fasern gehören in eiiie
Kategorie mit allen übrigen elastischen gelbèn Bändern und elastischen
gelben Faserhäuten, wie das Ligamentum nuchae der
Säugethiere, die gelben Bänder der Wirbelsäule (Ligamenta in-
tercruralia), die gelben Bänder des Kehlkopfes, die gelben Fasern
des häutigen Theils der Luftröhre und der Bronchien, das elastische
Flügelband der Vögel, die elastischen Bänder an den Krallengliedern
der Füsse in der Katzenfamilie, das von mir entdeckte
elastische Band am einziehbaren und ausstülpbaren Theil
des Penis des amerikanischen Strausses, das Schlpssband der Muscheln.
Die Elasticität der mittlern Haut der Artérien, wodurch
sie sich, nach jeder Ausdehnung durch 'den Blutimpuls, bis. zum
nächsten Herzschläge zusammenziehen kann, erhält sieb jahrelang in
Weingeist. Ein Stück der Aorta eines jungen Wallfisches, das
ich von meinem Freunde E s.chricht erhielt,, ist im höchsten Grade
elastisch, obgeich es jahrelang in Weingeist gelegen. Dünne
Schichten davon abgeschnitten zeigen angezogen dieselbe Elasticität
wie Gummi elasticum. Ganz so verhält sich aber alles elastische
Gewebe, und mit allen oben erwähnten Bändern, die in
Weingeist aufbewahrt worden, habe ich Versuche gemacht.
Kurz die elastische Faserhaut der Arterien ist physicalisch und
nicht durch eine Lebenseigenschaft contractil"; sie zieht sich zusammen
wenn. sie vorher ausgedehnt worden und die Ursache
der Ausdehnung, wie nach einein Herzschlage,, aufbört. P arry
und T iedemann • nebmep an defn Arterien, ausser ihrer Elasticität,
auch noch einen lebendigen Tonus an, der zwar bei den Phänomen
der rhythmischen Blutbewegung nicht wesentlich mitwirkt,
aber sich doch an blossgelegten Arterien durch eine ganz allmäh-
lig eintretende Zusammenziehung äussert, und wodurch die Arterien
vor dem Stillstände aller Bluthewegung bei dem Tode etwas
enger werden, als sie nach dem Tode durch ihre blosse Ela-
sticität seyn können. Man wefts... längst; dass kaltes Wasser
zum Stillen der Blutung aus angeschnittenen Arterien geeignet
ist; es ist Dr. S chwann gelungen, diese wichtige Erscheinung
durch ein schönes Experiment aufzuklären. Wenn
inan nämlich kaltes Wasser auf die kleinen Arterien eines solchen
durchsichtigen Theiles anwendet, wo die Arterien ganz unbefestigt
und von dichtem Gewebe am wenigsten umgeben sind,
so lässt sich die ganz langsam( wirkende organische Contractilität
gegen die Kälte sehen. Am besten eignet sich hierzu das Mesenterium
der Feuerkröte, Bombinator igneus, besser als das Mesenterium
des Frosches, weil dieses sich nicht so gut ausbreiten
lässt. Nachdem das Mesenterium des Thieres unter dem Mikroskope
ausgebreitet war, brachte S chwann einige Tropfen Wasser
von einer Temperatur einige Grade niedriger als die der Luft
(im Sommer) auf dasselbe. Bald darauf begann die Verengung der
kleinen Arterien, und die Gefässe verengten sich binnen 10 —15
Minuten pllmählig so, dass der Durchmesser des Lumens einer
Arterie der Feuerkröte, der anfangs 0,0724 Engl. Lin. betrug,
auf 0,0276 reducirt, also um das 2—3facbe verkleinert, das Lumen
der Arterie selbst also um das 4—- 9fache verengt wurde.
Die Arterie'erweiterte sich darauf wieder, und hatte nach einer
halben Stunde ihre frühere Ausdehnung ziemlich wieder erlangt.
Wurde nun von neuem kaltes-Wasser darauf gebracht, so verengte
sie sich wieder, und so liess sich der Versuch an derselben
Arterie mehreremal wiederholen. Die Venen dagegen verengten
sich nicht. Die Beobachtung von S chwann wurde so oft
wiederholt, dass an der Thatsache durchaus kein Zweifel ist.
Ich selbst fand sie bei der Feuerkröte bestätigt. Da die grösseren
Arterien zu diesem Versuche weniger geschickt sind, so ist es von
Wichtigkeit, sich den Durchmesser der gemessenen Arterie-zu
merken. Die mit einer Messung begleitete Beobachtung betraf
eine Arterie von 0,0724 Lin. Durchmesser. Die Arterien von
circa Lin. Durchmesser besitzen also diesen ausserordentlichen
Grad von langsam wirkender Contractilität gegen Kälte. Dass
die über die* Contractilität der kleinen Arterien mit chemisch
wirksamen Flüssigkeiten und mit dem Galvanismus (der das Ei-
vfeiss des Bluts gerinnön macht) angestellten Versuche keine Ber
weisskraft haben, ist schon oben Bd. I. p. 195.. auseinandergesetzt
worden. S chWann hat einen geringen Grad von Contractilität
gegen Kälte auch an etwas stärkeren Arterien beobachtet. An
den allerkleinsten Arterien lassen sich am Mesenterium des Frosches
bei sehr starker Vergrösserung noch zarte undeutliche
Querfasern sehen,'und Dr. S chwann hat dergleichen Fasern selbst
an den Capillargefässen im Mesenterium des Frosches bei sehr
starker Vergrösserung (Objectiv 4. 5. 6. der ScaiEKSchen Mikroskope)
entdeckt, wodurch nun entschieden bewiesen ist, dass
die Capillargefässe Wände haben. Da diese Querfasern an den
kleinsten Arterien dieselbe Anlage haben, als die elastischen Querfasern
aller Arterien, so ist es zweifelhaft, ob diese Querfasern
es sind, welche die Contraction der kleinen Arterien von kaltem