
Die reinen Nachbilder weisser oder lichter Gegenstände sind
auch licht oder weiss., die Nachbilder dunkler Gegenstände auch
dunkel. So ist das Nachbild eines schnell bewegten Lichtes auch
licht. Wird das' Auge nijch einer lebhaften Empfindung plötzlich
in Ruhe versetzt, geschlossen und von der Helligkeit abgewandt,
oder noch besser ganz verdeckt, so .ist'das Nachbild desT Weissen
und Lichten auch weiss und licht, das Nachbild des Dunkeln oder
Schwarzen auch dunkel oder schwarz. Sieht man z. B. im Zimmer
lange gegen die lichten Fensterscheiben und dunkeln Fensterrahmen,
schiiesst dann plötzlich die Augen, wendet sie vom Fenster ab
und bedeckt sie mit der Hand, so dass durchaus kein Licht mehr,
selbst nicht durch die Dicke der' Augenlieder ins Auge fällt, so
erscheint das Nachbild der lichten Fensterscheiben auch licht,
das Nachbild der dunkeln Fensterrahmen auch dunkel.
Dagegen kann sich die Beleuchtung der Bilder im Nachbild
unter gewissen Bedingungen umkehren,• und was vorher licht war
schwarz, das Schwarze dagegen licht erscheinen. Diese Umkehrung
der Nachbilder erfolgt jedesmal, wenn das Nachbild eines
lichten Gegenstandes auf einem liebten objectiven Grunde gesehen
wird, wenn Inan die.Augen nicht schiiesst, und sie bei Beobachtung
des Nachbildes aut die weisse Wand oder auf eine weisse
Papierfläche heftet. Daher erscheint das Blendungsbild der Sonne
aut einer weissen Wand schwarz oder grau, während es dagegen
im ganz- dunkeln Baum weiss bleibt. So erscheinen ferner die
Nachbilder der Fensterscheiben schwarz, der Fensterrahmen weiss,
wpnn man die geschlossenen Augen gegen das Licht des Fensters
hält, so dass das Licht noch durc.h die geschlossener! Augenlieder
durchwirkt und die Retina milde erhellt. ' Die Erklärung dieser
Erscheinungen ist leicht.. Die Stelle des Auges, welche^ Lichtes
gesehen hat, ist hernach noch gereizt, die Stelle, welche Schwarzes
gesehen hat, hiernach ruhig und viel reizbarer. Sieht das
Auge in diesem Zustande auf eine weisse Wand, so bringt das
Licht der weissen Wand auf den gereizten Stellen der .Netzhaut
einen viel schwächere .Eindruck hervor, als .-auf den Stellen der
’Netzhaut, welche ruhjg und daher sehr reizbar sind. Daher sieht
die ruhige Stehe der Netzhaut, die vorher Schwarz gesehen hatte,
die weisse Wand -lichter als diejenige Stelle der Netzhaut, welche
vorher Licht gesehen hatte, lind daher die Umkehrung- der Nachbilder.
. . - . u -'w , . . ;
Aehnliche Erscheinungen kommen selbst beim plötzlichen
Wechsel des Lichten und Dunkeln im ganzen Sehfelde v;or. Aus
dem, Dunkeln kommend sehen wir wegen der grossen Reizbarkeit
der Netzhaut alles überaus hell, und aus dem Hellen
in massiges Dunkel tretend erkennet man anfangs nichts, bis
sich die Retina in der Ruhe , erholt, und ihre Reizbarkeit sich
auch für das mässig Helle gesteigert hat, das dann* wohl erkannt
wird. Ein Helles erscheint immer heller, nach einem
Dunkeln, jär,gelbst neben einem Dunkeln. Dieselben Erscheinungen
kommen bei den andern Sinnen vor.. Die Kälte ward am
stärksten empfunden nach der Wärme, und ein geringer Unterschied
bewirkt nach grosser Wärme das Gefühl der Kälte bei
einer Temperatur, die sonst für warm gelten würde. Die Unterschiede
von hell, und dunkel,, warm und kalt sind datier relativ.
Die Nachbilder verändern übrigens ihren Ort in Bezug zum
ganzen Körper mit jeder Bewegung des Auges, und erscheinen
aus leicht einzusehenden Gründen immer da, wo man die Netzhaut
hin wendet.' Man .betrachte, ein sühwarzes Quadrat auf einem
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weissén Felde, länge Zeit fixirend. Wendet
man dann den Blick ein wenig ab, ohne
dass das Auge das' schwarze Quadrat ganz
verlässt, vielmehr auf den Randtheil des
Quadrats,- so fällt ein Theil des Nachbildes
als aed' frei auf das weisse Blatt,
der daher als lichter Rand an der einen
Seite des objectiven Bildes hervorragt. In
‘einem Stück decken sich das objective Bild und das Nachbild.
Ein Stück des objectiven Bildes nämlich abd ist ganz frei , geworden.
Der freie Theil des Nachbildes a c di erscheint dann sehr
licht, der . freie Theil des objectiven Bildes abd erscheint tief
schwarz, der Theil hingegen wo sich Nachbild und objectives Bild
decken, "erscheint schwarzgrau, als wenn sich beide; Zustände aus-
gleichen, sollten. Die Erklärung ist diese. Die Stelle der Netzhaut
c i c d welche vorher Schwarz gesehen,- sieht das Weisse
heller, weil sie ruhig ist, daher der lichte Saum a'c d'. • Die Stelle
des Bildes, wo sich das objective Qüädrat Und das subjective Quadrat
decken, ist nicht verändert. Die frei- gewordene Stelle des
(Objectiven Bildes abd erscheint schwärzer als zuvor, denn indem
der Blick sich nach der Seite gewandt hat, fällt dieser Theil des
objectiven Bildes auf eine Stelle der Netzhaut, welche -vorher den
Weissen Grund gesehen hatte, und welche daher abgestumpft ist.
I I - F a r b i g e N a c h b i l d e r n a c h f a r b l o s e n o b j e c t i v e n B i l d e r n .
Goethe Farbenlehre p. 14.
Wenn die Netzhaut von einem sehr heftigen lichten Eindruck
z. B. denl Lichte des Sonnenbildes afficirt war, so erscheint das
Nachbild nicht bloss entweder licht auf dunkeim Grunde, oder
dunkel auf weissein Grunde, sondern das Nachbild nimmt Dis zur
vollständigen Erholung der Netzhaut subjective Farben-an, und
die Farben sind die Zustände, .welche die Netzhaut von der Blendung
bis zur Erholung durchläuft. Auf das dunkle Nachbild der
Sonne auf lichtem Grunde folgen sich dunkele Farben bis zur
hellsten in folgender Ordnung: schwarz, blau, grün, gelb, weiss.
Die Farbenerscheinung entwickelt sich vom Rand aus. Ist
das Nachbild weiss geworden, < so unterscheidet .es sich nicht
mehr von der weissen Wand, d. h. diese Steile der Netzhaut
sieht, die weisse Wand jetzt gerade so, wie ade anderen nicht
geblendeten Stellen der Netzhaut.' Sieht das Auge aus der Sonne
ins ganz Dunkele, so ist -die Folge der Farben vom Weissen
und -von der hellsten bis zur dunkelsten Farbe, zuletzt bis zum
Schwärzen, nämlich weiss, -gelb, orange, roth, violet, blau, schwarz.
Ist das Nachbild, vorn Blauen ins Schwarze übergegangen, so un