
vorhanden, und im Streben zur Klarheit ist. Wir erinnern uns
dunkel einer Person, einer Sache.
Fassen wir Alles zusammen, so kann behauptet werden, jede
Vorstellung ist im Zustande der Bewegung, d. h. des Freiwerdens
aus dem allgemeinen Gleichgewichte, im Stande eine verwandte
in Bewegung zu setzen, und verliert, indem sie dieses thut, ihre
eigene Bewegung. Ihre vollständige Beruhigung erfolgt allmäblig,
nachdem schon längst andere Vorstellungen an der Beihe sind,
das geht daraus hervor, dass man sich der vorher da gewesenen
Vorstellungen leicht erinnert.
Ob der Fluss der Vorstellungen beim wachenden Menschen
jemals für einige Zeit zur Bube komme, ist zweifelhaft. Wir
glauben zuweilen in einem so ruhigen abgespannten Zustand zu
seyn, dass wir uns gar nichts vorzustellen Vorkommen. 'Indessen
kann hier die gespannte Vorstellung eben die seyn, dass' wir uns
vorstellen nichts vorzustellen. Es stfeht jedoch nichts der Annahme
entgegen, dass bei Abhaltung aller neuen Sinneseindrücke im
Schlafe eine völlige Beruhigung aller Vorstellungen für einige
Zeit möglich sei. Uebrigens ist der Fluss der Vorstellungen
nicht bloss bei verschiedenen Menschen, sondern auch bei demselben
Menschen, je nach den Umständen verschieden schnell.
Geistige Anstrengungen nnd manche körperliche Zustände, Fieber,
Nervenreizung, ein gewisses Stadium der Narkose, Sfchlaflosigkeit
machen diesen Fluss schneller. Die Nahrung, zu viel der Spiri-
tuosa, körperliche Buhe, Schlaf machen ihn offenbar langsamer.
Die Association der Vorstellungen beschränkt sich bei dem
niedern Vorstellen, dessen auch die Thiere fähig sind, auf Vorstellungen
von räumlich nebeneinander dageweserien Dingen, und
auf die in der Zeit sich gefolgten Vorstellungen von bloss sinnlichen
Gegenständen und ihren Theilen. Die Begriffe sind auch
Vorstellungen und sie gehen auch in die Association der. Vorstellungen
mit den Vorstellungen der Einzeldinge ein. Ein verändertes
Einzelnes kann den Begriff der Veränderung, der Begriff
der Veränderung den Begriff der Bewegung associiren,. der sich
zu jenem als Art verhält., Das Grosse erlegt den Begriff der
Grösse, die Vorstellung des sehr Grossen die Vorstellung des run-
endlich Grossen, der des sehr Kleinen dés unendlich Kleinen, das
sich beim Wechsel mehrerer Eigenschaften Gleichbleibende erregt
den Begriff des Wesens, dieser den des Zufälligen u. s. w. ;Bei
dieser Art der Association der Begriffsvorstellungen ist die zeitliche
Succession und das räumliche Nebeneinander untergeordnet.
Vielmehr besteht hier der Wechsel der Vorstellungen in einem
beständigen Erweitern und Zusammenziehen des Vorgestellten* die
Association schreitet vom Einzelnen zum Allgemeinen, von diesem
wieder zum Einzelnen, von da wieder zu einem andern Allgemeinen
u. s. w. fort. Narcisse, Blume, Pflanze, organisches Wesen,
Thier, Elephant, Elfenbein, Kunst, Gemälde* Pinsel, Haare,
Horn, Schwiele, Narbe, Entzündung u. s. w.
Beim Lesen greifen zwei Beiben von Vorstellungen ineinander,
die der Zeichen und die der Dinge die sie bedeuten,
wobei die Glieder der entsprechenden Beihe unter einan1.
Vom Vorstellen. Association der Vorstellungen. 533
der in stärkerer Anziehung bleiben. Wird das Gelesene vorgetragen,
so ist noch eine dritte Beihe vorhanden, ebenso beim
Spiel der Musik, nach Noten. Bei einem so zusammengesetzten
Mechanismus, wo beständig Vorstellungen von Zeichen mit Vorstellungen
von Begriffen und Einzelheiten abwechseln, muss natürlich
die Verkettung der Vorstellungen unter sieb erschwert
sein, je mehr beständig die Vorstellungen der Zeichen die Kette
der Ideen unterbrechen. Daher überraschen. -#ir uns so leicht
beim Lesen unter einer ganz richtigen Association der Vorstellungen
nach den Zeichen bei gänzlichem Unverständnis des Zusammenhanges
der Vorstellungen.
Das Vergessen einer Sache beruht auf der Versetzung ihrer
Vorstellung ins Gleichgewicht mit den übrigen, die Erinnerung
auf der Bewegung dieser Vorstellung aus dem Gleichgewicht.
Aus dem Vorhergehenden ergiebl sich, dass es ein Gedäehtniss
als besonderes Geistesvermögen nicht giebt; Keine Vorstellung
ist verloren, und es giebt keine Thätigkeit des Vorstellens ohne
Gedäehtniss. In dem Grade , als Jemand die Fähigkeit der lebhaften
Association verliert, verliert er auch .das Gedäehtniss. Die
Art des Gedächtnisses ist daher auch verschieden nach der verschiedenen
Fähigkeit der ^Menschen zum niedern und hohem
Vorstellen. Manche haben ein grosses Gedäehtniss für Wörter,
Sätze, Beden, Succession der Einzelheiten und Nebeneinander der
Einzelheiten, ohne ein gutes Gedäehtniss für Begriffsvorstellungen
und ihre Verbindungen zu haben und ohne viel geistiges Talent
zu besitzen. Diess kömmt daher, dass ihre Association am meisten
sich in Einzelheiten bewegt. Andere stossen beim Associiren
beständig auf Allgemeinheiten, welche ihren Geist von den Reihen
der zeitlich folgenden oder räumlich verbundenen Einzelheiten
abziehen, und zum Abschweifen auf Gedanken verleiten. Diese
sind daun weniger zu dem Gedäehtniss-in der Weise des niedern
Vorstellens befähigt, können aber ein sehr gutes Gedäehtniss für
Verhältnisse der Vorstellungen nach den Begriffen haben.
Wir können der Association der Vorstellungen eine Direction
geben und dadurch auch das Erinnern dirigiren. Wenn ich mir
die Vorkommnisse einer Beise Vorstelle, so kann ich die Succession
des Historischen auch rückwärts vorn Ende bis z u m Anfang
der Beise ablaufen lassen. Es wird dann das Ablaufen dei Vorstellungen
einer Hanptvorstellung untergeordnet, nämlich der Vorstellung
der umgekehrten Folge. Eigentlich ist auch diese Direction
eine nothwendige* die Hauptvorstellung ist gegeben und das
übrige erfolgt mit physischer Nothwendigkeit, weil das Gesetz
gegeben ist. Diese Direction wird so lange bleiben, -bis die
Hauptvorstellung ins Gleichgewicht gezogen ist. So kann ich mir
vornehmeu eine Zeitlang lauter Gegensätze vorzustellen, weiss
und schwarz, Wesen und Zufall, unendliches und endliches, klem
und gross, innerliches und äusserliches u. s. w. Auf diese Weise
suchen wir auch einer Sache uns zu besinnen. Oft gelingt es
nicht, gerade darum, weil die zu einer verwandten \orstellung
gesuchte Vorstellung, z. B. das Wort zum Begriff nicht in der
eingeschlagenen Direction der leitenden Vorstellung liegt. Die