
unter inneren oder äusseren Bedingungen zur Erzeugung von
Variationen innerhalb der Grenzen der Artencbaraktere führt.
Die Ursachen, welche das Variiren der Arten bedingen, sind
theils innere in den Organismen seihst liegende, theils äussere,
wie Nahrung, Höhe über dem Meer, Clima. Jede Art der Pflanzen
und Thiere hat an und für sich schon, unabhängig von
allen äusseren Einflüssen, einen gewissen Variationskreis. Dahin
gehören alle unterschiedenen Formen, welche aus einer Generation
hervorgehen können. Jedes Individuum einer Art trägt
in sich die Möglichkeit Glieder dieses Variationskreises zu pro-
duciren, insofern jedes Individuum einer Art nicht allein das ihm
vollkommen gleiche zeugt, sondern unter den Gesetzen, welche
die Art überhaupt beherrschen, zeugt. So können aus einer Ehe
Individuen stammen mit blondem und dunkeim Haar, von hagerer
schlanker Gestalt, von üppigen und von untersetzten robusten
Formen, von verschiedenem Temperament, von verschiedener
Bildung des Gesichtes, der Augen, des Mundes, der Nase, von
krausem und schlichtem Haar. Die gewöhnlichsten ans innern
Ursachen sich neu erzeugenden Varietäten sind die blonde und
schwarzhaarige Varietät. Blonde Menschen kommen auch einzeln
unter den vorzugsweise schwarzhaarigen Racen vor, wie unter
den Mongolen, und P richard führt selbst mehrere Beispiele von
hellfarbigen Negern an, die von Albino’s noch zu unterscheiden
wären.
Die paarige Zeugung durch zwei Individuen von verschiedener
Complexion und das relative Vorwiegen der Ausprägung
des einen oder andern Zeugenden in den Producten haben
zwar an diesen Variationen den meisten Antheil. Aber selbst
Individuen von möglichst gleicher Complexion lassen bei ihrer
gemeinschaftlichen Zeugung eine gewisse Variation der Formen
und inneren Befähigungen der Producte zu, wie allgemein be-
bekannt. Durch die Vermischung dieser Varianten werden ihre
Formen nicht constant erhalten und bilden-sich nicht zu'con-
stanten Typen aus. Man sieht indess leicht ein, welche Bedingungen
eintreten müssen, um unabhängig von Clima, Nahrung,
Standort, diese zufällig hervortretenden Varianten zu bleibenden
Typen zu fixiren. Je öfter sich das Gleiche mit Gleichem ohne
fremdartige Einmischung paaret, um so länger wird sich der
Typus, zu welchem die Zeugenden gehören, erhalten. Auf diese
Art wird sich unabhängig von allen äusseren Einflüssen eine Race
bilden und erhalten können, welche zum Variationskreis der Art,
d. h. zum Kreis ihrer aus inneren Ursachen möglichen Variationen
gehört. Man stelle sich eine Brut von möglichst gleichen Eltern
vor, deren Junge sich wieder unter sich begatten, und lasse diese
Vermischungen immer innerhalb der Familie bleiben, so wird
man eine Zucht, eine Race erhalten, deren Glieder bei allen möglichen
individuellen Verschiedenheiten von dem Typus der ursprünglich
zeugenden auf die Dauer beherrscht werden. Zuweilen
wenn der formgebende Typus einmal durch eine Folge der Generationen
in den Gliedern einer Familie fixirt ist, wird selbst
die Einmischung des fremdartigen nicht hinreichend seyn den älteren
fixirten Familientypus zu verwischen, und das eindringende
Element wird von dem altern ahnenreichen absorbirt werden.
Dahin gehört ohne Zweifel die Erscheinung, dass in manchen
fürstlichen Geschlechtern, trotz aller Verbindungen mit anderen
Häusern, auf eine erstaunenswürdige Weise der Typus des fürstlichen
Hauses sich erblich wiederholt, wie in dem Hause der
Bourbonen und nicht minder in mehreren deutschen Fürstenhäusern.
Vorher wurde anschaulich gemacht, wie aus einer fa -
milie durch Isolation und ausschliesslichen Verkehr in ihrem Kreis
eine gleich'gebildete Nation oder Heerde anwachse. Die Geschichte
lehrt, wie der einmal vorhandene Typus der Nationen sich durch
Jahrtausende trotz aller individuellen Variationen erhält, und dass
er wenn die Vermischungen mit fremdartigen ausgeschlossen werden,
wie bei den Juden, selbst unter den ihre eigentümlichen
Variationen bedingenden verschiedensten Climaten, sich unabänderlich
erhält. v c *
Die Fortpflanzung innerhalb der Gleichartigen überliefert
aber nicht allein eine im Variationskreis einer Art liegende
physische Varietät, sie ist auch geeignet die Fähigkeiten, welche
die Individuen durch Erziehung erlangen, zu vererben. Die Fähigkeiten
der Hunde zur Jagd, zum Hirtenleben, zur Bewachung
u. s. w. gehören allerdings sammt und sonders zu dem Begriff der
Art und es ist wahrscheinlich, dass aus der Brut eines einzigen
wilden Hundes, oder den von dieser Brut abstammenden Generationen
durch das der Art inwohnende Variationsleben Glieder
hervorgehen, welche gezähmt ganz verschiedene Talente, der eine
mehr zur Jagd, der andere zum Hirtenleben, der andere zum
Wächter entwickeln. Allein die Erziehung und Abrichtung der
Befähigten zu diesem Dienst lässt auch die gewonnenen Fähigkeiten
auf andere Generationen vererben, sobald diess durch
die Vermischung der Gleichartigen geschützt wird.
Die Variation wird ferner bedingt durch äussere Einflüsse;
je länger diese wirken, um so constanter und typischer wird die
Variation. Dahin gehört die climatische Zone, unter welcher die
Thiere leben. Das wärmere oder kältere Klima hat einen vorzugsweisen
Einfluss auf die Haarbekleidung der Thiere. Es giebt
bekanntlich bei den meisten Thieren zweierlei Arten der Haare,
nämlich lange, steife und zwischen diesen kürzere, krause, wollenartige,
die Grundhaare. Je weiter das Schaaf nach Norden
verpflanzt wird, desto gleichmässiger zeigt die Bekleidung beiderlei
Haare, bei Schaafen, welche in südlichen Gegenden wohnen
vermehrt sich das Wollenhaar auf Kosten des steifen Haars.
So verhält es sich mit den spanischen Gebirgsschaafen Merinos.
Das Clima verändert auch den Habitus und die Grösse der Thiere.
Das Rindvieh aus den gemässigten Zonen Europas, z. B. von Holland
oder England nach Ostindien versetzt, soll in den folgenden
Generationen beträchtlich kleiner seyn. Sturm über Racen, Kreuzung
und Veredlung der landmrthschaftlichen Hausthiere. Elberjeld
1825. 51. Dagegen hat sich die Haut bei dem nach dem südlichen
America verpflanzten Rindvieh durch^ viele Generationen
hindurch allmälig so verändert, dass die brasilianischen Häute jetzt