
84 IV. Buch. Bewegung'. II. Absclin. V. d. verschied. Muskelbeweg.
Genitalien, die rhythmische Austreibung des Samens durch diese
Bewegungen. Diess ist um so merkwürdiger, als die Samenbläschen
sich nicht rhythmisch, sondern anhaltend wurmförmig zu
bewegen scheinen. Durch die letztere Bewegung gelangt der Inhalt
ununterbrochen in die Harnröhre; durch die rhythmischen
Contraclionen des M. bulbocavernosus wird der Inhalt in der
Harnröhre weiter befördert. ,
B. Reflexionsbewegungen des organischen Systems.
Hieher gehören die Reflexionsbewegungen der nur unwill-
kührlich beweglichen Muskeln, mag nun die centripetale, zuerst
auf das Gehirn und Rückenmark verpflanzte Erregung von Gehirn
und Rückenmarksnerven oder von Organen ausgegangen
seyn, die vom organischen Nervensystem versehen sind. Die hieher
gehörigen Phänomene sind auch bereits oben Bd, I. p. 716'.
u. f. in extenso untersucht. Von allen Stellen des Körpers aus
kann die Bewegung des Herzens durch Reflexion einer Empfindungsreizung
verändert werden, wobei das Rückenmark auch wieder
die Mittelsperson spielt. Eine Bemerkung, die wir früher
bei dieser Materie nicht gemacht haben, muss jedoch hier hervorgehoben
werden. Es handett sich um den Antheil der Reflexion
an dem," was wir Fieber nennen. Diese Umbra morbi,
welche sich in so vielen Theilen des Körpers ausspricht und doch
jn der Regel, vielleicht, immer einen ganz localen Grund hat,
ist nicht allein mit Veränderungen des Herzschlages (und deswegen
auch des Pulses) verbunden, sie spricht sich in einem Com-
plex von Symptomen aus, die ihre Verbindung nur durch das
Rückenmark finden. Die allgemeine Empfindung der Heftigkeit
einer Krankheit, diese Lassitudo kann nichts anders als der . Ausdruck
der Impression seyn, welche eine heftige örtliche Krankheit
auf das Rückenmark macht. Die Gefühle der Hitze und
Kälte, die Schauder, sind Symptome, welche sich auf den Zustand
jenes Organes gründen. Die Veränderung der meisten
Absonderungen vom organischen sowohl als animalischen Theil
des Leibes kann auch nur in jenen, wenn nicht beide Systeme
gleich beherrschenden, aber doch regulirenden Centralorganen
ihre Erklärung finden, Dass Delirien dabei Vorkommen oder
nicht, drückt nur die Stärke der Impression auf die Centralorgane
aus. Wenn nun alle diese Erscheinungen von .einer
örtlichen Ursache ihre Erklärung nicht in den rätselhaften Eigenschaften
des Sympathicus, sondern in der bekannten Reflexionsfähigkeit
des Rückenmarks und Gehirns finden, so ist
auch die bei den; Fieber constante Veränderung des Herzschlags
und seine-Häufigkeit als. Ausdruck der Reflexion zu betrachten.
Die örtlichen Affectionen der Gehirn- und Rückenmarksnerven
erregen nicht leicht eine solche Impression auf das Rückenmark,
die wir Fieber nennen; sie bewirken zwar auch oft Reflexionserscheinungen,
z. B. Krämpfe, aber nicht jenen Complex von
Erscheinungen des häufigen Herzschlags, der veränderten Absonderungen,
Empfindungen und Wärmeerzeugung bis zum De-,
liriurn. Dagegen entstehen die Fichersymptome durch nichts
leichter, als durch eine heftige Veränderung der orgamsch-
chemischen Actionen in den Capillargefässen irgend eines T^ei-
Ips sev es nun Veränderung des Zustandes der Schleimhäute
oder Entzündung in irgend einem Organe. Da nun bei diesen
Veränderungen das organische Nervensystem nicht allein eine
Rolle spielen, sondern noch sicherer die Impression aut dasB.uk-
kenmark und Gehirn verpflanzen muss, so liegt es sehr nahe an-
zunehmen, dass die bei dem Fieber von einem Organ aus auf
das Rückenmark oder auch zugleich auf. das Gehirn verpflanzte
und von dort aus weiter reflectirte Impression von einer heftigen
Mitleidenschaft der, organischen Nerven .irgendeines Organes bei
Entzündung und anderer Reizung ausgehe. Siehe über Fieber
übrigens auch den Artikel Harn.
; F. Associirte Bewegungen, Blitbewegurigen.
Die hieher . gehörigen Phänomene sind auch bereits in der
Nervenphysik Bd.I. p. 662. zergliedert worden. Das Eigentümliche
derselben besteht darin, dass der Impuls zu einer an sich
willkührlichen Bewegung eine, unwillkührliche zugleich' hervor-
ruftilwie die Bewegung der Iris mit der Stellung des Auges nach
Innen eintritt. Die Association der Bewegungen ist um so grösser
je weniger ausgebildet das Nervensystem ist. Durch die Erziehung
erst lernen wir den Nerveneinfluss, bei der willkuhrli-
chen Bewegung auf eine,,gewisse Summe der vom Gehirn abgehenden
Primitivfasern isoliren. Der. Ungeschickte, macht viele
associirte Bewegungen mit einer intendirten willkührlichen. Der
Glayierspieler , hingegen zeigt uns das anaere Extrem , wo die
Isolation des Nerveneinflusses auf, gewisse Gruppen der Bewe-
gunaen den höchsten Grad erreicht hat. Der Mangel der. Isolation
bedingt im Gesicht den ungebildeten Ausdruck;, die Ausbildung
derselben hingegen ist zum grossen Theil Ursache der
Bestimmtheit, Schärfe und des Ausdruckes der Gesichtszüge. Bewegungen,
welche sich leicht, associiren, sind theils die gleichnamigen
der einen nnd andern Seite, theils die von demselben
Nervenstämme abhängigen. Ein Beispiel, der erstem ist die immer
gleichzeitige Bewegung der Iris in beiden Augen; selbst
im Gesicht und an den Extremitäten ist die Tendenz zu dieser
Mitbewegung vorhanden. Die -einseitige Bewegung des, Augenliedes,
der Ohrmuskeln ist schwer und manchem unmöglich, und
bei der Ausübung schnell aufeinander folgender entgegengesetzter
Rotationen mit beiden Armen fühlen vir einen innern Widerstand,
der diese Bewegungen beständig',stört, so dass sie unwill-
kührlichyin gleichartige Bewegungen beider Extremitäten übergehen.
.
Einige,: der merkwürdigsten Thatsachen von Mitbewegung
und Antagonismus finden an den Augenmuskeln statt. Die gleichnamigen
Zweige der N. oculomotorii beider Augen sind nämlich
in einer angebornen und aus Uebung nicht zu erklärenden Tendenz
zur, Mitbewegung. Wir können immer nur beide Augen
zugleich nach oben, oder beide nach unten, oder beide nach innen
drehen, ,und niemand vermag das eine Auge nach abwärts
und zugleich , das andere nach aufwärts zu wenden. Pa diese