
noch das Vermögen der Accomodation besitzen, auch wirkt die
willkührliche Accomodation des einen Auges auf das andere, aber
beide Augen bleiben sich ungleich.
1 Drücken beide nebenbei stehende Zahlenreihen das Stei-
2 ' gen der Accomodation in beiden Augen aus, so ist
3 1 mit der Accomodation 3 im Auge die Accomodation
4 2 1 im Auge B gleichzeitig, steigt A bis zu 5, so steigt B
5 3 um ebenso viel, aber nur bis 3. Das Auge A sieht mit
6 4 der Accomodation von 1 das Ferne deutlich, während
7 5 B nichts unterscheidet. Innerhalb einer gewissen Grenze
8 6 können vielleicht beide zusammen deutlich sehen, indem
9 7 das nebelige Bild des einen Auges dasjenige des andern Au-
10 8 ges nicht stört, und beide sich decken, aber bei dem Re-
9 frabtionszustande für die Nähe bleibt das Auge sehkräftig,
10 was für die Ferne zurückblieb. A bat vielleicht bei der
11 Accomodation 10 die Grenze seiner Sehweite erreicht,
12 während B noch mit 11, 12 deutlich sieht. Die Un-
A B gleichheit des Refraetiönszustandes ist bei -manchen Menschen
die Ursache, dass sie zu schielen anfangen, indem sie das
Auge von der brauchbarsten, .mittlern Sehweite bevorzugen und
das andere vernachlässigen, dessen Bild sie gar nicht stört. Schon
wenn man bei gleicher Sehweite beider Augen, mit dem einen
Auge durch eine Brille, mit dem ändern ohne Brille denselben
Gegenstand sieht, vereinigen sich die Achsen beider Augen nicht
in dem Object und man sieht leicht doppelt, wie wenn man mit
beiden Augen durch verschieden stärke Brillengläser sieht. Noch
mehr entfernen sich die Doppelbilder von Nichtvereinigung der
Sehachsen im Object, wenn der Refractionszustand eines der beiden
Augen durch Belladonnaextraet verändert worden, wo dann
hei einer gewissen Sehweite des einen Auges, das Bild des andern
schwach und undeutlich nebenbei schwebt. Die Ursache dieser
Entzweiung'ergiebt sich aus dem am Schluss des vorigen Artikels
Verhandelten. Der Refractionszustand wirkt auf die Stellung der
Augenachsen ein. Wie das Bild eines schwachsichtigen Auges
seine störende’ Einwirkung - verliert, soll später erörtert werden,
wenn wir die Thatsaehen kennen lernen, welche beweisen, dass
die Sehfelder beider Augen in einer Art von; Wettstreit sieh befinden,
bei welchem die Nerven thätigkeit bald mehr dem einen,
bald mehr dem andern sich zuwenden kann und die Herrschaft
zwischen beiden oft'wie der Wagebalken schwankt.
Wie die Brillengläser die Myopie und'Presbyopie verbessern,
ist nun mit einigen Bemerkungen zu erläutern. Das fernsichtige
Auge wird durch eine convexe Brille, das nahsichtige durch eine
concave Brille verbessert. Bei dem erstem vereinigen sich die
Strahlen ferner Gegenstände auf der Retina, aber die Strahlen
näherer und nächster ’ Gegenstände, welche, eine spätere Vereinigung
erleiden, vereinigen sich erst »hinter der Retina. Ein
convexes Glas verbessert diesen Fehler, indem es die Strahlen
naher Gegenstände näher, d. h. auf der Retina selbst zur
Vereinigung bringt. Bei dem nahsichtigen Auge ist es umgekehrt.
Die Strahlen naher Gegenstände vereinigen sich hiei; auf der Retina
und bringen ein deutliches Bild hervor. Die Strahlen ferner
Gegenstände, deren Vereinigungsweite näher ist, als die der
nahen, vereinigen sich hingegen in diesem Auge vor der Retina
und bringen Zerstreuungskreise auf der Retina hervor. Das concave
Brillenglas verbessert diesen Fehler, indem» es die Lichtstrahlen
mehr zerstreut, wodurch sie später und also auf der Retina
zur Vereinigung kommen.
Beistehende Figur
stellt die brechenden
Medien eines nah-,
sichtigen Auges dar.
Die Lichtstrahlen des
nächsten Gegenstandes
a vereinigen sich auf
der Retina die Lichtstrahlen
des 'fernen
Gegenstandes h werden sich in l> vor der Retina vereinigen. Ein
verstreuendes Glas B bringt die Strählen Ab’, Ab' in die Richtung
von Aa' und Aa', daher, wird der ferne Gegenstand. b, nur
mittelst des Zerstreuungsglases in a deutlich gesehen.
Ferner AA seien
dié brechenden Medien
eines fernsichtigen
Auges, dann
wird der ferne Gegenstand
a sein
Licht in fl’, d. h. auf
der Netzhaut zur Vereinigung bringen. Der »nahe Gegenstand b
wird hingegen sein Licht hinter der Netzhaut in b vereinigen.
Das Sammelglas B bringt die Strahlen des nahen Gegenstandes b
zu stärkerer Convergenz, so dass sie statt in b, durch die Brille
zu a’, d- h. auf der Netzhaut"vereinigt werden.
’ Zur Bestimmung der mittlern Sehweite der Menschen dient
der Optometer, welcher sich auf den ScHEiKEit’schen Versuch
gründet. Man sieht nämlich, bei welcher Entfernung vom Auge
man durch zwei Oèffnnngen eines Blattes, deren Entfernung kleiner
ist als die Weite der Pupille, einen feinen Gegenstand mit -einem
Auge einfach sieht. Oder man sieht bei welcher Entfernung
vom Auge, bei ungespannter Betrachtung eines Fadens durch, zwei
Kartenlocher, das Doppelbild des Fadens sich kreuzt oder vereinigt.
Y oung’s Optometer. Diess ist die mittlere Sehweite.
Vor dieser und hinter ihr wird ein Gegenstand durch die genannten
Oeffnungen doppelt gesehen, d. h. sein Bild fällt vor
oder hinter die Netzhaut. Doch ist die Anwendung immer sehr
unvollkommen, da die Diffraction des Lichtes beim Durchgang, an
den Rändern der feinen Oeffnungen Beugungsphänomene bewirkt.
3. V e r ä n d e r u n g d e r S e h w e i t e d u r c h Y e rg r ö ss e r u n gsgl ä s er.
Die Wirkung dér Gläser durch Veränderung der Sehweite
auf Vergrösserung des Bildes kömmt nun zunächst in Betracht,
Hl ii 11 e r’s Physiologie. 2r Bd, II. 2 3