
nicht zu rechnen ist. Ein solches Abläufen der, Stösse auf einer
1} Zoll, langen Bahn nervenreicher Theile würde auch der Schärfe
der Empfindung eher nachtheilig, als nützlich seyn. Denn es
würden auf einer solchen! Bahn der Welle Theilchen des Nerven
im Maximum des Stosses und der Verdichtung seyn, während
andere ihr Maximum noch nicht erreicht haben, wie beim
Nachhall. Die Windungen der Schnecke müssen vielmehr, indem
sie den Schneckencanal auf einen kleinen Raum beschränken,
diesen Nachtheil, wenn er sonst stattfinden könnte, aufheben.
Die Spiralplatte der Schnecke muss daher als eine die Nervenfasern
ausgebreitet tragende Platte betrachtet werden, auf welcher
alle Fasern des Schneckennerven fast gleichzeitig die Stoss-
welle empfangen, und gleichzeitig in das Maximum der Verdichtung
und dann wieder in das Maximum der Verdünnung eintre-
ten. Nach dieser Theorie wäre es im Allgemeinen ziemlich gleichgültig,
ob die Nervenfasern auf mehreren um die Spindel angebrachten
cirkulären Platten, wie in der letzten Figur, oder auf
-einer zusammenhängenden $ treppenartig herumlaufenden Platte
sich aushreiten. Die letzte Form, welche die Natur angewandt
hat, hat zugleich den Vortheil, dass alle Theile der Platte untereinander
im Zusammenhänge stehen, und sich ihre Stösse leichter
mittheilen. .
Die Windungen der Schnecke haben zugleich den Vortheil,
eine zur Ausbreitung der Nervenfasern nöthige ansehnliche Fläche
im kleinsten Raum zu verwirklichen.
Der letzte Endzweck der Schnecke scheint die Ausbreitung.
der Nervenfasern auf einer festen Platte, die sowohl mit den festen
Wänden des Labyrinthes und Kopfes, als mit dem Labyrinthwasser
in Berührung steht, und die sowohl den Vortheil dieser
doppelten Leitung, als" den Vortheil hat, dass die Platte begrenzt
-ist. Aus diesem Principe lassen sich alle akustischen Vorzüge der
Schnecke ahleiten.
Die Verbindung dieser Platte mit deto festen Wänden des
Labyrinths macht die Schnecke zum Hören der Schallwellen der
festen Theile des Kopfes und der Wände des Labyrinthes fähig.
Diese Bestimmung der Schnecke hat bereits E. H. W eber angegeben.
Annotationes anatomicae et physiologicae. Lips. 1834. Der
memhranöse Labyripth liegt frei im Labyrinthwasser, und ist offenbar
mehr zum Hören der dem Labyrinthwasser selbst mitge-
theilten Sfösse bestimmt, mögen die Stösse durch die .Kopfknochen,
wie hei den Fischen, beim Menschen beim Hören mit den
Kopfknochen und Zähnen, oder durch die Fenster ins Labyrinthwasser
gelangen: Allerdings ist auch der memhranöse Labyrinth
der Resonanz der festen Wände des Labyrinthes ausgesetzt, denn
die dem Wasser mitgetheilten Schallwellen werden, wie ich ge-
- zeigt, in der Nähe fester Wände stärker gehört.' Indess hört .der
membranöse Labyrinth die Stösse doch immer- zunächst nur aus
dem Wasser. Die Spiralplatte der Schnecke hingegen mit den
festen Wänden des Labyrinthes im Zusammenhang, hört die'den
festen Wänden mitgetheilten Stösse unmittelbar aus den festen
Wänden. Diess ist ein bedeutender Vortheil; denn die den festen
Theilen mitgetheilten Stösse sind ceteris paribus absolut stärker,
als _die des Wassers.
Diess folgt mit aller Evidenz aus den bereits mitgetheilten
Untersuchungen. Wollte man die Intensität der Stösse fester
Körper und des Wassers so vergleichen, dass man den Conductor
einmal an ;die festen Körper legt, das andere Mal ins Wasser
taucht, so würde man sich irren. Denn die Stösse fester Körper
gehen mit unveränderter Stärke an den sie berührenden festen
Conductor, geschwächt hingegen aus dem Wasser an den festen
Conductor über. Vergleicht man aber mittelst des Conductors
Schallwellen inj Wasser, in der Nähe fester Wände ohne Berührung
derselben, und in Entfernung davon, so ist das Mittel der
Vergleichung in beiden Fällen , dasselbe. In beiden Fällen hört
man mittelst des Conductors aus dem Wasser. Beiderlei Stösse
werden hier auf dasselbé Mittel reducirt. Da nun selbst bei der
Erregung eines Tons im Wasser, das Wasser in' der, Nähe der
Wände des Beckens stärker schallt, als an anderen gleichweit
von der Ursprungsskdle des Schalls entfernten Stellen des Wassers,
so folgt, dass ceteris paribus, die Schallwellen fester Körper
intensiver wirken, als die des Wassers.' Und hieraus sieht man
sogleich den grossen Vortheil der Schnecke ein.
Die Schnecke ist indfess -nicht bloss in dieser Absicht angelegt,
die Spiralplatte empfängt auch, so gut wie der memhranöse
Labyrinth, die Stosswellen des Labyrinthwassers vom yorhof und
vom runden Fenster aus. - Die Spiralplatte des Menschen und
der Säugethiere ist hierzu noch viel geeigneter, als d,er membra-t
nöse Labyrinth; denn als fester und begrenzter Körper ist sie
der Resonanz fähig. Von dieser Wirkung kann man sich durch
einen Versuch überzeugen. . Klemmt man eine dünne Holzplatte
in ein mit Wasser gefülltes Becken von Holz von sehr dicken
Wänden ein, so resonirt die Platte, ceteris paribus stärker ins
Wasser, als die dicken Wände dés Beckens. Lässt man nämlich
mit der mit Membran geschlossenen Pfeife Schallwellen im Wasser
des Beckens erregen, indem das Pfeifenende-im Wasser senkrecht
gegen die festgeklemmte Platte gerichtet ist, ohne sie zu
berühren, so hört man mittelst des Conductors in der Nähe der
Wände der Platte überall den Ton iöi Wasser stark, auch entfernt
.von der Ursprungsstelle des Schalls. Lässt man die Pfeife
gleichweit entfernt gegen die Wände des dicken Beckens von
Holz richten, so hört man mittelst des Conductors in der Nähe
der Wände auch stark, aber nicht so stark wie im vorhergehenden
Fall. Es ist gleichviel, ob man die Platte an einem Rande
oder an beiden entgegengesetzten Rändern befestigt, wenn nur
ihre Seiten frei sind und das Wasser berühren.
Zuletzt lässt sich einsehen, warum die Fasern des Nerven
einzeln neben einander auf der Spiralplatte ausgebreitet werden.
Je dicker der Schneckennerve auf festen Theilen der Schnecke
sich ausbreitete, um so Weniger würde er die Stösse der festen
Theile der Schnecke empfangen, da er den festen Theilen der
Schnecke ungleichartig ist, je feiner er aber darauf vertheilt ist,