
geschehen, von welchen überhaupt alle Formen sichtbarer Bilder
abhangen, und durch eine Wechselwirkung des Sensoriums und
der Theile des Gesichtssinnes zu erfolgen.
Viel seltener im Zustande der Gesundheit, aber oft im Zustande
der Krankheit haben dergleichen Bilder Farbe und Licht
und die Netzhauttheilcben oder Theile des Nervus opticus und
seiner Fortsetzungen zum Gehirn werden in bestimmten Zuständen
der Thätigkeit vorgestellt. Das sind die Phantasmen
im engern Sinne, die ebenso beim Gehörsinne und anderen
Sinnen Vorkommen. Der Vorgang bei den Phantasmen ist der
umgekehrte der objectiven Sinneserscheiuiwgen, bei dem objecti-
ven Gesichtseindruck werden Theilchen der Retina im thätigen
Zustande räumlich nebeneinander vorgestellt, bei dem subjecti-
ven Gesichte ruft das vorgestellte die Zustände der Nelzhauttheil-
chen oder des N. opticus hervor. Die Wirkung des räumlichen
Organes auf die Seele mit Vorstellung von nebeneinander in dem
einen Fall, und die Wirkung der Vorstellung von Räumlichem
auf das räumlich ausgedehnte Organ in dem zweiten Fall sind
gleich wunderbar, und daher die Vision nicht wunderbarer, als
das tägliche Sehen.
Die Zustände, bei welchen diese Erscheinung; beobachtet
worden ist, sind folgende,
a. Vor dem Einschlafen und beim Erwachen und Halbwachen.
Wer erinnert sich nicht der lebhaften sich vor dem Einschlafen
einstellenden Bilder, der Helligkeit in den geschlossenen
Augen, die dann zuweilen eintritt, der plötzlich auffahrenden,
schnell, sich verwandelnden, zuweilen lichthellen Gestalten, eines'
zuweilen plötzlich erschallenden Tons ohne äussere ( Ursachen,
als wenn uns plötzlich Etwas laut in die Ohren gerufen würde.
Man sehe diö ausführliche Darstellung dieser Zustände in Moritz
und P öckel’s Magazin der Erjahrungsseelenkunde 5.B. 2./?. 88. Nasse
in dessen Zeitschrift fü r Anthropologie 1825. 3. p. 166. J. Mueller
über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Coblenz 1826. p. 20.
Dass diess keine blossen Vorstellungen, sondern wirkliche Empfindungen
sind, lässt sich bei hinreichender Selbstbeobachtung beweisen.
Wer sich vor dem Einschlafen noch beobachten kann,
wird die Bilder zuweilen noch in den Augen überraschen. Es
gelingt aber auch beim Erwachen im dunkeln Zimmer. Denn
wenn man schon wach ist, so kommt es zuweilen vor, dass man
in den Augen noch lichte Bilder von Landschaften und dergleichen
hat. Aristoteles hat diess schon erfahren und in seiner Schrift
über den Traum Cap. 3 bemerkt. S pinoza machte eine ähnliche Beobachtung,
Opera posthuma epist. 30. Gruithuisen beobachtete die
Traumbilder nach dem Erwachen in den Augen. Ich habe mich
sehr oft dabei überrascht, bin aber jetzt seltener dazu disponirt,
ich habe mich aber gewöhnt, in diesem Fall, sogleich die Augen
zu öffnen, und auf die Umgebung, z. B. die Wände zu richten.
Die Bilder sind noch auf Augenblicke da, verblassen schnell; sie
sind da, wo man sich hinwendet, aber ich habe sie nicht mit
den Augen sich bewegen gesehen. Aus den Nachfragen, die ich
jährlich bei meinen Zuhörern darüber anstelle, ob sie schon äjinliches
an sich wahrgenommen, habe ich mich überzeugt, dass
diese Erscheinung verhältnissmässig nur sehr wenigen bekannt ist,
Denn unter hundert Individuen finden sich einer oder mehrere,
die das kennen. Ich bin indess überzeugt, dass dieser Unterschied
mehr scheinbar als wirklich ist, und dass mehrere zu der
Beobachtung gelangen, wenn; sie sich selbst in solchen Augenblicken
beobachten lernen. .Doch giebt es gewiss auch viele
Menschen, denfen nie dergleichen Vorkommen wird, und mir selbst
kommt es jetzt zuweilen während mehrerer Monate nicht vor,
während ich in der Jugend viel stärker dazu geneigt war. J ean
P aul empfahl die Beobachtung der Phantasmen vor dem Einschlafen
als Mittel zum wirklichen Einschlafen.
b. Dass die Traumbilder im Traume, wenn es sich um mehr
als blosse Träume in Vorstellungen handelt, ganz dasselbe sind,
ist in dem Vorhergehenden bewiesen. Denn was man nach dem
Erwachen noch in den Augen hat, ist dasselbe, was beim Träumen
da war. Vergl. Goethe Vorrede zur Farbenlehre. Treffliche
Bemerkungen über die Traumbilder gab G ruithuisen m seinen
Beiträgen zur Physiognosie und Eaulognosie, p. 236. Auch die
Blinden haben zuweilen Träume von leuchtenden Gegenständen.
Siehe J. Mueller a. a. O- Vergl. .H eermann in v. Ammon Monatsschrift.
1838. Bis so weit kommen die Phantasmen im Zustande
der Gesundheit bei allen Menschen vor.
c. Die Krankheiten, in welchen die Phantasmen eine häufige
Erscheinung sind, sind Fieber, - nervöse Reizung dpsh Gehirns,
Hirnentzündung (auch bei Reconvalescenten noch einige Zeit),
Narkose, Irrseyn, Epilepsie. TJeber die Phantasmen in
kose, siehe H umphry D avy über das oxydirte Stickgas. Lemgo 1814.
p. 163. B tcherz in Muratori üAer die Einbildungskraft. 2. Th. Leipz.
1785. p. 123. Nicolai litt einmal an einem Wechselfieber, *m
welchem schon vor dem Frost kolorirte Bilder in halber Lebensgrösse,
wie in einen Rahmen gefasst erschienen. Es waren Landschaften,
Bäume, Felsen. Hielt er die Augen geschlossen, so
änderte sich in einer Minute immer etwas, einige Figuren verschwanden,
andere erschienen. Beim Oeffnen der Augen war
Alles weg. Bei Entzündung des Nervus opticus entstehen auch
leuchtende Phantasmen. Sehr merkwürdig ist der von L incke
beobachtete-Fall, wo nach Exstirpation eines Auges, während des
entzündlichen Stadiums leuchtende Erscheinungen eintraten. L incke
defungo medullari oculi. Ups. 1834. Dieser Fall, sowohl als die in der
Berliner Monatsschrift 1800. p. 253. erzählte Beobachtung, wo eine
stockblinde Frau über leuchtende Bilder mit grellen Barben vor
den Augen klagte, beweisen auch, dass die Nervenhaut des Auges
nicht zur Genesis dieser Erscheinungen nöthig ist, dass vielmehr
auch die inneren Theile der wesentlichen Substanz des Sehsinnes
zur Bildung leuchtender Phantasmen hinreichen, wie denn auch
nach alten Beobachtungen bei Trepanirten ein Druck auf das Gehirn
Blitzsehen hervorgebracht hat. E squibol beobachtete eine
tobsüchtige Person mit Hallucinationen, bei welcher er nach dem
Tode die Sehnerven vom Auge bis zum Chiasma atrophisch fand.
l)ict. d. scienc. rned. Ilallucinations.