
stärkten Wellen wirken wieder gegen die Rette der Gehörknöchelchen.
Es entstellt nun die Frage, von welcher Art die Schwingungen
des Trommelfells sind, Beugungsschwingungen wie an transversalschwingenden
Saiten und Membranen oder Verdichtungswellen.
Erhält eine Saite oder ein Stab in der Richtung ihrer
Länge einen Stoss, so entstehen keine Ausbeugungen, sondern
blosSe fortschreitende Verdichtungen oder Verdichtungswellen, erhält
aber: ein, hinreichend dünner Körper, eine Saite, eine Membran
in einer auf ihre Länge oder Ebene senkrechten Richtung
einen Stoss, so entstehen auch Beugungswellen, welche, wenn der
Stpss nur eine Stelle des Körpers traf, vom Ort ihrer’Entstehung
nach den Grenzen des Körpers ablaufen und zurücklaufen, wie
Wellen des Wassers, oder wenn der Stoss die ganze Breite des
Körpers vor sich her-trieb, in ganzer Breite des Körpers stattfindende
transversale Beugungen verursachen. Entstehen solche
Beugungswellen auch an schallleitenden Membranen, wenn der Stoss
senkrecht auf sie trifft, oder bewirkt er blosse Verdichtungen?
Allerdings hüpft Sand und Lycopodiumpulver auf schallleitenden
schwingenden dünnen Platten und dünnen Membranen, ja, selbst
wie S avart zeigte, auf dein Trommelfell, wenn sehr starke Töne
in seiner Nähe erregt werden. 'Daraus kann man aber nicht gerade
schliessen, dass der Körper, auf welchem sie sich bewegen,
eine Beugungsschwingung mache, denn auch einé Verdichtungsschwingung
könnte als Stoss leichte Körperchen bewegen,, und die
in die Luft übergehende Verdünnuhgswelle kann sie auch mit
sich fortreissen. Auch die Knotedlinien schallleitender Platten
beweisen keine Transversalchwingungen, denn auch ein mit Verdichtungswellen
schwingender Körper kann mit Knoten schwingen,
wie die Luft in den Pfeifen. Saiten, welche den Ton einer
andern dicht neben ihnen aufgespannten Saite leifenj schwingen
wenigstens für das Gesicht nicht mit Beugungsschwingungen. Daraus
folgt wieder nicht, dass diese nicht da sind. Sie werden
nicht gesehen, wenn. die Excursionen nicht hinreichend bréit sind.
Einen sichern Beweis von der Möglichkeit dieser Schwingung bei
einer schallleitenden Membran liefert aber die Trommel. Wird’
das eine Fell derjelben durch Schlag in Schwingung gesetzt, so
schwingt sehr deutlich das zweite Fell mit ansehnlichen Excursionen
transversal. Auch die Fensterscheiben sind bei Kanonenschall
der Beugung' und selbst Zerbrechung durch die Luftwelle ausgesetzt.
Es kömmt also .bloss auf die Stärke des durch die Ton-
schwingungen mitgetheilten Stösses an, ob ein membranöser, gespannter,
schallleitender Körper - Beugungsschwingungen machen
wird. Es kann daher die Möglichkeit der Beugungsschwingungen
bei dem Trommelfelle nicht in Abrede gestellt werden,, obgleich
die Excursionen seiner Beugungen auch bei den stärksten Schallen
bei seiner Kleinheit sehr gering seyn werden. Genauer'ausgedrückt
wird das Trommelfell in allen Fällen in Transversalschwingungen
gerathen, wenn seine Excursionen oder die progressiven Bewegungen
der Theilchen, die ihnen von einer Verdichtungswelle der Luft
mitgetheilt werden, grösser sind, als die Dicke des Trommelfells.
Bei einer gewissen Stärke der Stösse der Luft muss diess aber
der Fall seyn. Da die Gehörknöchelchen articulirt und sö angelegt
sind, dass eine Annäherung ihrer äussersten Enden möglich
ist, so werden die Excursionen des Trommelfells durch die Kette
der Gehörknöchelchen nicht gestört werden. Selbst bei den Thie-
ren, die nur ein Gehörknöchelchen besitzen, wie die Vögel und
beschuppten Amphibien, ist das änsserste mit dem Trommelfell
verbundene Ende mobil. Hieraus ergiebt sich auch, dass die Ar-
ticulation der Gehörknöchelchen keine blosse Folge ihrer Muskulatur
ist, was auch durch die vergleichende Anatomie bewiesen
wird, da die Gehörknöchelchen des Frosches so gut articulirt, als
die des Menschen, "aber ohne Muskulatur sind.
Eine genauere Zergliederung der Fortpflanzung der Schallwellen
im freien Luftraum zeigt jedoch, dass nur bei den stärksten
Stössen Beugungss,chwingung.en des Trommelfells entstehen
können. Ist die Excursion der Theile eines tönenden Körpers
oder der Stoss so stark, dass die Schnelligkeit der Theile des
stossenden Körpers so gross ist, als die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Schalls in der Luft, sö wird die Bahn, welche die
schallleitenden Lufttheilcben in "einer- Röhre durchlaufen, wenn
die Welle durch ihre Stelle durchgeht, auch so gi'oss seyn, als
die Bahn des stossenden Körpers. Ist die Schnelligkeit des Stos-
ses nur halb so gross, als die Schnelligkeit des Schalls 'in der Luft,
so ist die Bahn der schwingenden Theilchen der Luft in einer
Röhre auch nur halb so gross, als die Bahn des stossenden Körpers.
Diese Bahn bleibt sich dann gleich für alle Lufttheilcben der
B.öhre, durch welche die Welle durchgeht. W eber kVeilenlehrc p.
503. Am leichtesten werden daher im Allgemeinen Beugungsschwingungen
des Trommelfells entstehen, wenn der Schall bei grossen
Excursionen des-tönenden K örpers gleich- stark durch eine Röhre
bis zum Trommelfell fortgepflanzt wird. Die Fortpflanzung des
Schalls im freien Luftraum bedingt aber eine fortschreitende Abnahme
der Bahnen der schwingenden Theilchen der Luft. Bleibt
sich gleich die Dicke der Welle, d. li. der Raum vom Anfang
einer Welle bis zum Anfang der nächsten Well« bei der
Vergrösserung des Umfanges der sich ausdehnenden kugelförmigen
-Welle unverändert, sosnimmt doch die Bahn der Theilchen,
durch welche die Weile durchgeht, ab, wie die Quadrate: der
Entfernungen. W eber IVeilenlehre p. 504. Wäre t. B. die Bahn
der schwingenden Theilchen in unmittelbarer Nähe des stossenden
oder tönenden Körpers ein Zoll .gewesen, so würde die Bahn der-
selben bei 2 Fuss Zollj bei 3 Fuss bei 4 Fuss --pg-, bei 10 Fuss
Xös Zoll oder weniger, als die Dicke des Trommelfells seyn.
Beim Trommelfell kömmt- iiberdiess noch der Unterschied seiner
Fortpflanzungsgeschwindigkeit von derjenigen der Luft und der
Widerstand seiner Befestigungen in Betracht, welche eine viel
geringere Progression zulassen werden, selbst wenn die dasselbe
stossenden Lufttheilchen eine Excarsi°n machen, welche seine
Dicke übertrifft.
Die dem Trommelfell durch sehr starke Stösse mitgetheilte
Beugungsschwingung wird'das Trommelfell in ganzer Breite ein