
kann diese Stellung des Auges im Schlafe und in Nervenzufällen
als den Ausdruck »der1 gleichzeitigen Bewegung aller Zweige der
Aeste des N. oculomotorius zu den Augenmuskeln versehen. Die
Muskeln sind auch im Zustande der Rühe ein wenig contrahirt.
(Siehe oben p. 81.) Denkt man sich nun alle Aeste des N. oculomotorius
zu den Augenmuskeln schwach incitirt, so müssen
beide Augen nach innen und oben gestellt werden. Der Rectus
superior und inferior halten sich das Gleichgewicht; der Rectus
internus zieht es nach einwärts und der Obliquus inferior nach
oben und einwärts, und da die gleichnamigen Aeste des N. oculomotorius
für beide Augen die Tendenz zur Mithewegung haben,
so ist diese Stellung beider Augen gleichzeitig nach innen und
oben. Wir wollen nun wieder den Fall zergliedern, wenn die
Natur statt des N. abducens • einen Ast des N. oculomotorius zum
Rectus externus abgegeben hätte; dann wäre die gleichzeitige
Bewegung des einen Auges nach innen und oben, des andern
nach aussen und oben, wie sie so oft geschieht, nicht möglich.
Der Obliquus inferior des Auges A und die gleichzeitige Wirkung
des Rectus internus und superior würden das Auge nach
innen und oben stellen. Die zur Mitbewegung tendirenden Mus-
culi rectus internus und superior des Auges B würden dieses auch
nach innen und oben stellen, also die genannte Stellung nicht möglich
sëyn.
Es war also auch für diese Bewegung ein eigener Nerve, der
N. abducens., nöthig, der keine Tendenz zur Mitbewegung mit
dem des andern Auges hat. Wirken am Auge A Musculus , obliquus
inferior, Rectus internus und superior und wird es nach
innen und oben gestellt, so kann das Auge B trotz der gleichzeitigen
Bewegungstendenzen dieser Muskeln an diesem Auge
durch verstärkte Wirkung des N. abducens nach aussen, und
durch Zusammenwirkung des Rectus externus und Rectus superior
nach oben und aussen geführt werden. Eben, so ist es bei
der gleichzeitigen Stellung des einen Auges nach unten und innen,
des andern nach unten und aussen. Ist das Auge A
durch den Rectus internus und Rectus inferior nach innen und
unten gestellt, so drehen der zur Mitbewegung geneigte Rectus
inferior und der N. abducens das Auge B nach aussen und unten.
Diese letztere Bewegung wird verstärkt durch den N- trochlearis,
der keine Tendenz zur Mitbewegung in dem gleichnamigen
dés andern Auges hervorruft. Der N. trochlearis gehört übrigens
auch zu den physiögnomischen Nerven.
Die Mitbewegung der Iris mit der verstärkten Action des
N. oculomotorius haben wir schon oben Bd. I. p. 663.; erläutert.
Wenn die von diesem Nerven abhängigen Muskeln an beiden
Augen auch nur schwach unwillkührlich sich zusammenziehen,
wie, es alle Muskeln im Zustande der sogenannten Ruhe noch
thun, so werden beide Augen nach innen und oben gestellt, denn
der Rectus superior und inferior halten sich das Gleichgewicht, der
Rectus internus und obliquus inf. stellen es nach innen und oben.
Diese Action des Oculomotorius ist immer mit der Tendenz zur
Mitbewegung in der vom N. oculomotorius kommenden kurzen
Wurzel des Ganglion ciliare und daher mit Zusammenziehung
der Iris verbunden. Da der Nervus abducens mit dem der andern
Seite keine Tendenz zur Mitbewegung hat und eben so
wenig der N. trochlearis, so muss das Auge im Zustande des
Schlafes durch die zur Mitbewegung geneigten Muskeln beider
Au"en nach innen und oben gestellt werden und eben so noth-
wendig die Iris im Schlafe zusammengezogen seyn. Die willkürliche
Stellung der Augen nach innen und nach innen und
oben d u rch Mitbewegung beider Augen, macht auch die Iris zusammengezogen,
weil sie sich jedesmal mit der verstärkten Action
des Oculomotorius zusammenzieht. Siehe oben Bd. I. p. 663. Der
N. abducens steht hingegen mit der Action des N. oculomotorius
im Antagonismus. Wird das Nervenprincip dem N. abducens zugewandt;
wird auch nur, ein Auge nach auswärts gezogen, so
wird auch die Iris regelmässig wieder weit und noch mehr, wenn
beide Augen bis zum Parallelismus der Sehachsen abgezogen werden.
Auch die organischen Muskeln sind den Gesetzen der Association
oder Mitbewegung einigermassen unterworfen. Je mehr
Muskeln unseres Körpers willkührlich und je länger sie angestrengt
werden, um so mehr tritt eine Veränderung des Herzschlages
ein; die dabei erfolgende Häufigkeit des Herzschlages
lässt sich nämlich nicht allein aus der Störung des Kreislaufes
erklären, wie bereits oben Bd. I. p. 722. mit Gründen bemerkt
wurde. Die Bewegung der willkührlichen Muskeln hat auch
Einfluss auf die des Darmcanals; je mehr wir die Muskelbewegung
versäumen, um so leichter tritt auch ein Zustand der Tor—
pidität im Tractus intestinalis ein, und jedermann ist bekannt,
wie vortheilhaft die Muskelbewegungen des animalischen Systems
auf die Regelmässigkeit der Bewegungen des Darmcanals und die
Regelmässigkeit der Excretionen einwirken.
VI. Bewegungen, welche von Zuständen der Seele abhängen.
Die hieher gehörigen Bewegungen bilden 3 Classen; Bewegungen!,
, die durch blosse Vorstellungen bedingt werden; leidenschaftliche
Bewegungen; willkührliche Bewegungen.
A. Bewegungen auf Vorstellungen.
Gewisse Gruppen der Muskeln des animalischen Systems sind
beständig in einer Disposition zu unwillkührlichen Bewegungen
wegen der Leichtigkeit der Affection ihrer Nerven, oder vielmehr
der Reizbarkeit der Hirntheile, von welchen sie entspringen. In
diesem ,Falle befinden sich alle respiratorischen Nerven, den N.
facialis eingeschlossen. Diese Reizbarkeit,, diese Neigung zu Entladungen
zeigt sich schon in dem von Zeit zu Zeit aus inneren
Ursachen eintretenden Niesen; aber auch die Zustände der Seele
können die Entladung des Nervenprincips nach den Athemmus-
keln bedingen. Jeder schnelle Uebergang in den Zuständen der
Seele ist im Stande eine Entladung nach diesen Nerven von der
Medulla oblongata aus zu bewirken. Das Sensorium wii’kt hier
gerade so, wie der einzelne Nerve, in dem jede schnelle Veränderung
seines Zustandes, auf was immer für eine Art, das Nervenprincip
in Thätigkeit setzt (Vergl. p. 62*). Hiernach ist es zu
beurtheilen, dass selbst ohne alle Leidenschaft ein so schnelles’