
stünden erhalten,' dürfen dagegen keine correspondirenden identischen
Stellen im andern Äuge haben. Denn sonst würde ein
rechts und ein links liegender Gegenstand an demselben subjccti-
ven Ort gesehen. Es giebt daher wahrscheinlich in den Augen
der Thiere zum Theil identische, zum Theil
aber ganz differente Stellen, ohne entsprechende
Stellen im andern Auge. Lässt man
bloss diejenigen Stellen beider Sehfelde eines
Thieres sich decken, welche denselben Gegenstand
sehen, so erhält- man aus der vorhei-
* gehenden Figur die gegenwärtige;
B. V om D o p p o l t s e h e n m i t z w e i A u g e » .
J. Muelleh Physiologie des Gesichtssinnes p. 167.
In allen Fällen, wenn ein Gegenstand nicht im Horopter liegt,
fällt sein Bild in beiden Augen auf differente Stellen,'und ër wird
deswegen doppelt gesehen. Die Entfernung der Doppelbilder ist
jedesmal eine ganz bestimmte,. ist 6 die Stelle des Bildes in einem
Auge, 4 die Stelle des Bildes im andern Auge und ist 6 des ersten
Auges mit 6 des zweiten- identisch, só ist die Entfernung
der Doppelbilder jedesmal die Distanz von 4 und 6 j d. h. wié
sich die Distanz von 4 und 6 zum ganzen’Durchmesser der Ebene'
einer Netzhaut verhält, ebenso verhält sich die Distanz#der Doppelbilder
zum ganzen Sehfeld. 'Die einfachsten Versuche zur Beobachtung
der Doppelbilder sind diese. Man halte zwëi Finger
der Hände in gerader Linie vor die Augen, den ersten ganz nahe
vor die Augen, den andern weit davon entfernt. Fixirt män den
ersten, indem man die Augenachsen darauf richtet, so ist der
zweite doppelt, fixirt man den zweiten, so erscheint der erste doppelt.
Je grösser die Distanz beider Finger ist, um- so grösser wird
die Entfernung der Doppelbilder, je näher sich beide Finger nikken,
um so näher rücken die Doppelbilder des doppelerscheinenden
Fingers aneinander, bis sie zuletzt zusammenfliessen, wetm
beide Finger in denselben Horopter treten.
0 Beweis. , In der
beistehenden
„egenden
Figur seien die Augenachsen
Punct a gestellt. Hinter a ist, ein
Gegenstand b, a entwirft sein Bild,
auf identischen Stellen, beider Augen,
nämlich. auf der Mitte, beider Netzhäute
in 5. Dieser Punct wird daher
einfach gesehen, b wirft sein Bild im
linken Auge auf 6, im rechten Auge auf
4. Nun- sind 4 des einen Auges und
6 des andern Auges different, denn 4
ist mit 4 des andern Auges "identisch,
■\> folglich wird b doppelt gesehen, uud
swar verhält sich die Distanz dcrDop-
v \ / y pelbihler zum ganzen Sehfeld, wie die
Distanz von 4 und 6 zur Distanz
1 — 10.
Denkt man sich die Flächen beider.Netzhäute
auf einander gelegt, wie in beistehender
Figur, so wird diess noch deutlicher. A
sei die Retina des linken. Auges der vorigen Figur,
B die Retina desrechten Auges der vorigen
Figur, 4 ist die Lage des Doppelbildes im
rechten Auge, 6 ist die Lage des Doppelbildes im
t I linken Auge Da beide in der Figur sich deckenden
\ 6 Sehfelder in der Natur eines und dasselbe sind,
‘ so kann man diese Figur auch in die beistehende
B-----A umändern, wobei zu merken ist, dass das Doppelbild.
6 dem linken Auge, das Doppelbild 4
dem rechten Auge angehört.
Kreuzen sich die Sehachsen vor dem Gegenstände c in a, so
wird c auch doppelt gesehen. Denn c wirft sein Licht im linken
Auge auf 4, im rechten Ange auf 6 ; 4 ist nicht identisch mit 6,
sondern 4 mit 4, tind 6 mit 6 identisch. Die Distanz beider Doppelbilder
ist wieder 4 — 5 im linken Auge -+- Distanz 5 — 6 im
rechten Auge, oder beide Augen als eines angesehen 4 — 6 , d. h.
die Distanz 4—6 verhält sich zur Distanz 1 —10, wie die Distanz
der Doppelbilder von c zum ganzen Sehfeld.
"Was die Lage der Doppelbilder in Beziehung zu den Augen
betrifft, welchen sie angehören, so gehört beim Kreuzen der Sehachsen
zwischen Object und Auge, das linke Doppelbild dem linken
Auge, das,rechte Doppelbild dem rechten Auge an. Kreuzen sich
hingegen die Augenachsen vor dem Objecte, so liegt das Döppelbild
des rechten Augés auf der entgegengesetzten linken Seite, das
Doppelbild dös linken Auges auf der rechten Seite, wie man sich
leicht durch Schliessen eines der Augen überzeugt.
Diese Lage der Doppelbilder ist in theoretischer' Beziehung
von Wichtigkeit. Die Lage der Bilder im Verhältnis zu den
Augen, in welchen sie existiren, lässt sich auf den ersten Blick
am besten begreifen nach der Theorie, dass beim Sehen die
Gegenstände in der'Richtung, in welcher sie liegen und nicht
nach der Lage der Netzhauttheilchen gesehen werden. So erscheint
beim Kreuzen der Augenachsen vor dém Object a der
Gegenstand b doppelt, und das Doppelbild liegt für die Achse
«5 des linken Auges nach links, für die Achse des rechten Auges
nach rechts,'und so ist es auch, wenn man den Versuch anstellt.
Es könnten daher die Erscheinungen beim Doppeltsehen als ein
Beweis für die Wiederherstellung öder Correction des Verkehrtsehens,
entweder durch die Richtung des Sehens nach aussen, oder
durch den Lauf der Sehnerxenfasern im Gehirn angeführt werden.
Indessen lassen sich die Erscheionugen auch nach der entgegengesetzten
Theorie erklären, dass nämlich die Bilder oder Netzhauttheilchen
da gesehen werden, wo sie sind und nicht wo die
Gegenstände sind.
Bei dem vorhererwähnten Versuch wird das linke Doppelbild
auf der linken Seite der Mittelachse gesehen, sein Gegenstand
liegt also nach optischen Principien auf der rechten Seite. In
der Gesichtsempfindung der Netzhaut selbst giebt es kein rechtes