
tlie des Galvanometers auf die Nerven allein anwenden und beobachten,
ob eine Nerve, der mit dem Gehirne in Verbindung
steht, bei den willkührlichen Bewegungen Schwankungen der
Magnetnadel bewirkt. P revost und D umas haben allerdings so
verfahren, indem sie bei gesunden Thieren den Nervus vagus
und den Plexus ischiadicus bei einem Thiere im tetanisclien Zustande'untersuchten;
sie fanden keine mit dem Galvanometer
nachweisbare Spur von Electricität. Diesen Mangel an Erfolg
kann ich bestätigen. Um die Unempfindlichkeit des Galvanometers
zu erklären und den Haupteinwurf gegen ihre Hypothese zu
beseitigen, nehmen P revost und D umas wieder hypothetisch an,
dass der galvanische Strom in den Nerven doppelt sey, dass sich
beide Ströme neutralisiren, so dass die Wirkung auf die Magnetnadel
aufgehoben werde. Sie vergleichen die Magnetnadel des
Galvanometers mit den von den Nervenschlingen umgebenen Muskelbündeln;
beide erfahren die Wirkungen entgegengesetzter
Ströme, und gerathen dadurch in Schwankungen. Man sieht,
dass, so ingeniös diese Idefe ist, sie doch durchaus keine erfah-
rungsmässige Basis hat. Wenn nun diese Erklärung schon sehr
gewagt ist, so ist der Versuch von P revost und D uMas, die
Wirkung des Feuers und der chemischen Einflüsse auf die Nerven
der Muskeln auf eine electrische zu reduciren, noch gewagter.
Was sie dafür angeführt haben, ist schon früher in der
Nervenphysik Bd. I. 621. erwähnt und erklärt worden. Endlich
ist zu erwägen, dass nach der Hypothese von P revost und D umas
die Anziehung der Nervenschlingen in den Muskeln gegen
einander die Ursache der Verkürzung ist, und dass in dieser Hypothese
die Masse des Muskels als Nebensache betrachtet wird.
Freilich Hesse sich die Hypothese so reformiren, dass dieser Vorwurf
wegfiele, indem man annimmt, dass die Muskeln mit einer
der Electricitäten beständig geladen sind, und dass ihnen die andere
durch die Nerven zugeführt wird, wodurch die Anziehung
der Muskelfasern gegen die Nervenschlingen und umgekehrt bewirkt
werde. Indessen würde hier das von P revost und D umas
benutzte Element der Erklärung, das von der Vergleichung der
Muskelfasern mit magnetischen Körpern hergenommen ist, aufgehoben
werden, und es lässt sich hierbei nicht einsehen, warum
diese Anziehung der verschieden geladenen Muskel- und Nervenfasern
stattfinden soll, und warum sich die Ströme nicht wie in
anderen thierischen Theilen neutralisiren, ohne eine Anziehung
der Theilchen gegen einander zu bewirken.
Dasselbe gilt auch von der neulich von Meissner [System d.
Heilkunde aus allgemeinen Naturgesetzen,.. .Wien 1832) vometrage-
nen Ansicht. Nach Meissner nämliöh ströme das in den Nerven
nach ihm hypothetisch vorhandene electrische Fluidum in die
Muskeln, bilde um alle einzelnen, der Länge nach fadenartig aneinander
haftenden Atome des Muskels electrische Atmosphären,
treibe dadurch die Muskelfasern, welche an heiden Enden fest
verbunden sind, in der Mitte aus einander, und bewirke eben
darum die Verkürzung; wie wenn man Hollundermarkkügelchen
auf einen Bindfaden reiht, mehrere solcher Fäden an beiden Enden
vei’bindet, und das Bündel an den electrischen Conductor
hängend eleetrisirt, worauf das Ganze sich verkürzt, indem die Fäden
auseinander fahren. Eine solche Erklärung würde zwar nicht
auf die zickzackförmige Biegung der Muskelfasern, aber mehr
auf die an den Mukelfasern der Insecten von mir beobachteten
Querabllieilungen der primitiven Bündelchen passen, wo die Bün-
delchen an den Quertheilungen sich bauchig ein wenig erweitern.
(Siche oben p. 41.). Diese Ansicht würde von der vorhergehenden
nicht wesentlich verschieden seyn. Nach der erstern wären
die Muskeln in der Ruhe beständig schon in einem electrischen
Zustande oder —, die Bewegung käme zu Stande, indem ein
entgegengesetzt electrischer Strom von den Nerven ausgeht und
beide sich im Muskel neutralisiren;; nach der zweiten, wo ein
electrischer Zustand in den Nerven vorausgesetzt wird, würde
sich von seihst der entgegengesetzte electrische Zustand nach
dem Gesetze der electrischen Vertheilung in den Muskeln
entwickeln müssen. Beide Ansichten haben eine unüberwindliche
Schwierigkeit in der schon vorher gemachter! Bemerkung,
dass sich nicht einsehen lässt, warum bei der Vereinigung
beider Ströme, des der Nerven und der Muskeln, sich die
peripherischen Enden der Nerven und die Muskelfasern gegenseitig
anzielien sollen, oder warum nach Meissner die Primitivfasern
der Muskeln sich von einander entfernen sollen. "Wenn nämlich
durch Electricität Bewegungen von Theilchen gegen einander entstehen
sollen, ist es nicht bAoss nöthig, dass sie electrisch sind.
Sind sie entgegengesetzt electrisch, aber nicht isolirt, so werden
sich die Ströme vereinigen, aber die Theilchen unbewegt bleiben.
Papierschnitzchen werden von dem geriebenen Electron deswegen
angezogen, weil sie im trocknen Zustande nur Halbleiter sind.
In der Nähe des geriebenen Bernsteins oder Siegellacks entsteht
durch Vertheilung an ihnen die entgegengesetzte Electricität.
Beide Electricitäten streben sich zu vereinigen, und das Papierschnitzchen
wird zum schwerem Körper hingezogen, weil es die
Electricität zugleich in einem gewissen Grade, so lange die Vereinigung
hei der Berührung nicht zu Stande gekommen ist, bindet.
Sobald das Papierschnitzchen nass ist, hört es auf, angezogen
zu werden, weil es im nassen Zustande vollkommener Leiter
ist. In diesem Zustande nimmt es die Electricität des geriebenen
Siegellacks auf, ohne angezogen zu werden. Ein vollkommener,
sehr leichter Leiter wird auch dann zu einem electrischen
Körper hingezogen, wenn der erstere isolirt ist. So bewegt
sich das isolirte Goldplättchen zu dem electrischen Körper
hin, aber die Bewegung hört auf, sobald die Isolation aufgehoben
ist. Ebenso ist es, mit dem von Meissner gewählten Beispiele,
Die am Conductor der Electrisirmaschine aufgehangenen Schnüre
von Korkkügelchen entfernen sich von einander, indem sie die
Electricität des Conductors aufnehmend, gleichnamig electrisch
geworden, sich abstossen. Auch diese Bewegung kommt nur so
lange zu Stande, so lange Korkkügelchen im trocknen Zustande
nicht vollkommene Leiter sind.
Wenden wir diess aut die Muskeln an, so werden sich die