
trennen sich am Ende eines macerirten “ Muskelbündels die Pri-
mitivfaaern in der Breite von einander, ohne sich in der Länge
zu verrücken. Man sieht dann an diesen ausgebreiteten Stücken
noch Querstreifen, welche eben so weit von einander entfernt
sind, wie die Queüstreifen des übrigen Bündels, aber von dunkeln
Puncten . gebildet werden, die sich einzeln deutlich unterscheiden
lassen und nicht mehr Zusammenhängen. 3. Endlich
beobachtet man auch zuweilen eine Verrückung der Primitivfa-
sern der Länge nach; der Muskel erscheint dann beim ersten
Anbliek nicht quergestreift, sondern punctirt. Bei genauerer
Betrachtung sieht man aber, dass die dunkeln Buncte, wenn man
sie in der Bichtung dfgr Fasern verfolgt, regelmässig auf einander
folgen. In der qileren Richtung aber ist die Reihe unregelmässig
unterbrochen. Da also die Querstreifen der Muskeln
durch die dunkeln 'Puncte der Primitivfasern hervorgebracht
werden, so braucht man bloss die Entfernung der Querstreifen
des Muskels zu messen, um die Entfernung der dunkeln Puncte
der Primitivfasern kennen zu lernen. An einem Muskelbündel
erster Ordnung sind die Querstreifen immer parallel, alsq die
dunkeln Puncte der Primitivfasern gleich weit von einander*, entfernt.
Dagegen können die Querstreifen hei zwei dicht neben einander
liegenden Muskelbündeln erster Ordnung, hei dem einen
nahe zusammen, bei dem andern weit von einander entfernt liegen.
Am auffallendsten ist dies heim Schlunde des Menschen
der Fall. Die,Entfernung von 5 Querstreifen betrug hei demselben
an einer Stelle 0,0065-So,0068, an einer andern 0,0053 — 0,0056”',
an einer dritten lagen sie noch dichter zusammen, so dass man sie
nicht zählen konnte. Bei einer andern Leiche fand S chwann am
Schlunde die Entfernung von 5 Querstreifen in einem Bündel
0,0034, an einem andern', dicht daran liegenden 0,0080'”. Beim
Kaninchen ist die gewöhnliche Entfernung in den willkührlichen
Muskeln 0,0043 — 0,0046'".
Die Verbreitung'der varikösen Muskelfasern, deren Bündel
Querstreifen haben, ist beim Menschen 'sehr bestimmt, und nirgends
gieht es, Uehergänge, Sie linden sich in allen vom Cerebrospinalsystem
abhängigen Muskeln,,und vqp den uuwillkührlichen
bloss, am Herzen, wo jedoch die ^Querstreifen sehr undeutlich
sind. Am ganzen Darmkanale, ,am Uterus und an dety,Urinbla$e
eigen sich diese Muskelfasern nicht. Die Schlundmuskpln ge-
zhör'en der ersten. Classe an. Ihre Bündel haben deutliche
Querstreifen, und ihre Primitivfaserri deutliche Varicositäten. Die
Muskelfasern der Speiseröhre dagegen sind nicht varicös und zeigen
keine Querstreifen. Die Grenze ist ganz scharf, aber nicht,
wie man glauben könnte, am Anfänge der Speiseröhrej,sondern in
der Gegend des Endes des ersten Viertels, wie S chwann entdeck^
hat. Der oberste Theil der Speiseröhre ist noch mit einer,Schicht
von Muskelfasern der ersten Classe belegt, mit deutlichen Querstreifen
und Varicositäten. Diese sind als Fortsetzung der eigentlichen
Schlundmuskeln, die denselben Bau/haben, zu betrachten.
Die varikösen Muskelfasern am obersten Theile der Speiseröhre
bilden an der hintern Seite bogenförmige zarte Bündel, die an
der einen Seite herabsteigen und bogenförmig zur andern Seite
wieder beraufsteigen., So grenzt auch am Mastdarm das System
der ersten Classe in dem Sphincter ani, dicht an das System der
zweiten Olasse, und dasselbe findet am Halse der Harnblase statt.
Die pars membranacea der Harnröhre /ist mit zarten röthlichen
Muskelbündeln belegt, welche nach meiner Beobachtung deutliche
Querstreifen haben und der ersten Classe angehören, während die
blassen Muskelfasern der Harnblase und d$s Bläsenhalses keine
Spur davon zeigen.
Eines der merkwürdigsten contractilen Organe in der Thierwelt
ist das Gaumenorgan der Karpfen und anderer Cyprinen,
welches in der Familie, der Cyprinoiden nicht allgemein ist, da
ich es beim Rapf, Cyprinus Aspius, nicht vorfand. Der contrac-
tile Theil desselben ist der oberflächliche, darunter liegt Zellgewebe.
Es ist ausserordentlich nervenreich durch Aeste des N.
vagus. E. H. W eber hat seine eigenthümliche Art der Contrac-
tion entdeckt.-^ Bei mechanischer Berührung des Organs bemerkt
man eine conische Erhebung der Oberfläche an dieser
Stelle, die über eine Minute dauert. Streicht man in einer
Linie mit einem spitzen Körper darüber, so entsteht
ein Wall; macht man parallele Striche, so entstehen parallele.
Erhebungen. Drückt man breit auf, so erfolgt eine breite
Erhebung. Durch Dehnung des Organs bewirkte ich Erhebung
und Zuckung in der Richtung der Dehnung. Salpetersäure,
Schwefelsäure und Alkohol wirkten in meinen Versuchen nicht,
wohl aber Schwefelsäure in W eber’s Versuch. Die galvanische
Entladung einer Säule von 40 Plattenpaaren brachte mir die
stärksten Zuckungen des Organs hervor, immer in der Richtung
der Strömung. Auch diess contractile Organ gehört zur ersten Glasse
der Muskelfasern. Oberflächlich betrachtet, sieht man an ihm gar
keineFas'ern und Bündel. Wird aber die Schleimhaut abgezogen und
das Organ gerissen, so sieht man, dass, es in gewissen Richtungen
leichter reisst, und es? kommen durcheinander geschobene roihe
Fleischbündel zum Vorschein,' welche bei mikroskopischer Untersuchung
deutliche Querfasern besitzen und deren Primitivfasern
varikös sind. Die Bündel sind alle ohngefähr so dick, wie die
primitiven Bündel an, den Muskeln des Menschen. Die meisten
Bündel laufen von vorn : nach hinten, aber schiefe Bündel
schieben sich in mannigfaltigen: Richtungen hindurch. Zwischen
den Bündeln liegen sehr viele Oeltropfen. Hierdurch ist die eigenthümliche
Wirkungsart des Organes aufgeklärt.
Die varikösen Muskelfasern mit Querstreifen der primitiven
Bündel sind nicht auf die Wirbelthiere beschränkt. Bei den In-
secten kommen sie z. B. in den willkübrliclien Muskeln durchgängig
vor. Jedes primitiv« Bündel hat eine sehr dünne Scheide,
welche als durchsichtiger Rand oft unterschieden werden kann.
Rudolph W agner hat viele niedere Thiere in Hinsicht des
Vorkommens der gestreiften Muskelbündel untersucht, Mpel-
ler’s Archiv. 1835. 318. Er fand sie, ausser alien Wirbclthieren,
bei den Insecten, Crustaceen, Cirrhipeden und Arachniden.