
Diese Verstärkung findet in der Nähe aller Wände des Brettchens
statt* und ist in ziemlicher Entfernung von dem Hauptzug des Stos-
ses noch merklich. Wird das resonirende Brettchen entfernt, so
ist der Ton nur an den Stellen stark, welche dem Stoss der
Wellen der Pfeife gegenüber liegen. Auch in der Nähe der
Wände des Wasserbeckens ist die Resonanz dieser Wände merklich,
wenn sie von Holz sind.
< V. Schallwellen, die sich im Wasser fortpflanzen, erleiden,
mich eine, theilweise Reflexion von den Wänden des festen Körpers.
Dieser Satz, der'bei der Akustik des Labyrinthes benutzt
wird, muss hier schon im Zusammenhänge erwähnt werden.
Am besten überzeugt man sich von der theilweisen Reflexion
der Schallwellen im Wasser, mittelst der mehrfach erwähnten
Vorrichtung. Die mit Membran geschlossene Pfeife wird nämlich.in
das Wasser eines grossem Beckens getaucht, ln diesem befindet
sich ein mit Wasser ebenfalls gefüllter, am Ende verschlossener,
gläserner Cylinder von 6 Zoll Länge, der vpn einer Person mit
den Händen umfasst und so gehalten wird, dass keine Berührung
mit den Wänden des Beckens stattfindet., Das Ende der Pfeife
wird in die Mündung des Cylinders eingesenkt und dann schwach
ihr Grundton angebläsen. ■ Wird nun der Conductor ebenfalls
gegen die Mündung des Cylinders gehalten,, ohne die Wände
des Cylinders und der Pfeife zu berühren, so hört man bei
verstopften Ohren mittelst des Conductors den Ton der Wasserwellen
eben so stark, als wenn er der Mündung der Pfeife entgegengesetzt
wäre. Diese Stärke des Tons ist eine Folge der
Reflexion von den Wänden des Cylinders, nicht bloss der Reson-
nanz des Cylinders. Denn die Stärke des Tons bleibt sich gleich,
wenn man die Resonanz des Cylinders möglichst geschwächt hat
durch Ueberziehen seiner inneren Wände mit einer Lage von
Talg und Dämpfung seiner äusseren Wäride durch Umfassen mit
beiden Händen. Dagegen ist der Ton im Wasser an der äussern
Umgebung des Cylinders viel schwächer.
VI. Dünne Membranen leiten den Schall im Wasser ungeschwächt,
mögen sie gespannt oder ungespannt seyn.
Wurde nämlich im Wasser zwischen das membranös geschlossene
Ende der Pfeife und den in der Direction der Pfeife gehal-
nen Conductor, eine membranöse. Scheidewand aufgestellt, so
zeigte sich nicht der geringste Unterschied in der Stärke des
Schalles, während er in den seitlichen Richtungen überall schwach
war. Zuerst wurde zur Scheidewand eine gespannte Membran
benutzt*- ein Stück Schweinsblase über einen grossen Ring gespannt.
Aber ungespannte Membranen, die bloss im Wasser aufgehängt
werden, zeigen denselben Erfolg. Ich legte mehrere
Schichten getrockneter und wieder erweichter Schweinsblase auf
einander, drückte sie zusammen und die Luft, zwischen ihnen
aus, und hing die stärkere Scheidewand auf.- Selbst wenn 4—-8
Lamellen dicht auf einander lagen, wurde nóch eiftige Verstärkung
in der Richtung der Pfeife bemerkt. Noch mehrere Membranen
hoben sie auf. Ein Stück flaut des Menschen und die 3 Linien
dicke Wand des Uterus einer Schwängern als Scheidewand benutzt,
hoben alle Verstärkung auf, und der Ton wurde hinter der
Scheidewand nicht stärker, als an jeder andern Stelle des Wassers
vernommen, die ausser der Hauptdirection der Wellen war.
VII, Aus dem III. IV. und VI. Satze erklärt sich der Vorgang
der Schallleitung bei den meisten im Wasser lebenden, nicht luftath-
menden Thieren.
Wenn wir bei sehr fest verstopften Obren Schallwellen des
Wassers mittetet eines hölzernen ConduCtors hören, so versetzen
wir uns ganz in den Zustand des Fisches, und hören die Töne
so wie dieser. Untertauchen des Kopfes ins Wasser ist weder
nöthig, noch zu einer ruhigen Beobachtung geeignet. Der feste
Conductor erweitert die festen Theiie unseres Kopfes, und setzt
sie wie beim Fisch unmittelbar den, Schallwellen des Wassers
aus. Das einfache oder zusammengesetzte Labyrinth der im Wasser
lebenden Thiere ist entweder ganz von den Schädelknorpeln
und Knochen eingeschlossen, wie bei den Sepien, Cyclostomen
und Knochenfischen, oder es ist zugleich eine Communication
des Labyrinthes mit der Oberfläche des Thiers vorhanden, und
die Vermittelung geschieht auch durch Membran. Dahin gehört
die Membran vor der Hörcäpsel der Krebse, und das Fenster der
Plagiostomen auf der Oberfläche des Kopfes, welches von verdünnter
Haut geschlossen ist. Die Kopfknochen sind übrigens
auch, der Resonanz im Wasser fähig, d. h. die ihnen mitgetheil-
ten Schwingungen prallen zum Theil von ihren Oberflächen zurück,
und bilden in ihnen selbst-zurücklaufende Wellen, welche
dem Labyrinth zu Gute kommen. Diess folgt aus den im IV.
Satz • Erwähnten Thatsachen. Bei den Haifischen und Rochen
mit weichem knorpeligem Skelet mag diese innere Resonanz
der Kopfknochen geringer seyn, als bei den Knochenfischen.
Daher ist vielleicht bei ihnen die fensterartige membranöse Verbindung
des Labyrinthes mit der Oberfläche nöthig geworden.
Bei den Cyclostomen gehört die Gehörcapsel zu den festen Thei-
len des Skelets. Bei ihnen liegen noch Muskeln über der Gehörcapsel,
welche die Schallleitung vermindern müssen.
VIII. Luftmassen resoniren im Wasser von den Schallwellen des
Wassers, wenn die Luft von Membranen oder festen Körpern eingeschlossen
ist, und bringen dadurch eine ansehnliche Verstärkung des -
Tones hervor.
Eine Person erregte mittelst der mit Membran geschlossenen
in Wasser gesenkten Pfeife Schallwellen im Wasser in bestimmter
Richtung, während ich mit dem ins Wasser getauchten Conductor,
diese meinem verstopften Ohr zuleitete. Nun wurde zwischen
das ’Ende der Pfeife im Wasser und den Conductor die
Schwimmblase einer Plötze mit den Fingern frei im Wasser hingehalten,
so- dass die Schwimmblase weder die Pfeife noch den
Conductor berührte. In diesem Falle wird der mit dem Conductor
hörbare Ton ausserordentlich viel stärker, als wenn die Schallwellen
zu dem im Wasser, in derselben Entfernung gehaltenen
Conductor bloss durch -das Wasser, und nicht zugleich durch
die Schwimmblase gelangen. Hierdurch wird bewiesen, 1) dass
der Schall durch Vermittelung von Membranen sehr leicht vom
. M ü I le r ’s Physiologie. 2r Bd. II. 2 8