
Ursache nicht auf eines, sondern dehnt sich auf eine Kette von
Ereignissen aus.
Jegliches Ding kann zufällig Ursache der Hoffnung und
Furcht seyn, wie jedes Ding zufällig Ursache der Lust und Unlust.
Gute oder üble Vorbedeutungen. Aberglaube.
Verschiedene Menschen können von einem und demselben
Gegenstand verschiedenartig erregt werden, und ein und derselbe
Mensch kann von einem und demselben Gegenstand zu verschiedenen
Zeiten verschieden erregt werden.
Ein Gegenstand, welchen wir mit anderen zugleich früher
gesehen, und von dem wir uns vorstellen, dass er nichts hat, als
was mehreren gemein ist, erregt uns weniger als einer, von dem
wir uns vorstellen, dass er etwas besonderes hat. Dieses Interesse
wird durch Lust, Bewunderung, Verehrung und Huldigung, durch
Unlust, Bestürzung, Entsetzen.
Wenn der Geist sich selbst und sein Vermögen der Thatig-
keit betrachtet, hat er Lust und um so mehr, je bestimmter er
sich und sein Vermögen sich vorstellt.
Der Geist bestrebt sich nur das vorzustellen, was sein Vermögen
in Thätigkeit setzt. Wenn der Geist sein Unvermögen
sich vorstellt, hat er Unlust. Diese Unlust wird durch die Vorstellung
des Tadels genährt.
Jeder beneidet nur seines Gleichen um seine Tugend.
Es giebt so viele Formen der Lust, der Unlust und Begierde
und folglich jeder Gemüthsbewegung, die aus diesen zusammengesetzt
ist, wie auch des Schwankens der Seele oder was daraus
abzuleiten ist, nämlich der Liebe, des Hasses, der. Hoffnung, der
Furcht u. s. w., als es Formen der Gegenstände giebt, von welchen
wir erregt werden.
Jegliche Gemüthsbewegung eines jeden Individuums weicht
nur um so viel ab von der Gemüthsbewegung eines andern, als
das Wesen des einen sich von1 dem Wesen des andern unter-
scheidet. Daher auch die Leidenschaften der Thiere sich nur
insofern von den menschlichen unterscheiden, als ihre Natur von
der menschlichen sich unterscheidet.
Ausser derjenigen Lust und Begierde die leidend sind, giebt
es auch solche, die sich auf uns beziehen, wie,fern wir thätig
sind. Dahin gehört die Lust, die der Geist bei Betrachtung seiner
klaren Ideen und beim Begreifen seiner Thätigkeit hat.:
Unter allen- Gemüthsbewegungen,; die. auf den Geist, in wiefern
er thätig ist, sich beziehen, giebt es nur solche, 1 die ,aüf
Lust uhd Begierde sich beziehen. Als solche betrachtet S pinoza
den Muth, den Edelsinn. So weit S pinoza.
G e m ü t h s a r t.
Das Gemüth ist das Zuständliche der auf das Selbst und die
dem Selbst verwandten Wesen bezüglichen Vorstellungen und
Strebungen, der beschwichtigten oder unbeschwichtigten Erregungen
und- ihrer statischen Consequenzen, endlich des -Streites
dieser Bewegungen mit der Vernunft.
Wessen Geist für die Zustände der Lust und Unlust und der
Belehrung wenig empfänglich ist, und wessen Körper unfähig ist
zu den organischen Veränderungen in Folge von Veränderungen
des Selbstgefühls, bat, wie man' sagt, wenig Gemüth und ist kalt
und gleichgültig. Wer die gegentheiligen Eigenschaften besitzt,
bat Gemüth, und ein rohes; oder feinfühlendes Gemüth,. je nachdem
in die Statik der Gemüthsbewegungen die Vernunft eingreift
und mildert oder nicht. .
Gemüthlos wird im engern Sinn, auch derjenige genannt, der
zwar in Beziehung auf das ieigene Selbst von Lust, Unlust und
Begierde stark bewegt werden kann, .aber unempfänglich ist für
die Unlust und Lust der Mitmenschen, und welcher daher das
Selbst der Mitmenschen nicht zum Theil in sein eigenes Selbst
aufgenommen, und das eigene Selbst durch diese Aufnahme erweitert
hat. Wer dagegen dies gethanj dem wird das Gemüth
im engern Sinne zugeschrieben.
Die Anlage zum Gemüth im ersten und zweiten Sinn hängt
nicht von der Fähigkeit der, Menschen zu zusammengesetzten
Vorstellungen und Vorstellungsverhältnissen ab. Denn alle Errege
barkeit desGemüths bezieht sich eines Theils auf eine Klasse von
Vorstellungen, die das Selbst und die dem Selbst ähnlichen Wesen
betreffen, anderntheils auf die Fähigkeit zu Strebungen und
Veränderung derselben durch dergleichen Vorstellungen. Daher
Menschen' von geringen Verstandesfähigkeiten viel Gemüth und
Menschen von grossen Verstandssfähigkeiten wenig Gemüth besitzen
können^ Was das Gemüth im zweiten Sinne, nämlich das
Gemüth zugleich für Andere betrifft, so wird der verständige
Gemüthlose seine Verstandesfähigkeiten'zu seinem Interesse vorzugsweise
benutzen, der Gemüthvolle hingegen bei grösseren oder
geringeren Verstandesfähigkeiten geneigt seyn für das Wohl der
Mitmenschen, und zwar nicht bloss aus Ueberlegung, sondern
aus Mitleidenschaft, und mit Lust und Unlust an Anderer Wohl
und Wehe.
Diese Art des Gemüths setzt voraus, dass .wie gross oder
klein die Fähigkeit zu zusammengesetzten Vörstellungsverhältnis-
sen oder der Verstand sei,, die Vorstellung vom Eigenleben und
Selbst und dem ihm nützlichen, durch die Vorstellung von dem
allen Menschen zugleich nützlichen im Gleichgewicht erhalten
werde, oder dass sich die Vorstellung vom Seihst bis, dahin erweitere.
Tst das bei einem Menschen geschehen, wozu die Erziehung
viel beiträgt, so handelt er entweder1 äus Ueberlegung
recht und für das Gemeinwohl, oder zugleich mit Lust und Unlust
hilfreich in dieser Art und dann mit Gemüth. Bei Kindern
ist das Streben für das eigne Selbst zuerst die Hauptsache, denn
diese Vorstellung bildet sieh zuerst aus und verkettet sich mit
organischen Umstimmungen, Empfindungen und Actionen, 1 später
und in Folge der Erziehung erweitert sich das'Eigenleben mehr
oder weniger in das Eigenleben im Sinne der Familie, und ihres
gemeinschaftlichen Interesses und sofort mehr oder weniger weiter.
Die Menschen haben bei gleicher Erregbarkeit auch ein verschiedenes
,Gemüth, je nachdem sie durch die organischen Zu