
mit der nach nothwendigem Gesetz und nach vernünftigem Prin-
cip wirkenden Kraft der Organisation. Die Wirkungen dieser
Kraft werden indess zuerst im Sensorium offenbar. Cuvier drückt
sich darüber sehr verständlich aus. ' Er sagt: dass die Thiere
bei den instinctartigen Handlungen von einer angeborenen Idee,
von einem Traume verfolgt werden. Die Verwirklichung der
im Sensorium erscheinenden Vorstellungen, Bilder, Triebe ist
übrigens durch die Organisation der Thiere selbst ausnehmend
erleichtert. Da Beides, das Innere und Aeussere, von derselben
Endursache ahhängt, so ist auch die Gestalt des Thieres
seinen Trieben durchaus entsprechend; es will nichts, als was es
durch seine Organe ausführen kann, und es wird durch seine
Organe nichts zu thun veranlasst, zu welchem nicht der Trieb
vorhanden ist. Der Maulwurf, seinen inneren Trieben nach zu unterirdischem
Lehen bestimmt, hat in seinen Organen keine Aufforderung,
von dieser inneren Bestimmung abzugehen. Wenn er
gleich sieht und sein Auge nicht von der Haut bedeckt ist, vielmehr
Augenlieder hat, so ist doch sein Gesicht undeutlich, sowohl
wegen der Kleinheit des Auges, als der Umstellung desselben
mit dichten Haaren. Seine Vorderfüsse sind ganz zum Graben
organisirt, so, als wenn er damit nicht gehen, sondern nur
wühlen sollte; und in der That ist die Bildung der Hand und
ihre Stellung zum Vorderarme So, dass er kaum gehen kann,
ohne von seihst schon zu wühlen. Die Faulthiere, welche mit
eingezogenen Zehen mehr mit dem äuss'ern Fussrande auftreten,
sind auf ebener Erde äusserst langsam und unbehülflich, und haben
daher die unrichtige Vorstellung erregt, als habe die Natur
sie vor allen Thieren vernachlässigt; diese Geschöpfe sind
dagegen in ihrer Art so vollkommen, wie alle übrigen, ihre Extremitäten
sind zum Klettern, zum Lehen auf Bäumen eingerichtet,
wo sie auch die Nacht zubringen, und hier sind sie, wenn auch
langsam, wie einige andere Kletterer, z. B. das Chamäleon, doch
sehr geschickt und kräftig. Die Spinne .ist in der Insertion der
Beine und in der Organisation der letzteren so eingerichtet, dass
ihre Bewegung auf ebenem Boden auch ungeschickt und krabbelnd
ist. Ihre Beine sind bestimmt auf eine Linie zu wirken,
d. li. an einem Faden zu klettern. Sie führt das Material für
die auszuspannenden Fäden mit sich, und ihre inneren instinctartigen
Triebe spiegeln ihr traumartig das Thema zum Handeln,
zum Netzhau vor. Der Gepard, Felis jubata, kann zum Jagen
gebraucht werden, gegen das Naturei der Katzen, welche sonst
selbst das Geschenkte erst wie Geraubtes wegnehmen und auf
ihre Beute im Hinterhalt lauern. Der Gepard ist aber auch vor
allen anderen Thieren des Katzengeschlechtes durch seine geraden,
nicht zurückziehbaren und vorstreckbaren Nägel ausgezeichnet.
Es ist bewunderungswürdig, wie der- Instinct den Thieren
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anschauungen mittheilt, die wir
auf dem mühsamen Wege der Erfahrung und Erziehung uns erwerben
müssen. Wenn wir anfangen zu sehen, haben wir noch
nicht das Vermögen die Bilder der Gegenstände in unserm Auge
L Beziehung auf Ferne und Nähe der Gegenstände zu beur-
■ Seifen Da alle Gegenstände des Sehfeldes so gut wie einer
Malerei beim Sehen in einer Fläche conc.pirt werden, so bedarf
|e s einer langen Erfahrung und der Mitwirkung des Tastens und
Ider Bewegungen, um die Art der bildlichen Darstellung eines
■'Gegenstandes im Sehfelde mit Vorstellungen von seiner Entfernung,
Grösse, Form zu begleiten. Das Thier wird so geboren
als hätte es diese Erziehung schon durchgemacht Das Kalb geht
Ibald nach der Geburt nach der Zitze der Mutter hin. Wir
lernen gehen durch eine mühsame Uehung, wobei die Gesetze
des Gleichgewichts, der Schwerkraft u. s. w. jed en Augenblick
in Betracht kommen; wir lernen es erst, nachdem wir das Maass
der Contraction unserer Muskeln für iedes Thema der Beweinung
durch Erfahrung und Irren kennen gelernt haben. Die
{neugeborenen Thiere, wenigstens die Einhufer und Wiederkäuer,
(haben diese Kenntnisse schon. Sie stellen sich bald auf, gehen
lauf die Mutter und die Zitzen zu. Alles diess kann nur durch
iMitwirkung der instinctartigen Kraft geschehen, vor welcher alle
IProbleme der Physik gelöst sind. Im Sensorium des neugebore
n Thieres muss eine Kraft wirken, welche die Hebel der orts-
Ibewegenden Glieder in voller Zweckmässigkeit wirken lasst. Von
Iden instinctartigen Handlungen muss man gewisse andere trennen,
welche manche Thiere in Schlafesruhe noch mit vieler
[Kunst ausüben, wenn sie dazu die Fähigkeiten allmah ig erworben
haben. Viele Vögel schlafen auf einem Beine stehend. Sie hallten
mit der grössten Sicherheit das Gleichgewicht, un ie
Kraft zu diesen Handlungen ruht nicht, wenn auch die sen-
Isoriellen Wirkungen des Sensoriums ganz ausruhen. Der Nacht-
|Wandler befindet sich in einem ähnlichen Fall. Es ist nicht der
Slnstinct, der ihn leitet, sondern die während des Lebens gewonnene
Erfahrung, sicher zu gehen, über die er noch wahrend des
[Schlafes gebietet. Er benutzt alle während seines Lebens durch
[Erziehung und Erfahrung gewonnenen Kenntnisse in Hinsicht der
^Erhaltung des Gleichgewichtes; seine Seelenaction allem und
nicht der Instinct ist es, die ihn vor dem Fall sichert; aber sein
Sensorium ist nur in einer Direction thätig, in allen übrigen verschlossen;
und dass er in dieser Beschränkung die Gefahr nicht
erkennt, macht ihn sicher und führt ihn am Abgründe vorbei.
Diese Erscheinungen haben in der That für die Erklärung nicht
M viel Schwierigkeit, als es scheint. Dass Jemand auf einer
mässig schiefen Fläche mit Sicherheit gellt, hängt ganz davon
ab, dass er weiss, dass die Fläche nicht hoch von der Eide
entfernt ist. Dieselbe sebiefe Ebene, aut der man nabe der Li d-
Oberfläche leicht einhergehen würde, erscheint uns auf ein ei jähen
Anhöhe gefahrvoll und schwierig zu ersteigen. Wei die
‘Gefahr im letztem Fall nicht einsieht, wird auch eben so sicher,
als bei geringer Entfernung von der Erdoberfläche darauf berge len.
Da es bei den Thieren offenbar instinctartige, angeborene Gefühle
und Anschauungen giebt, die sich sogleich nach der Geburt
oder später äussern, so entsteht die Frage, ob nicht auch der
Mensch angeborene Ideen habe, die für ihn auf liöheier