
Uebereinstimmung zwischen den Ursachen des Pflanzenschlafes,
und der Bewegung der Pflanzen durch heterogene Reize herstelen.
Dabei verliert aber diese Art der Bewegung ihre Analogie
mit der tbierischen Contraction. Die im Schlaf fortdauernd tur-
gescirende Seite des Zellengewebes gleicht wegen der Fortdauer
ihrer Thätigkeit im Schlafe demjenigen Theil der Organisation
der Thiere, dessen Thätigkeit auch im Schlafe der Thiere ungestört
fortgeht.
Der Schlaf der Thiere ist eine Erscheinung, welche bloss
das animalische Leben betrifft. Das ganze organische Leben, nämlich
die Vegetation mit allen dieselbe begleitenden' unwillkürlichen
Bewegungen gehen ihren ruhigen Gang fort, und nehmen an dem
Schlafe keinen Theil. Ja selbst die unwillkürlichen Bewegungen
des animalischen Systems, wie das Athmen, sind von der Ruhe des
Schlafes ausgeschlossen, und bei den Thieren noch manche andere
animalische Bewegungen, wie sich hernach zeigen wird. Das organische
System entbehrt der Remission und Erholung nicht ganz,
aber es hat andere Perioden und sie sind sogar sehr verschieden
in den verschiedenen Theilen des organischen Systems. Das Herz
hat seine Ruheperiode nach jedem Schlag, die Bewegung des
Darms, des Uterus haben die ihrigen, und an dem Wechsel und
Neubilden der Haare und Federn sieht man, dass auch die Vegetation
die ihrige hat. Ja selbst die Bildung eines einzigen Zahns,
Stachels, einer einzigen Feder zeigt uns einen Cyclus von ungleichen
Thätigkeiten. Denn bei der Bildung des Stiels dieser Theile
ist die Vegetation eine ganz andere als zu der Zeit, wo die Krone,
Spitze, Fahne gebildet wurde. Bei den Thieren, deren Haare
knotige Anschwellungen haben, wie die Barthaare der Seehunde,
muss die Vegetation sich in einem regelmässigen Schwanken befinden,
da diese Gebilde nur von der Wurzel aus wachsen.
Da alle Phänomene des organischen Lebens und alle Erscheinungen
des ganzen Thiers, mit Abzug der von der Seele beherrschten
animalischen Wirkungen, wie die erste Entstehung zwar
mit Zweckmässigkeit aber nothwendig erfolgen, und selbst die
Ernährung und Erhaltung der Organe des animalischen Lebens
nicht von dem Leben der Seele, dem Vorstellen abhängt, so
kann man auch sagen, Schlaf und Wachen beruhen auf einer
Art Antagonismus zwischen dem organischen und animalischen
Leben, so dass von Zeit zu Zeit das animalische von der Seele
beherrschte Leben freier wird; zu anderer Zeit hingegen von dem
zweckmässigen organischen Wirken der Natur unterdrückt wird.
Während der Zeit des Wachens werden zwar auch die Organe des
animalischen Lebens von der organisirenden Kraft beherrscht, aber
die durch die Organisation gewonnenen Fähigkeiten der Muskeln,
Nerven des Gehirns werden für Actionen, die vom Organisiren
selbst verschieden sind, verwandt. Im Schlafe hingegen, wo diese
Actionen ganz oder grösstentheils wegfallen, wird vorzugsweise
organisirt und auch die Organe des animalischen Lebens wieder
für Actionen durch die organisirende, nicht bewusst, aber vernünftig
und zweckmässig wirkende Kraft befähigt.
Da im ganzen Organismus die Erregungszustände sich mittheilen,
so muss das Wachen des animalischen Lebens und die
hier stattfindende Steigerung der Erregung sich allmälig auch
dem, vom organischen Nervensystem abhängigen organischen System
mittheilen, und so weit dabei Actionen des Organisirten
und nicht bloss Organisiren stattfindet, auch diese Actionen eini-
germässen ändern. Daher denn auch selbst der Herzschlag im
Wachen ein wenig häufiger, als im Schlafe erfolgt. Im Schlaf
fällt diese Irradiation aus dem animalischen Leben in das organische
weg, Und es ist daher auch das organische Leben zugleich
der Erholung, aber weniger als das animalische hingegeben. Wenn
der wachende Zustand des animalischen Lebens längere Zeit künstlich
unterhalten wird,, so wird diese Irradiation nicht bloss deutlicher,
z. B. der Puls häufiger, sondern es findet bei einem grossen
Verbrauch des durch die Organisation anwendbar gewordenen,
wenig Ersatz durch die Organisation statt. Daher der bald sich
zeigende Mangel in der Ernährung nach längerm Wachen.
Nachdem nun die Natur des Schlafs im Allgemeinen erläutert
worden, wollen wir die Erscheinungen desselben noch näher kennen
lernen.
Beim Eintreten des Schlafes hören die Sinne auf den gegenwärtigen
Eindruck zu bemerken, und auch das Vorstellen und
Streben wird entweder ganz oder grossentheils beschwichtigt.
Der WilleOseinfluss lässt nach die Muskeln zu bestimmen, die
Augenlieder, in denen sich ein Gefühl von Ermüdung einstellt,
werden nicht mehr beherrscht, der Kopf wird nicht mehr getragen
und bald breitet sich dieser Nachlass über das ganze animalische
System aus. . . . ■•
Der Schlafende hat im vollkommenen Schlaf meist keine willkürlichen
Bewegungen, die unwillkürlichen organischen und unwillkürlichen
vom Willen in einer gewissen Breite zu beherrschenden
Bewegungen, wie die Athembewegungen, dauern fort,
und bei letzteren fällt nur der Einfluss des Willens weg. Die
Herzschläge und Athembewegungen sind etwas seltener. Einige
animalische Muskeln treten während des Schlafes in eine verstärkte
Thätigkeit und sind wie von einem, während des Wachens ihnen
entgegenstrebenden Gegengewichte befreit. So gewisse Augenmuskeln
und die Muskeln der Extremitäten bei den Vögeln, die auf
zwei Beinen oder auf einem Beine stehend schlafen. Die Augen
nehmen beim Schlafenden immer eine eigenthümliche Stellung
an. Sie wenden sich (und das geschieht schon beim Einschläfern)
nach einwärts und aufwärts, eine Bewegung, die auch in krankhaften
Nervenzufällen, z. B. in der Epilepsie und Catalepsie sich
stärker wiederholt. Daher hat auch das geschlossene Auge des
Schlafenden eihen ganz andern Ausdruck, als das Auge des Tod-
ten. Die Iris des Schlafenden ist contraliirt, daher die Pupille
enge und beim Erwachen wird die Iris jedesmal erst wieder weiter,
‘anfangs sogar sehr weit, bis sie schwankend die mittlere
geringe Weite der Pupille des Wachenden annimmt. Siehe über
diese Erscheinungen oben I. 3. Aufl. p. 694.
Der Schlafende bedarf eines grossem Masses von äusserer
Mülier ’s Physiologie. 2r Bd. III. 38