
Bei manchem Dunstförmigen ist es schwer die Gefühlsempfin-
flung von der Geruchsempfindung zu trennen und was jeder von
heiden gehört zu ermitteln, wie hei der Empfindung scharfer
Dünste, des Ammoniakgases, Meerrettigs, Senfes u. s. w. Diese
Empfindungen haben viel Aehnlichkeit mit -den Gefühlsempfindungen,
besonders wenn man bedenkt, dass diese scharfen Dünste
einigermassen ähnlich auf dié Schleimhaut der Augenlieder wirken.
III. Gapitel. Von d e r W irk u n g d e r i&eruchsnCrven.
Die Fähigkeiten der Thiere zu verschiedenen Gerüchen sind
nicht gleich, und es muss von den Kräften der centralen Theile
des Geruchsapparates abhängen, dass die Welt der Gerüche eines
Pflanzenfressers eine ganz andere als die eines Fleischfressers ist.
Die fleischfressenden Thiere sind mit dem schärfsten Geruch für
specifische Eigentümlichkeiten tierischer Stoffe, für das Auswittern
der Spur begabt, haben aber keine merkliche Empfindlichkeit
für den Geruch der Pflanzen, der Blumen. Der Mensch steht zwar
in Beziehung auf die Schärfe des Geruchs weit unter den Fleischfressern,
aber seine Geruchswelt ist mehr gleichartig ausgebildet.
Was beim Gefühlssinn das Schmerzhafte, beim Gesichtssinne
das Blendende und die Disharmonie der Farben, beim, Gehörsinn
die Dissonanz, ist beim Geruchssinn der Gestank, der Gegensatz'
des Wöhlgeruchs. Die Ursachen1 dieses Unterschiedes sind unbekannt,
aber gewiss, dass Gestänk urtd Geruch in der Thierwelt
relativ sind, denn in dem uns Uebélriecheriden treiben viele Thiere
ihr Wesen. Ja selbst die Menschen zeigen sich darin sehr verschieden.
Manche Wohlgerüche sind einigen unausstehlich, gebranntes
Horn riecht manchen übel, anderen gut, ohne dass einer
im letzten Fall hysterisch zu seyn braucht. Mehreren: riecht Reseda
nicht sehr sublim und mehr krautartig, wie B lumenbach anführt
und auch ich bin in diesem Fall. Dass' manche Gerüche
unter sich in einem Gegensatz stehen, wie bei den Farben und
Tönen, dass es auch hier Consonanzen und Dissonanzen gebe, ist
zwar nicht im Einzelnen bekannt, aber sehr wahrscheinlich, da
bei dem Geschmackssinn dasselbe gewiss ist. Auch die Nachempfindungen
sind vom Geruchssinn nicht bekannt, obgleich schwerlich
fehlend. Eine reine Beobachtung ist schwer, und der oft
sehr lange in der Nase verharrende cadaveröse Geruch nach Sec-
tionen kann nicht für einen Beweis der Nachempfindungen gehalten
werden, da er wahrscheinlich objectiv ist, von Auflösung des
Riechstoffs in dem Schleim.
Die subjectiven Gerüche ohne objective Riechstoffe sind noch
wenig bekannt. Auflösungen von Stoffen die nicht riechen, wie
von Salzen-, in'die Nase gespritzt, bewirkten keinen Geruch. Man
weiss, dass das Reiben der electrischen Maschine einen phospho-
rigen Geruch erregt.' R itter beobachtete bei Anwendung des
Galvanismus auf das Geruchsorgan' am negativen Pol, ausser dem
Drang zum Niesen und dem Kitzel, einen Geruch wie von Ammoniak,
am. positiven Pol einen sauren Geruch, beide Wirkungen
hielten beim geschlossen seyn der Kette an, und gingen bei Oeft-
nung derselben in die entgegengesetzten über. Manche riechen
oft etwas Specifisches, Was doch nicht da ist und was Andere nicht
riechen können; bei nervenreizbaren Menschen kömmt dieses oft
vor, aber es ereignet sich auch bei jedem Menschen.
Bei einem Manne, der immer einen Übeln Geruch empfunden
hatte, fanden Cullerier und Maignault die Arachnoidea mit Verknöcherungen
besetzt und in der Mitte der Hemisphären des Gehirns
scrophulöse in Eiterung übergegangene Bälge. D ubois hatte
einen Mann gekannt, der nach einem Falle vom Pferde mehrere
Jahre bis zum Tode einen Gestank zu riechen glaubte.-
Ob stark riechende Stoffe in das Blut eines Individuums gebracht,
einen Geruch vom Blute aus durch die Circulation bedingen,
ist noch nicht versucht.
Kein: Sinn steht übrigens in so inniger Wechselwirkung mit
den instinktmässigen Wirkungen in der tierischen Oeconomie,
als der Geruch und Geschmack. Die Gerüche' erregen mächtig
den Geschlechtstrieb Ser. Thiere und bringen durch die Erregung
des Gehirns und Rückenmarkes das Spiel der' geschlechtlichen
Wirkungen hervor. ,
E in e Zusammenstellung der auf den Geruch bezüglichen lhat-
sachen lieferte H. Cloquet, Osphresiologie Paris. 1821.
lV t Abschnitt. Vom Geschmackssinn.
I. Gapitel. Von den p h y sic a lisch en Bedingungen des
Geschmacks.
Die Bedingungen des Geschmacks sind: 1) der specifische
Nerve, 2 )'die Reizung dieses Nerven durch das Schmeckbare und
3) die Auflösung des Schmeckbaren in den Feuchtigkeiten des
Geschmackorganes. Das Schmeckbare ist so schwer als beim Geruch
ein bloss mechanischer Reiz, sondern eine materielle Veränderung
des Nerven durch eine aufgelöste Materie, ]e na<^1 <*er
Verschiedenheit der Materien ist auch der Nerve unendlich verschieden
bestimmbar und'dié Empfindung verschieden. ^Doch lasst
sich die Erregung von Geschmack durch eine mechanische Veränderung
der Geschmacksnerven nicht ganz als unmöglich anse-
hen. Druck, Zerrung, Stechen, Reiben der; Zunge erregen zwar
nur Gefühlsernpfindungen, aller H enle beobachtete, dass ein feiner
Luftstrom hier einen kühlend salzigen Geschmack wie von Salpeter
bewirkt, und die mechanische Reizung des Sciilundes und Gaumens
bewirkt die Empfindung des Eckels, die dem .Gefühl nicht, aber
dem Geschmack so verwandt ist, dass sie davon nicht getrennt
werden kann. Von den impondêrabeln Materien bewirkt nur die
Electricität Geschmack.