
liebsten Ursachen zur Unruhe des in der Hand gehaltenen Pendels
die leisen Bewegungen sind, welche unseren Körpertheilen
durch den Puls mitgetheilt werden. Siehe Mueller’s Archiv 1835.
Das Factum, dass Bewegungen sich mit Vorstellungen asso-
ciiren, ist nicht isolirt, selbst wenn man von dem reichsten Felde
der Associationen, nämlich der Vorstellungen unter sich, absieht.
Vorstellungen wirken nicht bloss auf die Bewegungsapparate,
welche mit dem Inhalt der Vorstellungen Zusammenhängen, sie
wirken auch eben so oft auf die Sinnesorgane, in welchen die
Sinneseindrhcke dieser Vorstellungen präsentirt werden. Es ist
ein grosser Unterschied zwischen der Vorstellung einer ekelhalten
Empfindung und der Empfinduug des Ekels selbst, und doch
kann ein ekelhafter Geschmack bei der blossen Vorstellung desselben
bis zur Vomiturition entstehen. Die Qualität der Empfindung
ist eine Energie des Empfindungsnerven, welche hier ohne
eine äussere Ursache durch die blosse Vorstellung derselben erregt
wird. Schon D arwin hat das Beispiel angeführt, dass der
blosse Anblick eines Menschen, der mit scharfen Instrumenten
über Porzellan oder Glas fahren wolle, die bekannte Empfindung
in den Zähnen erregen könne. Blosse Vorstellungen von gar
nicht vorhandenen Gegenständen , welche vorhanden Schauder
erregen können, bewirken bei Reizbaren im Uebermaasse das
kalte Ueberlaufen. Die Energien der höheren Sinne, des Gesichtssinnes,
Lichtempfindung, des Gehörsinne^, Tonempfindung,
werden nur in seltenen Fällen im wachenden Zustande, desto
häufiger aber im Schlafe und Traum erregt, Denn dass die
Traumbilder wirklich oft gesehen und nicht bloss vorgestellt werden
, kann ein aufmerksamer Selbstbeobachter an sich erfahren,
wenn er sich methodisch angewöhnt, nach dem Traum erwachend,
die Augen zu öffnen. Zuweilen sind nämlich die Traumbilder
noch in den Augen und verschwinden sichtlich. Diess
hat schon Spinoza gewusst und an sich erfahren, und ich habe
es oft an mir beobachtet. Siehe' Gruithuisen Beiträge zur Physio-
gnosie u. Eautognosie. München 1812, und J. Mueller über die phantastischen
Gesichtserscheinungen. Coblenz 1826. Ueber diese Gegenstände
wird übrigens ausführlicher in dem 6. Buch von den
Seelenfunctionen gehandelt.
* 3) Instinctartige Bewegungen.
Die zusammengesetztesten Bewegungen, deren Ursachen am
verborgensten sind, sind unstreitig die instinctartigen. Instinctartige
Handlungen der Thiere sind alle, welche zwar wiltkübr-
lich ausgeführt werden, deren letzte Ursache aber nicht der
blosse Wille des Thieres ist und deren vernünftiger Zweck
dem Thiere nicht bewusst wird, deren verborgene, nach dem
letzten Endzweck des Thieres wirkende Triebfeder dem Senso-
rium des Thieres nur das von dem Willen im Einzelnen auszuführende
Thema der willkührlichen Bewegung antreibend vorspiegelt.
Nur Gefühle und Triebe zu bestimmten Handlungen sind es,
was wir von dieser Gewalt empfinden. Die instinctartigen Triebe
zu Handlungen sind bei dem Menschen selten, wie der Trieb zu
Saugebewegungen bei dem Säugling. Die Handlungen, welche
Eur Ausübung des Geschlechtstriebes führen, werden bei den
Tliieren sämmtlich instinctartig ausgeführt, beim Menschen gewiss
nur zum Theil. Ist auch das Umfassen der Liebe erregenden
Formen triebartig eingegeben, so werden doch die ersten
Menschenkinder das übrige erst selbst erfahren haben. Bei den
Thieren nimmt ] die Menge der instinctartigen, zweckmässigen
Handlungen in dem Grade zu, als sie zur Erzielung des Endzwecks
der Gattuno und Art durch ihre Seelenfunctionen nicht befähigt
sind. Es kann hier nicht die Aufgabe seyn, die Menge dieser
Thatsaehen welche sich auf die Wanderungen, den Nestbau, den
xBau der Wohnungen, Gespinnste, die Zucht der Jungen beziehen,
aufzuzählen.
Die Ursache des Instinctes scheint dieselbe, welche die ganze
Entstehung des Thieres bedingt und seine selbstständige Organisation
nach ewigem Gesetze vollbringt. Die Begriffe, die wir
von der Natur eines organischen Geschöpfes uns bilden, sind ru-
hi", schaffen nichts und sind unfruchtbar. Die organisirende
Kraft, die viel sicherer nach vernünftigen Ideen und nach göttlichem
Plane wirkt, organisirt ihre Producte selbst und erscheint
in jedem Producte wieder. Vor ihr sind alle Räthsel der Physik
gelöst, vor jener Kraft, welche das Auge des Menschen und
Insectes schafft. Diese Kraft, die Endursache eines Geschöpfes,
ist es auch, welche die Verluste wieder ersetzt und die Heilung
nach einer Krankheit möglich macht, und welche, uranfänglich in
dem befruchteten Keimstoff' des neuen Individuums enthalten,
jljerst das Organ erschafft, in welchem später unfruchtbare Abbilder
der Dinge, die Vorstellungen und Begriffe entstehen. Da
diese Kraft vor der Entstehung aller Organe aus der structur-
Jjlosen Masse des Keimes alle schafft, so ist sie auch an kein
iOrgan gebunden; sie äussert sich in der Ernährung noch bei
fadem hirnlosen Fötus; sie verändert das Nervensystem, wie
»alle übrigen Organe bei der sich verwandelnden Insectenlarve,
so dass mehrere Knoten des Nervenstranges verschwinden
xfiind andere sich vereinigen; ; sie bewirkt, dass bei der Um-
fwandlung des Frosches das Rückenmark sich verkürzt, in dem
»MMaass die Organisation des Schwanzes eingeht und die Nerven
der Extremitäten entstehen. Aus den instinctartigen Handlungen
der Thiere sehen wir ferner, dass die nach ewigem Ge-
Jllbetz für einen bestimmten Zweck wirkende Kraft, dieses nicht in
„ unser Bewusstseyn fallende göttliche Denken (um im Sinne S pinoza’s
zu reden) auch über die Entstehung und Organisation der organischen
Wesen hinaus thätig ist und auf die willkührlichen
IfHandlungen Einfluss hat. Was in der instinctartigen Bewegung
jlerzielt wird, ist auch durchaus zweckmässig, für die Existenz der
^Gattung und Art so noth wendig, als die Organisation selbst; aber
das Erzielte liegt hier ausser dem Organismus, hei der Or-
jffganisation ist es ein -Theil desselben, und jenes Vorstellen des
thierisclien Wesens, das wir das unfruchtbare nannten, wird
ätselbst von jener Kraft bestimmt, etwas Besonderes vorzustellen
#und zu erzielen. Die letzte Ursache des Instinctes liegt daher
wohl auch nicht in einem besondern Organe, sondern ist ein»