
stattfindende Gewichtsverschiedenheit noch dann wahr, wenn dér
Unterschied auch nur oder j-'j- des einen Gewichtes beträgt. Hierbei
kömmt esynicht auf die absolute, sondern auf die relative Grösse
des Gewichtsunterschiedes an. Es ist übrigens nicht ganz gewiss,
ob die Vorstellung von der angewandten .Kraft der Muskelzusammenziehung
allein von der Empfindung abhängig ist. Wir haben
eine sehr sichere .Vorstellung und Vorausbestimmung von dem
Mass der vom Gehirn ausgehenden Nervenwirkung, welche nöthig
ist, um einen gewissen Grad der Bewegung hervorzubringen. Ein
Gefäss, ' dessen Inhalt wir nicht keifnen, heben wir mit einem
Mäss von Kraft, die nach einer blossen Vorstellung voraus'bestimmt
und gemessen Avird. War zufällig ein sehr schwerer Inhalt,
z. B. Quecksilber darin, so entfällt uns das Gefäss leicht,
oder .zieht schnell die Hand herab, die es zu heben versuchte,
weil das voraus bestimmte Mass der Züsaipmenziehung oder, der
Nervenwirkung falsch war. Diese Täuschung erfahren wir auch
beim Gehen im Dunkeln auf einer Treppe, indem wir die Bewegungen
für eine Stufe einleiteten, die nicht vorhanden war. Es
könnte wohl möglich seyn, dass die Vorstellung des Gewichtes
und dés Druckes beim Heben und Widerstehen auch zum
Theil nicht Gefühl im Muskel, sondern ein Wissen von dem
Mass der vom Gehirn incitirten Nervenwirkung ist. Die Gewissheit
der Kraftlosigkeit, ein Gewicht nicht ferner halten zu können,
muss auch wohl von dem wirklichen Gefühl der Ermüdung
in den Muskeln unterschieden werden, - •
Bei den Tastvorstellungen, von Empfindungen die mit Bewegung
verbunden sind, drängt sich dieselbe I'dee auf. Die Empfindung
der Bewegung is t1 bei den Bewegungen der Hand sehr
gering und die Menschen, welche die Lage der Muskeln für eine
gewisse Bewegung nicht kennen, ahnden nicht einmal, dass die
Bewegung der Finger am Vorderarm ausgeführt wird. Dennoch
ist die Vorstellung von dem räumlichen Effect der Be\vegung eine
sehr bestimmte, und die dadurch hervörgebrachte Vorstellung von
der Raumerfüllung eines Körpers und' seiner Form hängt gros-
sentheils von der'Vorstellung des Bewegungseffectes ab. Es kann
daher Avohl seyn, dass das Sensorium, ohne dass Gefühle dazu
nothwendig sind, doch die durch willkührliche Bewegung zurückgelegten
Räume zu beurtheilen weiss, aus den Gruppèn von Nervenfasern,
denen der Strom des Nervenprincips zugewendet wird.
Am bewunderungswürdigsten erscheint die Sicherheit des Masses
der Bewegungen oder der sogenannte Muskelsinn, bei allen Bewegungen,
bei welchen das Gleichgewicht des Körpers oder äusserer
von uns gestützter Körper bei sehr geringer Unterstützungsfläehe,
oder gar bei willkührlichen oder unwillkührlichen Bewegungen
unseres ganzen Körpers erhalten wird. -
. Das Tasten ist nichts Anderes, als ein willkührliches Fühlen
mit Bewegungen, wie das'Spüren beim Riechen. Jeder empfindliche
Theil, der durch Bewegungen in verschiedene räumliche Relationen
zu äussern Körpern durch Berührung' treten kann, ist
auch tastend. Das Tasten ist daher keinem bestimmten Theil des
Körpers allein eigen. Allerdings ist die Hand dazu am geschicktesten
durch ihren Bau, namentlich durch die Möglichkeit der
Prbnation und Supination, Avodurch der Raum rotirend durchmessen
wird, durch die Oppssition des Daumens gegen die Hand,
und durch die relative Beweglichkeit der Finger. Ferner
die Fähigkeit zum Tasten von der Feinheit des Gefühls und von
der Isolirung der Empfindung in den Theilchen des empfindlichen
Oreanes äh'. Die regelmässige Furchung der Haut an der Hohlhand
mit Ordnung der Hautpapillen An Reihen muss die Feinheit
des Getostes erhöhen, insofern diese Unebenheiten leichter
die Unebenheiten der Körper entdecken und leichter isolirt davon
afficirt werden. , n ,
Bei der Bildung einer Tastvorsteliung von der Gestalt und
Ausdehnung einer Fläche, multiplicirt die Vorstellung das Mass
der Hand oder des berührenden Fingers so oft, als diess Mass in dem
Raum enthalten ist, den das bewegende Glied beim Tasten zurücklegt
Die Tastvorstellung von räumlicher Ausdehnung wiederholt
diesen Act nach den verschiedenen Dimensionen des
Körpers.
N a c h e m p f i n d u f i g u n d G e g e n s ä t z e d e s G e f ü h l s .
Die Nachempfindungen des Gefühls sind sehr lebhaft und
dauernd. So lange der Zustand dauert, in den der Reiz das Or-
£an versetzt hat, so lange dauern auch seine Empfindungen^ wenn
der Reiz längst entfernt ist. Die schmerzhaften, wie wollüstigen
Empfindungen liefern davon Beispiele. _
Die beim Sehen erörterten Verhältnisse über die Gegensätze
der Empfindungen wiederholen sich bei den Gefuhlsempfindüngen
Wenn man in einer warmen Temperatur zugebracht hat,
so fühlt man die geringste Erniedrigung der Temperatur als
kalt, die sonst noch für Avarm gehalten worden wäre. Ein
plötzlicher Unterschied von einigen Graden Wärme, kann, wenn
die Wärme vorher anhaltend war, bis zum Frieren empfunden .
werden Daher erkältet sich der Mensch in allen Chmaten, auch
den wärmsten leicht. Wärme und Kälte sind relativ. Das Warme
ist der Empfindung kalt, je nach dem Zustand, worin das Organ
ist. Ein Abnehmen eines lange dauernden Schmerzes ist VVohl-
that, wenn die Reizung auch nur bis zu einem Grade sich er-
mässigt, der bei vorher gesunder Stimmung unerträglich erschienen
wäre.
S u b j e c t i v e G e f ü h l s e m p f i n d u n g e n .
Bei keinem Sinne sind die suhjectiven Empfindungen aus von
innen entstandenen Zuständen käufiger, als beim Gefühtssinn. Wollust,
Schmerz, Gefühl der Kälte, Wärme, Leicht.gkeits- und Schwer-
cefübi; Gefühl der Ermüdung u. A.. sind aus mnern Ursachen möglich.
Die Neuralgien, das Schaudergefuhl, das Ameisenlaufen, die im
Schlafe entstehenden spontanen Zustände der Geschlechtsorgane liefern
auffallende Beispiele- Der mit dem Herzschlag verstärkte Strom
des Blutes zu den Organen Avird in fast allen Sinnesorganen emptun