
XXXIV. Werden die Stimmbänder durch Berührung ihres aussern
T/tei/s gedämpft, so geben sie höhere Töne an, gerade' so wie die
Kautschuckbiinder am künstlichen Kehlkopf.
XXXV. Die Länge des Anspruchsrohrs und Ansatzrohrs hat auf
den Ton der Stimmbänder keinen solchen merklichen Einfluss, wie
au f den Ton der Kautschuckzungen. Magendie vermuthet, dass
nach Analogie der Zungenpfeifen von Grenie die Lange der
Windlade am menschlichen Kehlkopf, oder die Länge der Luftröhre
auf die Veränderung des Tons Einfluss haben könne. Die
Versuche am künstlichen Kehlkopf mit Kautschuckbändern uikl
die Versuche am Kehlkopf selbst stimmten in diesem Püncte nicht
sonderlich überein, und die letzteren bestimmen mich der wenig
veränderlichen Länge der Luftröhr« allen Einfluss auf die Veränderung
der Höhe der Töne abzuspsrechen.
Bei Verlängerung des Windrohrs durch verschiedene Stücke
von kleinen zu grossen Dimensionen ist es mir unter möglichst
gleichem Blasen für den Grundton einer bestimmten Spannung
nicht möglich gewesen den Ton um ein merkliches 'zu vertiefen,
was doch gewöhnlich bei Kautschuckzungen, ja sogär Arterien-
hautbäüdern leicht gelingt. In vielen Fällen schien die Verlängerung
und Verkürzung des Windrohrs gar keinen Einfluss auf
die Veränderung des Tons zu haben; in andern Fällen gelang durch
Verlängerung des Windrohrs eine Vertiefung von einem halben,
sebr selten von einem ganzen Ton bei gleich schwachem Blasen.
Auch wenn bei bestimmter Länge des Windrohrs ein Ansätzrohr
vor die unteren Stimmbänder gebracht wurde, war der Einfluss
dieses eben so gering. Die letzteren Versuche sind viel
schwerer als die mit Verlängerung des Windrohrs auszuführen,
weil es schwer ist, ein Ansatzrohr vor den unteren Stimmbändern
anzubinden, und weil sich, wenn diess auch angeht, den Stimmbändern
jetzt schwer eine bestimmte Spannung geben lässt. Auf
folgende Weise gelangt man zum Zweck: Mau binde erst die
hinteren Enden der Stimmbänder durch einen dicht an den Vocal-
fortsätzen der Cartilägines arytenoideae durchgezogenen Faden aneinander.
Hierdurch wird der Anspruch gesichert. Die Fäden der
Ligatur werden rückwärts über die häutig musculöse Zwischenwand
der Cärtilagines artytenoideae herausgeleitet. Kehldeckel,
Ligamenta ary-epiglottica, Santorini sehe Knorpel und die häutige
Zwischenwand zwischen den Cartilagines arytenoideae müssen
bei diesem Versuch zum Anbinden eines Änsatzrohrs von
6 — 8 Linien Durchmesser noch am Kehlkopf bleiben. Der obere
Rand des Schildknorpels hingegen wird zur Erleichterung des
Anbindens des Ansatzrohrs abgeschnitten, Auf das kurze Ansatzstück
können nun neue Ansatzstücke von gleichem Caliber aufgesetzt
werden. Der Kehlkopf wird dann fixirt, die Cartilagines
arytenoideae von hinten durch eine Ligatur genähert und nun
ertheilt man den Stimmbändern von der durch eine kleine Oeff-
nung ausgeleiteten Schnur, womit der hintere Theil der Stimmbänder
zusammengebunden ist, eine bestimmte Tension. Beim
Blasen wird die Oeffnnng, wodurch die Schnur aus der Kehlkopfhöhle
rückwärts abgeht, zugehalten. Bei diesen Versuchen
welche unter die allerschwierigsten gehören, habe ich mich auch
von keinem erheblichen Einfluss der Länge des Ansatzrohrs aut
den Ton der Stimmhänder überzeugen können, wie oft ich die
Versuche auch wiederholt. Die mögliche Vertiefung betrug in
einigen seltenen Fällen auch nur einen halben Ton, viel seltener
gegen einen ganzen Ton, in den meisten Fällen entstand gar
keine merkliehe Veränderung.
Diess scheint ein Unterschied zwischen dem natürlichen und
künstlichen Kehlkopf zu seyn, bei welchem letztem, sowohl
wenn Kautschuckbänder als wenn nasse Arterienhäutbänder angewandt
wurden, die Vertiefung bei Verlängerung des Ansätzrohrs
in den p. 161. erläuterten Grenzen auffallend war. Indessen ist
dieser Unterschied nicht absolut, denn zuweilen, besonders bei
schwierigem Anspruch, bei zu lose oder zu stark gespannten Bändern,
gaben diese auch keine oder nur eine sehr unbedeutende
Vertiefung des Tons bei Verlängerung des Änsatzrohrs oder
Windrohrs. Siehe oben p. 159. Ich habe manche Versuche
darüber angestellt, wovon dieser Unterschied abhängen kann.
Die wahrscheinlichste Erklärung scheint mir diese zu seyn: Am
Kehlkopf kommen hauptsächlich bei einiger Spannung nur die
Schwingungen der Stimmbänder sefbt in Betracht, indem die
Membran, welche den Seitenumfang der Stimmbänder mit
den Wänden des Kehlkopfs verbindet, nicht gespannt wird. Bei
künstlichen Kehlköpfen mit Kautschuckbändern oder Arterienhautbändern
kömmt aber nicht bloss ihre Spannung in zwei Richtungen
an ihrem Rand hm in Betracht, sondern auch der mehr
schlaffe Theil der Kautschuckplatten und Arterienhaut wirkt auf
die Schwingungen des Randtheils ein, wie man an der leisen
Dämpfung dieses Theils sieht. Vermöge dieser grossem Breite
und des Zusammenhanges des gespannten und ungespannten Theils
der continuirlich elastischen Membranen, sind diese auch zu viel
mehr Modificationen von Schwingungen und Tönen bei den von
der Länge des Änsatzrohrs und Windrohrs ausgehenden Bedingungen
fähig, als bei iden Stimmbändern, wo die primitiven
Schwingungen hauptsächlich auf die Stimmbänder beschränkt sind.
Ich dachte, dass vielleicht die membranöse dehnbare Beschaffenheit
des Windrohrs, die Luftröhre am Kehlkopfe auch Antheil
an dem geringem Einfluss der Ansätze hätte. Diess hat sich jedoch
nicht bestätigt, denn wenn ich der Luftröhre ein hölzernes
Rohr substituirte, so erhielt ich keine grösseren Veränderungen
des Tons durch die Ansätze. Vielleicht haben indess die Membranen
zwischen den Knorpeln des Kehlkopfs, in sofern sie vom
Wind ausgedehnt werden, doch einigen Antheil an jener Verschiedenheit
vom künstlichen Kehlkopf, dessen Wände durchgängig
fest sind.
Bei den Versuchen über den Einfluss der Ansätze auf den
Ton der Stimmbänder am Kehlkopf selbst, Schien mir zuweilen
bei einer bestimmten Länge des Windrohrs der Ton weniger gut
anzusprechen als bei anderen, wie solches auch bei den Kautschuckzungen
bemerkt wurde. Es hangt davon ab, dass die Luftsäule
sich nicht gut den Zungen accomodiren kann. W heatstone