
Andere Thiere verschiedener Classen haben zwar eine Flughaut
zwischen den kurzen, sämmtlfch mit Krallen bewaffneten
Fingern, zwischen Oberarm und Vorderarm, zwischen den Armen
und Beinen, aber diese Haut ist hier nur Fallschirm, wie beim
Galeopithecus. Von ähnlicher Art ist die zwischen den vorderen
und hinteren Extremitäten der fliegenden Eichhörnchen (Ptero-
mys), der fliegenden Phalanger (Petaurus) und die zwischen den
verlängerten hinteren Rippen der Amphibien mit Fallschirm,
Draco, ausgespannte Flughaut.
Einige Fische (Dactyiopterus, Exocoetus) vermögen sich, mittelst
ihrer verlängerten Brustflossen, ein Stück über das Wasser
zu erheben.
Kriechen.
Beim Kriechen und Gehen leistet ein fester Körper den Widerstand.
Beide unterscheiden sich nicht wesentlich, als dass
beim Gehen besondere Extremitäten die Last des Körpers sowohl
stützen als projiciren, während beim Kriechen diess nur von aliquoten
Theilen des wurmförmigen Körpers geschieht. Beim Gehen Werden
Winkel der Beine gestreckt und gebogen, beim Kriechen wird
der wurmförmige Körper selbst gebogen und gestreckt. Beide
Bewegungen können sowohl im AVasser als in der Luft als Me—
dium vor sich gehen. Pie Art zu kriechen kann sehr mannigfaltig
seyn. Dem Geben sich annähernd ist dasjenige Kriechen,
wo nur zwei Puncte des Körpers auftreten, die übrigen vom Boden
erhoben sind. Die Blutegel z. B. befestigen das hintere Ende
ihres Körpers an den Boden durch die Saugscheibe, verlängern
den Körper, halten sich dann mit dem vordem Ende an, ziehen
das Hinterende nach, befestigen dann letzteres wieder und strecken
den Körper wieder vorwärts aus. Bei anderen Würmern, z. B.
beim Regenwurm, findet dieses Spiel vielfach am Körper statt,
und so kann auch der Blutegel kriechen. Da giebt es viele Theile,
die sich aufstützen, während andere von der Stütze aus vorgeschoben
werden. Zum Aufstützen dienen entweder sich anlehnende
Ringe oder Borsten, oder Fussstummel mit Rauhigkeiten wie bei
den Raupen. Am merkwürdigsten und räthselhaft ist das Kriechen
der Schnecken auf der Fläche ihres Fusses, besonders wenn
es auf glatten Körpern, z. B. Glas, geschieht. Hier sieht man,
bei ganz gleichmässigem Fortrücken des Körpers auf der glatten
Fläche, nur ein Spiel der kleinsten Theile des muskulösen Fusses
und eine wellenförmige Bewegung über die Fläche des Fusses
hingehen. Da keine anderen Apparate zum Stützen, wie es für
die Bewegung in einer Richtung nothwendig ist, vorhanden sind,
so bewirkt wahrscheinlich die Sohle durch Erheben einzelner
Theile oder Ansaugen, die schnell vorübergehende Fixation, die
bald wieder anderen Theilen übertragen wird.
Das Kriechen der Schlangen ist sehr eigenthümlich, indem
der Körper beständig und schnell in einer horizontalen Wellenlinie
fortrückt, so dass jeder Punct des Körpers dieser Wellenlinie
folgt. Das Stützen und Stemmen geschieht durch Auftreten
mittelst des Endtheils der Rippen, wobei die sich auf-
stemmenden Schuppen nutwirken, während die hinter den Stützpuncten
liegenden Theile gegen die gestützten nachgezogen und
andere vorgeschoben werden.
Gehen und Laufen. (Nach W . und E. W eber.)
Beim Schwimmen wird der Körper ganz oder zum Theil
vom Wasser getragen und seine Kraft grösstentheils nur für die
Projection der Masse in Anspruch genommen. Beim Flug trägt
das Medium den Körper nicht, und es wird so viel Kraft in Anspruch
genommen, dass das jedesmalige Fallen nach einer Projection
wieder aufgehoben wird. Beim Gang wird der Körper
durch seine Kraft getragen und fortbewegt, und das Eigentümliche
dieser Bewegung liegt noch darin, dass der Körper abwechselnd
durch die eine auf "den Boden gestützte Extremität getragen
wird, während er durch die andere projicirt wird. Ein Kahn,
der vom Wasser durch Stemmen eines Stabs gegen den Boden
bewegt wird, würde die eine Hälfte dieser Bewegung repräsen-
tire.n. Was hier das Wasser zum Tragen der Last thut, muss
bei der Bewegung des Ganges in der Luft durch eine Extremität
geschehen. Beim Sprung, wo der Körper auf einen Zeitabschnitt,
durch die ihm mitgetheilte Projection, schwebend erhalten wird,
fällt dieses zweite Moment der Bewegung bis zum Ende des Sprunges
aus. Hier erhält sich der Körper, wie beim Flug, durch
dieselbe Bewegung, die ihn projicirt; während das zur Stütze dienende
Medium verschieden, nämlich fester Körper ist. Am Ende-
der Wirkung eines Flügelschlags wird der Körper des Vogels
durch eine neue Projectionsbewegung vor dem lallen gesichert,
am Ende der Sprungbewegung hindert den Körper die eigene Unterstützung
seiner selbst vor dem Fallen.
Das Mittel, durch welches diese Bewegungen ausgeführt werden,
ist die Streckung zweier in entgegengesetzter Richtung gebogener
Gelenke, namentlich des Fussgelenks und Kniegelenks..
Hierdurch wird die Projection des Schwerpuncts ausgeführt, während
die zweite Extremität die Last gegen das Ende dieser Projection
trägt. Beide Extremitäten wechseln im Tragen und Bewegen
der Last ab. Da diese Bewegungen jedesmal von der Seite
ausgehen, so erhält der Rumpf von der sich streckenden Extremität
nicht bloss den Impuls nach vorwärts, sondern auch etwas
nach der entgegengesetzten Seite. Dagegen fällt der Arm jedesmal
auf der Seite vor, wo die Extremität in der Streckung begriffen
ist.
Die Untersuchungen von E duard W eber über die Gelenke,
und diejenigen von E. W eber und W. W eber über die Bewegungen
des Gehens und Laufens haben uns noeb mit vielen bisher übersehenen,
diese Ortsbewegungen betreffenden, merkwürdigen physi-
kalisohen Thatsächen und ihren Gesetzen bekannt gemacht. Durch
die Entdeckungen dieser Forscher ist die Physik dieser Bewegungen
erst zu einer rationellen Schärfe gebracht worden. Die wichtigsten
Aufschlüsse, welche sie geliefert, theile ich hier in kurzem
Auszuge aus ihrem Werke mit.
Obenan und als Schlüssel zu vielen anderen merkwürdigen
Thatsachen steht die Entdeckung von E. W eber, dass der Schenkelkopf
durch die blosse Schwere der Extremität von der ihm