
unrichtig, indem ein starker Rigor zuweilen vor der Gerinnung
des Blutes eintrete, oder wenn die Gerinnung unvollkommen
sey. Bei Ertrunkenen, wo der Rigor stark sey, Bleibe oft
das Blut flüssig; . .eben so bei Menschen und Thieren, die durch
Blausäure nmgekommen. Gleichwohl erkennt Sommer die Aehn-
lichkeit beider Phänomene an; die Gerinnung des Blutes sey der
Tod des Blutes, der Rigor der Tod der Muskeln. Mir scheint
die Ei’klärung < des Phänomens durch die Gerinnung des Blutes
in den kleinen Gefässen noch keineswegs widerlegt. Es lässt
sich nicht bezweifeln, dass durch die Gerinnung des Blutes und
der Lymphe in den kleineren Blut- und Lymphgefässen sich die
Cohäsion der. Muskeln vermehren müsse, und es frägt sich nur,
ob diese Vermehrung der Gohäsion allein zur Bewirkung der
Erscheinungen des Rigor hinreichtl : Obgleich diess nicht bewiesen
werden kann, so sieht man doch bei dieser Erklärung selir
gut ein, wie in Folge der Gerinnung des Blutes später auch
wieder eine Verminderung der dadurch vermehrten Cohäsion
eintreten müsse. Die Gerinnung des Blutes und der Lymphe ist
nämlich anfangs so, dass die ganze Masse derselben fest und gallertartig
wird. Später, und oft sehr spät erst, zieht sich das Gerinnsel
des Faserstoffs, welches die flüssigen Theile fein vertheilt
einschliesst, so zusammen, dass' das Serum aüsgetriehen wird.
Sobald dieses in dem geronnenen Blute und der Lymphe der kleinen
Gefässe geschehen ist, muss die Cohäsion aller Theile sich wieder
vermindern. Die Gerinnung des Blutes und die Gerinnung
des Fettes nach dem Tode der warmblütigen Thiere machen die
Theile cobärenter, aber nur durch die ersten: wird die vermehrte
Cohäsion später wieder aufgehoben, während das Fett
seinen geronnenen Zustand behält. Ich will indess die Erklärung
des Rigor aus der. Gerinnung des Faserstoffes: im Blute und in
der Lymphe keineswegs als die richtige und als die meinige aufstellen,
vielmehr nur aussprechen,: dass mir der Stand der Sache
als solcher erscheint, dass diese Erklärung für jetzt weder entschieden
bewiesen, noch entschieden widerlegt werden kann.
Sollte sich dereinst sicherer beweisen lassen, dass der Rigor von
einer physicalischen Contractilität der,, absterbenden Muskelfasern
abzuleiten sey, die mit der. Zersetzung äufhöre, so würde das
Phänomen mehr Aelinlichkeit mit der physicalischen, Ziisammen-
ziehung des schon geronnenen Faserstoffs zu einem kleinern und
festem Körper haben.
IV. Capitel. Von dery U rsa c h e n der th ie r i s.chen
; Bewegung.
Bei der Untersuchung der Ursachen der Bewegung von festen
organischen Theilchen muss man zuerst, die Bewegungen
nervenloser Theile und solcher Theile unterscheiden, welche unter
Wechselwirkung der contractilen Gewebe mit dem Nervensysteme
erfolgen. Im ersten Falle sind die Bewegungen der Pflanzen,
und vielleicht einiger nicht musculöser Theile der Thiere.
Im einfachsten Zustande beobachten wir die ersten Spuren
organischer Contractilität an den Oscillatorien, jenen einfachen
unter einander verfilzten Fäden, in denen keine Zusammensetzung
der Structur gesehen wird, und welche aus einer, mit
linear dicht auf einander folgenden Körnchen gefüllten Röhre
bestehen. Diese, Körnchen werden zu gewissen Zeiten der Entwickelung
dieses Vegetabile aus der Röhre ausgestossen, die dadurch
ihre Contractilität nicht verliert. Die oscillatorischen
langsamen, aber deutlichen Biegungen dieser Fäden habe ich
unter dem Mikroskope bei Herrn Mbyen gesehen; sie sind
für die Theoyie der organischen Bewegung wegen der Einfachheit
der Structur von besonderer Wichtigkeit. Wenn
sich diese Fäden zu bewegen anfaugen, krümmen sie sich unmerklich
und langsam nach einer Seite hin, und gehen nach
einiger Zeit wieder zurück und gar zur entgegengesetzten Seite
hin, wobei die im Innern enthaltenen Körnchen vollkommen ruhig
bleiben. Da diese Bewegungen ohne Anziehung von Seiten
nahe gelegener Fäden erfolgen, und da im Innern der Fäden
keine Saftcirculation oder Orts Veränderung der Säfte bemerkt
wird, so können wir uns den Process dieser Contractionen nicht
anders vorstellen, als dass durch eine sich bald, auf dieser, bald
auf jener Seite des Fadens oder der Röhre steigernde Erregbarkeit
die Theilchen der Wände des Fadens .sich annähern, dass
die Wände bald auf der einen, bald auf der andern Seite sich
verdichten, oder dass die Wände bald hier, bald dort mehr
Wasser anziehen, festhalten und damit aufquellen. Die Idee einer.
Kräuselung wird durchaus durch den Augenschein widerlegt.
Die spontanen, auch ohne Reize erfolgenden, rhythmischen
Bewegungen der Blätter des Hedysarum gyrans zeigen uns. dasselbe
Phänomen an einer höhern Pflanze, Auch hier muss“ sich
die Erregung aus innern Ursachf^bald mehr auf- der einen, bald
auf der andern Seite des contractilen Gewebes der Basis der
Blattstiele steigern, und entweder eine Annäherung kleiner Theilchen,
oder ein Aüfquellen der einen und andern Seite von innern
Flüssigkeiten herbeiführen. Bei der auf Reize erfolgenden
Bewegung der Blattstiele der Mimosa pudica durch Krümmung
des Wulstes der Blattstiele ist diese Erregung auch durch äussere
Reize bestimmbar, und es ist hier wahrscheinlicher, dass die
Bewegung durch Anziehung der von D utrochet entdecktem, im
Zellgewebe des Wulstes linear geordneten Kügelchen entsteht,
die selbst wieder nach D utrochet hohl sind. Die Ursachen der
Wimperbewegung der Thiere zu untersuchen,, ist noch lange
nicht der Zgitpunct. Wir kennen nicht einmal den Mechanismus,
durch welchen sie erfolgt. Das einzige, was feststeht und
sie den vorher erwähnten Bewegungen näher stellt, ist ihre grosse
Unabhängigkeit von dem Nervensystem. An diese Bewege ngen,
welche von der Wechselwirkung mit einem Nervensystem unabhängig
sindj schliessen sich einigermassen schon die Bewegungen
im Zellgewebe, oder leimgebenden contractilen Gewebe der
Thiere an, die mit Leichtigkeit auf die das Gewebe selbst treffenden
Reize, namentlich Kälte und Wärme ‘und mechanische