
Saite ist indess diejenige, welche nicht aus der fortschreitenden
hervorgeht, sondern wobei die Saite zwischen ihren Befestigungen
hin und her schwingt, transversale Schwingung. Die Befestigungsenden
sind hier die Schwingungsknoten. Diese Art der Schwingung
erfolgt am leichtesten, wenn man eine Saite zerrt oder
streicht. Eine stehende Schwingung ist auch die transversale
Schwingung ungespannter fester Körper, z. B. der Metallstäbe,
die an einem Ende angehalten werden.
C. V e r d i c h t u n g s x r e i l e n d e r F l ü s s i g k e i t e n , Ga s e u n d f e s t e n
K ö r p e r . '
Bei den Beugungswellen des Wassers findet keine Verdichtung
und Verdünnung statt, und auch bei den Beugungswellen
eines Seils ist die Verdichtung .und Verdünnung nicht nothwendig
mit den Beugungswellen verbunden. Ist das Seil nicht ausdehnbar
oder nicht elastisch, so 'können die Beugungswelleii durch
blosse Verschiebung und das Bestreben der Theile wieder in gerade
Richtung zu gelangen hervorgebracht werden. Meist sind
freilich die Beugungswellen der Saiten auch mit Verdichtung und
Verdünnung verbunden. Das Eigentümliche der Beugungswellen
besteht darin, dass vielen Theilchen eines Körpers zugleich eine
so starke Bewegung in einer auf- die Oberfläche des Körpefrs senkrechten
Richtung ertheilt wird, dass die Oberfläche'sichtbar verändert
wird. Verdichtungswellen hingegen entstehen in allen
Körpern, wenn der Stoss bloss die kleinsten Theilchen des Körpers
successive und eines durch das andere bewegt. Daher nennt
man diese Wellen auch Wellen des, fortschreitenden Stosses. Durch
den Stoss der bewegten Theilchen auf die nächsten findet nothwendig
Verdichtung statt, und diese bedingt wieder hinter
sich Verdünnung. Die sich fortpflanzende Bewegung der Theilchen
ist hierbei so klein, dass eine Veränderung der Oberfläche
der Körper nicht sichtbar wird. So schreitet der Stoss auch
durch eine Reihe von Kugeln fort, während sie ihren Ort behalten.
Die Richtung der Bewegung der Theilchen, welche der verdichtende
Stoss hervorbringt, kann bei einem Stab oder einer
Saite von der Richtung, in welcher die Verdichtungswelle fortschreitet,
verschieden seyn. «Wird z. B. der Stab oder die Saite
a b in der Nähe von a senkrecht auf
seine Länge gestossen, so reissen die bewegten Theilchen die nächsten
in derselben Richtung, d. h. senkrecht auf ab fort, diese
wieder die nächsten, bis zuletzt b bewegt wird; es werden also
successiv alle zwischen a und b liegenden Theilchen in einer auf
ab senkrechten Richtung bewegt oder in Verdichtung gesetzt,
d. h. von a bis b läuft eine Welle, während die Bewegung der
Theilchen durch den Stoss eine ganz andere, nämlich senkrecht
auf ab ist. Wird der Stoss der Mitte des Stabs ertheilt, so läuft
die Welle in zwei Richtungen nach’ a und nach b. Auch in einer
Platte entstehen solche Wellen, wie Savart gezeigt hat. Vergl.
Web e r a. a. O. p. 440.
Die Fortpflanzung des Stosses in Körpern, die einen cubi-
schen Raum ausfüllen, z. B. in Felsen, Wasser und Luftmassen,
geschieht nach allen Seiten. Die Fortpflanzung des Schalls in
allen Körpern geschieht durch Fortpflanzung des Stosses oder
der Verdichtungswelleri.
Wellen, welche in der Luft erregt werden, bestehen in fortlaufenden
Verdichtungen und Verdünnungen. Die verdichtete
Stelle ist der Wellenberg, die verdünnte das Wellenthal. Eine
in einer Röhre fortschreitende Luftwelle prallt, wenn jene am Ende
geschlossen ist,- zurück, und behält zurücklaufend ihre Eigenschaften;
auch an einem offenen Ende prallt die Welle unvollkommen
zurück, nimmt aber dabei, wie die Erfahrung lehrt, entgegengesetzte
Eigenschaften an, indem sie verdünnend wird, wenn sie
verdichtend war und umgekehrt. Die Wellen in der freien Luft
sind kugelförmig. . W eber a. a. O. §. 276.
II. Von den stehenden und fortschreitenden Wellen tönender
Körper.
Tönende Körper schwingen entweder mit Beugungswellen
oder Verdichtungswellen, an tönenden Saiten und festen Körpern
kommen entweder die einen oder die anderen oder beide zugleich
vor.. Tönende Luftmassen schwingen nur mit Verdichtungswellen.
Die Wehem tönender Körper sind theils stehende, theils fortschreitende
.W
ird eine Saite in der Mitte aus ihrer Lage gezogen und
dann sich selbst überlassen, so bemerkt man keine fortlaufenden
Wellen, oder sie sind nicht deutlich. Dagegen schwingt die Saite
in der ganzen Breite der Ausbeugung, oder mit ihrer ganzen
Länge hin und her in transversaler Richtung, wie ein Pendel.
Sie sucht nach der Beugung eine gerade Lage vermöge ihrer
Elasticität einzünehmen, ' aber der Zug, dem sie folgt, wirft sie
auch über die gerade Linie hinaus auf die entgegengesetzte Seite
und so fort bis zu ihrer Ruhe. Diess' ist eine stehende Schwingung
. . . .
Diè Schnelligkeit ihrer Schwingungen oder die Zahl der
Stösse, welche sie der Luft ertheilt, nimmt in umgekehrtem Verhäitniss
mit der Länge der Saite, und im geraden Verhäitniss
der Quadrate der spannenden Kräfte zu, d. h. eine Saite, welche
100 Schwingungen in der Secunde macht, schwingt mit der Hälfte
ihrer Länge bei gleicher Spannung 200 Mal. Bleibt ihre Länge
gleich, und macht sie bei 1 Loth Spannung»100 Schwingungen in
der Secunde, so schwingt sie 200 Mal bei 4 Lotli, 400 Mal bei 16
Loth Spannung.
Zu transversalen stehenden Schwingungen sind auch Stäbe
fähig. Die Zahl der Schwirgungen steht hier in geradem Verhäitniss
mit der Dicke der Stäbe und in umgekehrtem Verhäitniss
mit den Quadraten der Länge der Stäbe.
Unter gewissen Umständen ist ein longitudinales Fortlaufen des
Gipfels der Welle mit einer stehenden transversalen Schwingung