
(während sie bei einer überall gleich dichten Linse später, als
die Randstrahlen *ur Vereinigung kommen). Aber dann dürfte
die Grösse der Objecte nicht wachsen. Wendet man dagegen
ein, dass die Vergrösserung der Gegenstände nur scheinbar sei,
indem man beim Sehen der nahe gehaltenen Schrift ohne die
■ Kartenöffnüng, nur den Kern der Zerstreuungsbilder, nicht aber
die ganze Grösse der Bilder in Anschlag bringe, so wird dieser
Einwurf leicht durch, eine nähere-Vergleichung, der gleichzeitigen
Bilder beider Augen widerlegt, wovon das eine dié ganz
nahen Buchstaben frei, das andere durch die Kartenöffnung
ansieht. Denn die weissen Spatien, sowie die Buchstaben erscheinen
dem letztem grösser, und indem man beide Bilder
nebeneinander sieht, erkennt man, dass auf einen Raum des
einen Bildes, auf welchen 3 Linien Schrift gehen, im andern
Bilde nur 2 geben. L ecat (traité des sens. p. 305.) und P riestley
(Geschichte der Optik p. 391.) leiten das Phänomen von der Beugung
des Lichtes an den Rändern der Kartenöffnung ab und der
erstere beruft sich auf die Veränderung des Umrisses eines fernen
Körpers, den man am Rande eines Stäbchens visirt. Der
Rand des fernen Körpers .erweitert sich nämlieh, wenn man den
vorgehaltenen Stab vorschiebt. Allerdings lässt sich die Schärfe,
womit man die durch eine Kartenöffnung gesehenen allernächsten
Objecte erkennt, durch Inflexion erklären. Bei der Inflexion oder
richtiger Diffraction des- Lichtes wird es nach zwei Seiten hin
von seiner Richtung abgelenkt. Der äussere Theil der am Rande
der Kartenöflhung inflectirten Strahlen fällt noch weiter hinter
die Netzhaut, als es schon die Strahlen von sehr nahen Gegenständen
thun. Diese Strahlen bringen dann gar kein Bild mehr
hervor. Der innere Theil der am Rande der Kartenöffnung in-
flec.tirten Strahlen kömmt nun näher zur Vereinigung, fällt also
nicht mehr hinter die Netzhaut, sondern auf dieselbe und daher
die Deutlichkeit und Schärfe des Bildes, trotz der geringen Menge
des dazu nöthigen Lichtes. Die Grössenzunahme des Bildes
lässt sich aus dieser Theorie nicht gut einsehen.
Es lässt sich mit H enle noch eine andere Erklärung derErschei-
C nun g aufstellen, ab sei
der dicht, vor das Auge
gehaltene Körper, AB
die brechenden Medien,
C die Nervenhaut. Der
Lichtkegel des Punotes
b kommt in e , der
Lichtkegel von a in ƒ
zur Vereinigung. Dann
ist ke der Hauptstrahl des Lichtkegels von b, a f der Hauptstrahl
des Lichtkegels von a. Die Vereinigungspuijete e und f liegen
hinter der Netzhaut, weil das Object dem Auge zu nahe ist. b
wird also mit dem Zerstreuungskreis a'b' gesehen, a wird
mit dem Z&rstreuungskreis aß gesehen. Wird nun das Kartenblatt
mit der kleinen Oeffnung, o zwischen das nahe Object
und das Auge geschoben, so werden die Lichtkegel abgeschnitten
bis auf die Lichtbündel bc und ad, welche durch die Oeffoung
o durchgehen. Das Bild von b wird daher ohne Zerstreuungskreis
in a\ das Bild von a ohne Zerstreuungskreis in ß gesehen.
Die Beugung kann mitwirken, und bewirken, dass das durch
die Kärtenöffnung durchgehende fadenartige Lichtbündel nur einen
Punct auf der Netzhaut darstellt.
Das Bild erscheint grösser, da die Entfernung der peripherischen
Strahlen a und ß beider Kegel grösser ist, als die Entfernung
der Hauptstrablen beider Kegel.
2. K u r z s i c h t i g k e i t , F e r n s i c h t i g k e i t . B r i l l e n u u d O p t om e t e r .
Manche Menschen besitzen das Vermögen der inneren Veränderung
des Auges für das Sehen in verschiedenen Fernen gar
nicht, oder doch so wenig, dass sie nur in .einer bestimmten Entfernung
unterscheiden, kurzsichtige oder fernsichtige sind. Es ist
unmöglich einem solchen zu beweisen, dass das Auge die Fähigkeit
habe sich für das Sehen in verschiedenen Fernen einzurichten,
und SO mag cs T revibanus und noch Andern gegangen seyn. Die
Kurzsichtigkeit wird am häufigsten im mittlern Lebensalter beobachtet.
Im Alter trifft man häufiger Fernsichtigkeit. Man sieht
die Ürsäcfhe. dieser Fehler sehr oft in den brechenden Medien, in
der , Form der Hornhaut und in der That ist die Hornhaut der
Greise flacher als in' der Jugend; aber die Hornhaut der Kinder
ist am gewölbtesten und doch leiden die Kinder, wi,e Volk.manu
bemerkt, nicht häufig an Kurzsichtigkeit. Die Myopie und Presbyopie
mögen richtiger in Hinsicht ihrer nächsten Ursache von
einem Mangel des Accomodationsvermögens oder von grosser Schwäche
dieses Muscülaractes abgeleitet werden. Dann sieht natürlich
das Auge nur in einer bestimmten Sehweite deutlich, welche der
Form der brechenden Medien des Auges' am angemessensten
ist. Dass die Myopie und Presbyopie mehr in der Veränderung
oder dem Verluste des Vermögens der Accomodation liegt, sieht man
daraus,, dass man sich methodisch die Kurzsichtigkeit anerziehen
kann,, wenn man das Fernsehen vernachlässigt. Kinder machen
sich kurzsichtig, dass sie sieh beim Lesen und Schreiben mit ,dem
Gesicht zu dicht aufs Papier legen. Der beständige Gebrauch
des Mikroskops kann kurzsichtig machen und macht es oft vorübergehend
für einige Stunden. Auch die Brillen wirken in dieser
Hinsicht nachtheilig, indem sie das Auge entwöhnen, durch
Accomodation, in der Nähe und Ferne deutlich zu sehen.
Zuweilen haben beide Augen einen andern mittlern Refrac-
tiohszustand fürs ganze Lehen, • nicht immer ein Unterschied
in der Pupille beobachtet wird. Dieser Zustand kann auch
anerzogen werden durch vorzngsweisen Gebrauch des einen Auges
beim Sehen naher Gegenstände, beim Sehen durch das Mikroskop
und dergleichen. Am schnellsten tritt diese Ungleichheit
durch Narcotisation eines Auges ein, vermöge einiger Tropfen
von der Auflösung des Belladonnaextragtes. Siehe oben p. 333. ln
allen diesen Fällen können beide Augen, 'trotz ihres ungleichen
mittlern Refractiouszustandes,. oder ihrer mittlern Sehweite, doch