
lieh seyn auch diejenige Art der Vereinigung zweier von bestimmter
Form beseelten Wesen ins Auge zu fassen, wobei es nicht zur
Verschmelzung zu einer einzigen individuellen Mittelform kommt.
Die Extreme sind hier die Verbindung einer Knospe mit einem
andern Mutterstamm, und die Verschmelzung der Formen beim
Keim und Samen. Der letztem ähnlich ist die Verschmelzung
zweier Knospen oder die Zeugung durch Conjugation.
1. Inoculation der Knospen.
Die meisten Erfahrungen sprechen dafür, dass die auf eiüen
Stamm verpflanzten Schnittlinge oder inoculirten Knospen weder
durch das Subject, auf dem sie wachsen, verändert werden, noch
das Subject seihst verändern. Werden immergrüne Eichen auf
gewöhnliche Eichen gepfropft, deren Blätter im Winter abfallen,
so behält der Impfling die Blätter im Winter. Der Kirschlorbeer-
Laum auf einen wilden Kirschbaum, gepfropft, behält im Winter
seine Blätter, während das Subject sie im Herbst abwirft.. M ey e n
Pflanzenphysiologie 3. 92. Schlechte Sorten von Birnen auf gute
verpflanzt bleiben schlecht und gute auf schlechten gut. Ebend.
Wenn der weisse Jasmin, auf welchem gelber Jasmin gepfropft
wurde, auf denjenigen Zweigen gelbe Blumen brachte, welche
unter der Pfropfstelle hervorkamen, so erklärt das M e y e n so, dass
die letzteren gar nicht dem Subject, sondern den Impfling angehören,
indem der Impfling seine Holzschichten über den Stamm
des Subjectes hinabgeschickt hat, und aus diesem Adventivknospen
hervorbrechen. Die Veränderungen, welche die Impflinge erleiden,
beschränken sich daher hauptsächlich auf Veredlung der
Früchte und solche Veränderungen, welche man auch durch die
Nahrung des Bodens erzielen kann. Dagegen ist gerade die
Pfropfung und Inoculation ein Mittel die individuelle Form der
Pflanze, und seihst Variationen rein und unverändert fortzupflanzen,
welches bei der geschlechtlichen Zeugung viel weniger gelingt,
indem hier die Form in der That von zweierlei Einflüssen
gleich stark bestimmt wird. Die geringe Einwirkung zweier mit
einander durch Verwachsung verbundener Wesen auf einander
zeigt sich auch hei den Thieren und es ist bekannt, dass fortlebende'Doppelmisgeburten,
wie z. B. Rita und Christina verschiedene
Gemüthsanlagen haben können.
2. Conjugation. Knospenpaarung.
Wenn die gegenseitige Veränderung von verwachsenen, individuell
organisirten Wesen nicht möglich ist, so lässt sich
gleichwohl denken, dass zwei noch unentwickelte Knospen nicht
bloss auf einander einwirken, sondern seihst verschmelzen können.
Auf diese Idee wird man durch die an den Hydren gemachten
Versuche geführt. Jeder Theil derselben kann als eine Knospe
betrachtet werden, wenn er isolirt ist. Der Hintertheil eines
Polypen abgeschnitten entwickelt sich zum neuen Individuum, wird
dies Stück aber in Berührung mit der Schnittfläche des Vorderstücks
gehalten, so wächst es wieder an und ist dem Centrum
des Vorderstücks als Theil unterworfen, wie T r em b l e y gezeigt
hat. Diess bringt auf die Idee, dass selbst zwei Stücke einer
Hydra, die noch kein Centrum enthalten, aber sich zu Individuen
entwickeln können, und als individuelle Knospen zu betrachten
sind, wenn sie nahe genug gebracht würden, um verwachsen zu
können, auch wieder eine einzige Knospe seyn würden, die sich zu
einem einzigen Individuum entwickelte. Unter den mannigfaltigen
Variationen der Versuche, welche T r em d l e y anstellte, kömmt auch
dieser Versuch vor. Es ist aber niemals gelungen, die Stucke
vereinigten sich nicht, und es kam also keine der geschlechtlichen
Zeugung vergleichbare Fusion zu Stande. Diese Stücke | hatten
die Fähigkeit Knospen zu seyn, aber hatten sich noch nicht zu
Knospen umgewandelt. Dagegen ist die wirkliche Verschmelzung
zweier Knospen zu einer bei einigen niederen Organismen
beobachtet. „ " „, . . „
Die Conjugation wurde von O. F r . M u e l l e r bei Conferven
beobachtet, und es gehören hierher die Confervae conjugatae,
insbesondere die Gattungen Conjugata und Spirogyra. E h r e n b e r g
beobachtete die Conjugation hei einem Pilse Syzygites, Verh. d.
Gesells. naturf. Freunde zu Berlin. I. B. 1829. Derselbe und M o r r e n
sahen sie bei den Closterien. Zur Zeit der Conjugation zeigen sich
an den Gliedern der Conjugaten knospenartige Auswüchse, die Auswüchse
der nebeneinander liegenden Confervenfäden verbinden sich
und verwachsen mit Resorption der Zellenwände, so dass die eon-
jugirten Glieder mit einander offen communiciren. Siehe M e y e n
a.a.O. Taf.X. F ig .il. 12. Die in den Gliedern enthaltene schleimige
Masse formirt sich zu einem Klumpen, und tritt aus dem einen
der Glieder in das andere hinüber, hier vereinigen sich die Massen
beider Glieder und bilden eine Kugel, die Frucht. M e y e n
ebend.'416. Von den conjugirten Fäden sind einzelne Glieder
die empfangenden, andere hingegen geben ihren Inhalt ab. Vauc
h e r beobachtete, dass die Conjugation auch so erfolgen kann,
dass der Inhalt nach der Conjugation zweier Conferven aus beiden
Zusammentritt und sich in der durch Communication gebildeten
Röhre vereinigt. Siehe M e y e n a. a. O. Tab.X. Fig. 14.15. Ueber
die Conjugation der Closterien siehe M o r r e n Ann. d. sc. nat. T. V.
1836. p. 257. E h r e n b e r g die Infusionsihierchen. Tab. V. VI. Dass
die sich bei der Conjugation verbindenden Massen Knospen und
nicht geschlechtlich verschieden sind, zeigt theils ihre Ueber-
einstimmung, theils aber auch, dass sich auch ohne Conjugation
an den Gliedern der Conferven eben solche Samen oder vielmehr
Knospen bilden, wie die Samen, xvelche durch Conjugation entstehen,
wie nach M e y e n bei den Spirogyren,
3. Die Verschmelzung der Keime und des Samens bei der geschlechtlichen
Zeugung.
Die Conjugation ist, xvie es scheint, eine einfache Verschmelzung
zweier an sich gleicher Knospen. Diese Art der Zeugung
steht offenbar höher als die einfache Knospenbildung. Denn eine
durch Conjugation entstandene Knospe muss an den individuellen
Eigentbümlichkeiten zweier Individuen participiren, während die
einfache Knospenbildung nur das Individuum fortpflanzt. Dies