
624 VII. Huch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Fort pflanz.
in der Mittp getrennten Hälften des Menschen bildlich und mythisch
hingestellt wird.
II. Capitel. Von den G e sc h le c h tso rg a n en .
Die Geschlechtsorgane bestehen in beiden Geschlechtern aus
einem Bildungsorgane, Hoden oder Eierstock, und einem ausführenden
Organ, Eileiter, Samenleiter. Das leitende weibliche Geschlechtsorgan
umgiebt meist das aus dem Eierstoek kommende
Ei noch mit eigenen Secreta, die entweder bloss aus Nahrungsstoff
bestehen oder selbst auch noch die Schale formiren. Es
dient bei vielen Thieren auch zum Aufenthalt des sich entwik-
kelnden Eies, und der dazu dienende Theil des Eileiters wird
dann Uterus genannt. Einen Uterus in diesem Sinn haben die
lebendig gebärenden unter den Fischen, Amphibien, die Säuge-
thiere und der Mensch. Mit dem männlichen leitenden Geschlechtsorgan
sind in vielen Fällen auch noch Secretionsorgane verbunden,
welche ihr Secretum dem aus dem Bildungsorgan kommenden Samen
beimischen. Bei den Thieren, hei welchen eine eigentliche
Begattung mit Befruchtung im Innern stattfindet, sind dem Ende
des leitenden Gescblechtstheils noch die Begattungsorgane beigegeben.
Die wesentlichsten und durchaus allgemeinen Geschlechtsorgane
sind aber nur das Bildungsorgan und der Leitungsapparat.
Für das Verhältniss beider zu einander giebt es für jedes der
beiden Geschlechter zwei verschiedene, auf einander nicht zu re-
ducirende Formen. Entweder nämlich ist der ausführende Ge-
schlechtstheil ein wahrer Ausführungsgang aus den inneren Höhlungen
des Bildungsorganes, und seine Wände hängen continuo
mit den Wänden der Höhlungen des Bildungsorganes zusammen,
oder das Bildungsorgan ist ganz vom Leiter getrennt, und Ei
oder Samen brechen durch die Oberfläche des Bildungsorganes
nach der Bauchhöhle hervor, die dann einen Canal zum Ausfuhren
der Eier oder des Samens'hat. Im letztem Fall ist der Leiter
nicht zunächst Ausführungsgang des Bildungsorganes, sondern der
Bauchhöhle, mag das Product des Bildungsorganes erst in die
Bauchhöhle fallen und dann in den abführenden Canal gerathen,
oder von dem freien, offenen Ende des Leiters in der Nähe des
Bildungsorganes sogleich aufgenommen werden.
Der erste Typus, wo der ausführende Geschlechtstheil die
unmittelbare Fortsetzung des Bildungsorganes ist, ist für die männlichen
Geschlechtstheile bei den Wirbellosen der allgemein herrschende,
und auch bei den Wirbelthieren der bei weitem vorherrschende.
Er findet sich unter den Wirbelthieren beim Menschen,
den Säugethieren, Vögeln, Amphibien und den meisten
Fischen. Für die weiblichen Geschlechtstheile ist dieser Typus
dagegen weniger häufig, er findet sich zwar bei den mehrsten
Wirbellosen wieder, aber unter den Wirbelthieren ist er sehr
selten und kommt nur bei der Mehrzahl der Knochenfische vor,
wo die Eier sich in den Wänden eines hohlen Schlauches bilden,
welcher sich unmittelbar und ohne Unterbrechung in den Eier-
Von den Geschlechtsorganen. 625
leiter fortsetzt, so dass die Eier nach innen vorspringend sogleich
jns Innere des Eileiters hineinfallen, aber von der Bauehhöhle
ganz abgeschlossen sind. fii ;•, i ,
Der zweite Typus, wo der Leiter aus der Bauchhöhle offen
entspringt, ohne Cominunication mit dem Bildungsorgan, ist für
die männlichen Geschlechtstheile der .seltene. Er findet sich nie
bei den Wirbellosen, und unter den Wirbelthieren nur Bei einigen
Fischen, nämlich den Cyclostomen, sowohl den Petromyzon, Am-
mocoetes, als den Myxinoiden, und ferner bei den Aalen. B athre
hat diese merkwürdige Eigenthümlichkeit bei den meisten der
genannten entdeckt. Bei dem männlichen Petromyzon hängen
die Hoden als feinzeilige Organe an der Wirbelsäule. Im Mai
findet man die Bauchhöhle der Männchen voll flüssigen Samens
und drückt man auf die Bauchhöhle, so fliesst er in einem Strome
aus einer am After gelegenen Papille heraus. Der Canal zur
Ausführung des Secretes aus der Bauchhöhle ist äusserst kurz,
und ist nicht in einen freien Leiter im Innern der Bauchhöhle
ausgezogen. Ganz ähnlich wird der tarnen bei den Myxinoiden,
und Aalen ausgeführt. R athe Beitr. zur Geschichte der Thierwelt.
T. 2. Muell. Arch. 1836. 176. *). }{ , _ .
Die Trennung des Eierstocks vom Eierleiter ist bei den Wir—
beilosen sehr selten, und ist meines Wissens nur von S ieb old
an Echinorhynchus beobachtet, wo ein besonderer Eieneiter sich
trichterförmig in die Bauchhöhle öffnet, und die in die Leibeshöhle
gerathenden Eier gleichsam verschluckt, um sie nach aussen zu
führen. Bei den Wirbelthieren ist dagegen dieser Typus herrschend,
mit Ausnahme der meisten Knochenfische, wo er fehlt.
Er beginnt hier als eine einfache Oeffnung der Bauchhöhle bei
den Cyclostomen, Aalen, Cobitis taenia, Salmonen. Bei^ dem weiblichen
Petromyzon ist die Bauchhöhle im Mai voll Eier, und sie
fliessen stromweise beim Druck auf die Bauchhöhle aus jener
Oeffnung aus. Beim Stör, Acipeuser sturio können die Eier durch
die Oeffnungen der Bauchhöhle abgehen, oder auch durch einen
Trichter, der sich aus der Bauchhöhle in den Harnleiter bei beiden
Geschlechtern öffnet. Beim Hausen und mehreren anderen Störarten
fehlen die Oeffnungen der Bauchhöhle, und sind nur die
Trichter vorhanden. Bei den Haifischen und Rochen, den Amphibien,
Vögeln, Säugethieren ist der kurze Ausführungsgang der
Bauchhöhle der Cyclostomen in eine lange Röhre, den Eileiter
ausgezogen. Das in die Bauchhöhle offene Ende dieser Röhre
liegt entweder dem Eierstock nahe, wie beim Menschen, den
Säugethieren und Vögeln; bei den Seehunden, Fischottern und
Mustelen ist der Eierstock sogar mit einer ^ capseiförmigen Er-
¥) Die männlichen und ■weiblichen Haifische und Rochen haben zwar auch
eine doppelte Oeffnung der Bauchhöhle neben dem After, u nd ich ver-
muthete daher früher, dass diese bei den Männchen auch zur Ausführung
des Samens aus der Bauchhöhle dienen, weil TrevirAKUS und ich keine
Verbindung zwischen dem Hoden und dem Nebenhoden, der sich nach
aussen mündet, finden konnten. Ich habe jedoch später diese Veibin-
dung durch unmittelbare Communicationen zwischen Hoden u nd Nebeohoden
gefunden. Muell. Archiv 1836. Jahresbericht 89.