
Materie durch äussere Einwirkungen, wie Wanne und Luft. Ohne
diese Hiillsmittel vermag der Keim nicht die umgebende Materie
anzueignen, weil sie nicht geschickt ist, sich mit der Materie des
Keims zu vereinigen, und die nöthige chemische Beschaffenheit
nicht erhalten kann. Das Lebensprineip kann daher seihst im
Keime latent oder potentia vorhanden seyn, wie die. Seele des
schon organisirten und belebten Körpers,, in den Theilen des
Körpers ausser dem Gehirn ist.
Aus den letztem Bemerkungen erhellt, in welchen Puncten
das Lebenspräncip und die empfindende Seele in ihrem Verhält-
niss zur Materie übereinstimmen und abweichen. Beide sind nicht
aus Theilen zusammengesetzt, aber mit der Materie theilbar, beide
können latent seyn. Das Lebensprineip bedarf zu seiner Aeusse-
rung in der Materie, wo es, vorhanden ist, nur der chemischen
Mitwirkung äusserer Einflüsse. Die empfindende und vorstellende
Seele bedarf der schon organisirten Materie und der Organisation
des Gehirns.
Der Keim und das Junge unterscheiden, sich von dem erwachsenen
Organismus nicht bloss, dass jene noch nicht vollständig
organisirt sind, der Erwachsene aber in der Organisation vollendet
ist, und dass die Organe im Erwachsenen ausgedehnter, als i,m
jungen Wesen sind. Der wesentliche Unterschied zwischen dem
Keim und dem erwachsenen, zeugungsfähigen und proliferirenden
Organismus besteht vielmehr auch, darin, dass der Erwachsene
ein Multiplum des, Keimes ist; und daraus wird erst erklärbar,
dass ein Tbeil des Multiplums sich wieder, ablösen und der
Stamm zu einem neuen Multiplum werden kann, während der
Best des mütterlichen Organismus nicht die Fähigkeit zur fernem
Organisation verliert.
Dass die Pflanzen beim Wachsen ein Multiplum des Keimes
bilden, ist am leichtesten zu beweisen. Denn die Theile, welche
sie während des Wachsthums bilden, sind beständige Wiederholungen
von gleichen Gliedern, bei allem weitern Sprossen werden
immer neue analoge Theile, Stengel und Blätter erzeugt, alle
Sprossen zusammen sind ein Multiplum des sprossenden, in Stengel
und Blätter zerfallenden Keimes.- Der Stamm der erwachsenen
Pflanze enthält in den Gefässen, die zu allen Sprossen hingehen,
gleichsam die Summe aller ihrer Stengel und nimmt daher an
Stärke zu, in dem Verhältniss, als neue Sprossen sich bilden.
Jeder sprossende Zweig ist schon ein Multiplum des sprossenden
Keims. Natürlich muss also der abgelöste und in die Erde gesteckte
Zweig ein neuer Stock für die Multiplication werden.
Die Corallenthiere bilden auch Sprossen'und diese entwickeln
sich zu Multipla des aus dem Ei keimenden Polypen.
Bei den Würmern liegt diese Vermehrung durch das Wachs-
th um zwar nicht so deutlich vor. Augen, es.kann aber dem Wesen
nach auch das Analoge gezeigt werden. Es ist bekannt, dass
manche Würmer durch das Wachsthum die Zahl ihrer Ringe vermehren.
Dié jungen Bandwürmer haben nobh so wenig Glieder,
dass sie mehr dem Kopftheil eines Bandwurms, als einem ganzen
Bandwurm gleichen. Sind nun gleich die reifen Glieder des
Bandwurms keine formeMen Wiederholungen des jungen Bandwurmes
so zeigt sich die Multiplication doch darin, dass die reifen
Glieder sämmtlich besondere Eierstöcke bilden und in «nza1^
lken Keimen den ersten Keim, aus dem der ju n g e Bandwurm
entstand, wiederholen. Die Naiden theilen sich sogar von selbst,
wenn sie eine gewisse Grösse erreicht haben, und die Theile or-
ganisiren sich slhon zu einem Organismus, ehe die Thebing e n-
tritt. Die Vorticellen theilen sich der Lange nach. Die Plananen
und Hvdren können getheilt werden.
Daraas, dass die Stück, der zerschnittene. Hydra n,eit schon
den Bau einer ganzen Hydra haben, aber ihn bald von selbst in
sich bilden, folgt, dass die Muttiplication nicht bloss als ein Vermehren
analoger Formen mit analogen Kräften anzunehmen ist,
sondern “ eh virtuell stattfindet, indem ungleiche Formen gleiche
virtuelle Eigenschaften haben. Hiervon lasst sich der Leber gang
zu den höheren Thieren machen, welche zwar nicht durch The-
lung zeugen und nicht getheilt fortleben, gleichwohl aber ein vir-
ueües Multiplum ihres Keimes sind. Hier kann sich ein Thed
des Multiplums entwickelungsfähig nur dann ablosen, wenn er sich
als Keim oder unentwickelt isolirt. In der Zeugung von eim ,
die wieder zu Multipla heranwachsen, zeigt sich derselbe r ,
dessen Variationen hier summarisch angeführt sind. Bei dem
Theilen, Sprossen, Zeugen, theilt sich nun, wie vorher gezeigt
worden, das Lebensprincip und psychische Pnncip. ,
Und so entsteht nun zuletzt die Frage, wie ist es möglich,
dass sich durch das Wachsthum eines organischen Wesens em
Multiplum seiner organisirenden Kraft bildet, und wie is mi
fe r ehm Theilungsfähigkeit des psychischen Pr,ncipes zu vers ehen?
Liegt es in der Natur des Lebensprincips und der Seele als Potenz
dass sie durch Vertheilung auf mehr Materie und du
Thei’lung an Kraft nicht vermindert werden können, oder entsteh
durch das Aneignen von mehr Materie in emem
ganismus auch mehr von lenen Principien, so dass d^ se ™ nc
pien in dem Nahrungsstoff schon latent vorhanden sm ^ aber a
der Materie, in der sie sind, erst in den organischen Wesen zur
ETS% t " 2 t e r e 7 o p a h m e scbliesst auch eine zweite, nothwendig
in sich, dass das Princip des Lebens und der Seele in aüer Materie
latent vorhanden seyen, denn wenn Thiere bloss von Pflanzen
leben können, so können Pflanzen die organische Materie aus den
unorganischen Stoffen vermehren, und ohne eme solche! neue Bildung
von organischer Materie wurde diese zuletzt §J * z^sefet
werden, wegen des Faulens und Verbrennens so vieler Matenen,
die, nicht'als Nahrung in organische Wesen eingehen.
Weiter als bis zu dieser Alternative lasst sich die Unte -
chung über das Verhältniss des Lebensprincips und der Seele: zur
Organisation und zur Materie auf eriahrungsimatisigem Weöe u
führen. Von hier an entfernt sich die Untersuchung vondem
Gebiete der empirischen Physiologie und geht *n das ^ s y n thetischen
Speculation und Philosophie über. In dei ganzen .-
herfeen Entwickelung der physiologischen Doctrin haben wir eine