
den Genitalien, geringer in der weiblichen Brust, in den Lippen,
in der Haut und in den IMuskeln.
Die Empfindung des Schmerzes scheint durch die Heftigkeit
der Gefühlsurregung bestimmt zu seyn.
Das Gefühl der Wärme und Rälte entsteht am leichtesten
durch Veränderung des Zustandes der Materie in den thierischen
Th eilen, vermöge der physicalischen Wärme, aber oft auch entsteht
das Gefühl der Wärme und Rälte, wo sie mittelst des Ther-
mpmeters nicht nachweisbar sind, durch eine Verstimmung in
den Nerven, und die plötzliche Empfindung der grössten Rälte
und der Verbrennung scheinen sich sehr ähnlich zu seyn.
Bei der Vergleichung der Temperaturen ungleicher Medien
durch das Gefühl kömmt übrigens auch die Mittheilungsfähigkeit
der Rörper für die physicalische Wärme in Betracht. Dieselbe
Temperatur wirkt sehr viel stärker auf unsere Haut, und wird
viel wärmer gefühlt, wenn es Wasser als wenn es Luft ist. Kaltes
Wasser erscheint auch kälter als Luft von derselben Temperatur,
weil das Wasser die Wärme unserem Rörper schneller
entzieht.
~~ G e f ü h l u n d V o r s t e l l u n g .
Eine Gefuhlsempfindung wird immer dann bewusst, wenn
das Sensorium commune darauf aufmerksam ist. Ohne diese Intention
kann der organische Vorgang der Empfindung vorhanden
seyn, aber sie wird nicht bemerkt. Durch; die Intention der Vorstellung
erhält eine Gefühlsempfindung auch grössere Schärfe und
Intention. Eine schulerzhafte Empfindung ist um so schmerzhafter,
je mehr sich die Aufmerksamkeit-darauf richtet. Eine an sich
unbedeutende Empfindung kann auch durch die Vorstellung eine
sehr lästige Dauer erhalten, wie die Empfindung des Juckens an
einer ganz-beschränkten Stelle der Haut. Wenn Jemand beim
Sprechen Theilchen Speichel umherspritzt, die uns im Gesichte
treffen, so wird die Empfindung davon durch die Vorstellung des
Speichels sehr gesteigert und dadurch langwierig.
Durch die Mitwirkung der Vorstellung und den Gebrauch
der schon gewonnenen Erfahrungen kommen'wir. dahin, das Empfundene
bald in uns, bald ausser uns zu setzen. An und ffir sich
kann man nur den in den Nerven vorhandenen Zustand empfinden,
mag er von aussen oder innen erregt seyn. Fühlen wir etwas
an, so fühlen wir nicht das äussere Ding selbst, sondern nur
die Hand, welche das Ding berührt, die Vorstellung der äusSern
Ursache bewirkt, dass wir das Empfundene den Rörper selbst
nennen. Wie die Vorstellung von: der Aussenwelt als dem eigenen
Rörper entgegengesetzt zuerst erworben werde, ist schon
oben p. 355. auseinander gesetzt. Vorstellung von fühlbaren Gegenständen
beruht in letzter Instanz auf der Möglichkeit die verschiedenen
Theile unseres Körpers als räumlich verschieden zu
unterscheiden. Diese Unterscheidung wird durch den Gebrauch
des Sinnes lebhafter und sicherer. Sie erlangt bei dem Erwachsenen
einen solchen Grad von Gewissheit, dass wir selbst bei einer
gezwungenen Lageveränderung unserer Körpertheile, wenn
wir nicht auf diese Lageveränderung aufmerksam sind, uns die
Gefühle dieser Theile in der relativen Ordnung vorstellen, welche
die fühlenden Theile im naturgemässen Zustande haben. Daher
die schon Aristoteles bekannte Erfahrung, dass ein zwischen
zwei übereinandergelegten Fingern derselben ,Hand rollendes Rügelchen,
wie zwei entgegengesetzte Rugelflächen,^ die verschiedenen
Rugeln anzugehören scheinen, empfunden wird.
' Die Ausdehnung einer Gefühlsempfindung über eine grosse
Oberfläche erscheint der Vorstellung ceteris paribus als intensiverer
Eindruck, als . wenn nur ein .kleiner Theil diese Empfindung
b a t, W eber fühlte warmes Wasser mit der ganzen darin getauchten
Hand wärmer, als wärmeres Wasser, in das er nur einen Finger
der andern Hand getaucht hatte. Aehnliche Erfahrungen macht
man beim Baden in warmem und kaltem Wasser.
Da jede Empfindung mit einer Vorstellung verbunden ist
und eine Vorstellung zurücklässt, welche reproducirt werden kann,
so kann auch ' eine Vorstellung von einer Empfindung mit^ einer
, wirklichen Empfindung verglichen werden. So fühlen wir ein
Gewicht schwerer'öder leichter, als ein anderes, welches wir
vorher empfunden haben, und wovon wir zur Zeit des Fuhlens
des zweiten Gewichtes nur noch die Vorstellung haben. Ti. H.
W eber konnte sogar den Unterschied zweier Gewichte oder zweier
Temperaturen deutlicher wahrnehmen, wenn er sie nach einander
empfand, als wenn sie zu gleicher Zeit von verschiedenen Händen
empfunden wurden. Die Fähigkeit der Vergleichung verliert sich
aber mehr und mehr, je'mehr Zeit zwischen der ersten und
zweiten Empfindung verstreicht.
.G e f ü h l u n d B ew e g u n g .
Ein gewisser Grad von Gefühlsempfindung ist auch den Muskeln
eigen, bei krankhafter Affecdon der. Muskelnerven kann er
sehr'gesteigert seyn. Diese Empfindung steht nicht immer in
geradem Verhältniss mit der Zusammenziehung der Muskeln und
schon daraus ist es wahrscheinlich, dass es nicht derselbe Act in
denselben Nervenfasern ist, welcher die Bewegung und die Empfindung
in den Muskeln .hervorruft. So z. B. kann die Empfindung
von Rrampf der Wadenmuskeln sehr heftig und die
Bewegung dabei äusserst gering seyn. Dasselbe beobachtet man
zuweilen in dem Musculus digastricus maxillae inferioris heim
Gähnen. Bei einer Disposition zu wiederholtem Gähnen tritt zuweilen
nach einem sehr heftigen,Gähnen ein Rrampf im vordem
Bäuch jenes Muskels ein, der äusserst schmerzhaft ist. Dann hat
aber die Bewegung des Gähnens schon aufgehört und die krampfhafte
Bewegung ftt viel geringer, als sie während des Gähnens war.
Die Empfindung der Zusammenziehung in den Muskeln macht
uns geschickt, die Rraft der Muskeln beim Widerstand gegen Druck
und beim Heben der. Gewichte zu vergleichen. Diese Empfindung
der Gewichte ist nach W eber schärfer als die ihres einfachen Druk-
kes., Nach E. H. W eber nimmt man eine zwischen zwei Gewichten