
Eine doppelte gleichzeitige Leitung, verschiedener Art muss natürlich
den Eindruck verstärken. Die Gesetze dieser Leitung
sind bisher nicht ermittelt. Hier wird dieser Gegenstand einer
ebenso ausführlichen Untersuchung unterworfen, wie das Hören
im Wasser.
Um den akustischen Werth jedes Organtheils kennen zu lernen,
muss man sie in ihrer stufenweisen Entwickelung studiren.
a. L u f t t h i e r e o h n e T r om m e lh ö h le '.,.
Die Luftthiere ohne Trommelhöhle sind fast nie auf die blosse
Leitung durch die Kopfknochen angewiesen. Die Mittheilung
von der Luft an- feste Theile ist zu schwach, als dass sie genügen
könnte. Fast alle Luftthiere, auch diejenigen ohne Trommelhöhle,
haben Fenster, welche zum Labyrinth führen, und hei den letztem
sind sie von Haut und Muskeln bedeckt. Nur bei Rhinophis und
Typhlops fand ich keine Feilster und Gehörknöchelchen.
I. Schallwellen, welche aus der Luft ins Wasser übergehen, erleiden
eine beträchtliche Verminderung ihrer Intensität, gehen aber
mit der grössten Stärke von der Luft zum Wasser durch Vermitter
lung• einer gespannten Membran über.
Dieses ist das Grundphänomen, .von. welchem wir ausgehen.
Der einfache Beweis ist in dem Versuche gegeben, dass die Töne einer
Pfeife, die mit ihrem Ende in Wasser getaucht wird, auch wenn die
Schallwellen senkrecht auf das Wasser stossen, nur sehr schwach
aus dem Wasser mittelst des an die verstopften Ohren gehaltenen
Conductors gehört werden, dass der Ton aber sehr stark ist,
wenn das ins Wasser getauchte Ende der Pfeife mit einer dünnen
Membran geschlossen ist. Hierdurch ist sogleich die Wirkung
des runden Fensters und seiner Membran klar. Es vermittelt
die intensive Leitung der Schallwellen; ans der Luft an das Labyrinthwasser,
mag eine Trommelhöhle vorhanden seyn oder nicht.
Liegt auch die dünne Membran des runden Fensters nicht frei
an der Oberfläche, sondern ist bei den Schlangen von Haut und
Muskeln bedeckt, so sind doch diese Bedeckungen kein wesentliT
ches Hinderniss! Auch wenn man den Verschluss der Pfeife aus
mehreren Lamellen von Schweinsblase macht, und das Ende in
Wasser gesetzt, den tiefsten Ton der Pfeife anblässt, kann man
den Ton im Wasser mittelst des Conductors sehr viel stärker
hören, als wenn die Pfeife durch einen eingesetzten Stopfen geschlossen
war. Diese eigentbümliche Wirkung der Membranen hängt, wie
man leicht einsieht, nicht bloss von ihrer Dünnheit, sondern von
der Verschiebbarkeit und Elasticität ihrer Theilchen ab. Bei einem
festen Körper wird die Mittheilung des Schalles aus der
Luft an ihn gleich geschwächt, mag er dick, oder dünn seyn.
Denn das Hinderniss findet bloss beim ersten Üebergang statt.
Eine Membran kann daher bei jenen Wirkungen nicht bloss unter
dem Gesichtspuncte eines sehr dünnen Körpers aufgefasst1 Werden.
Von ihrem eigenen ausdehnungsfähigen Zustande hängt es ab,
• dass sie die Lüftwellen leicht aufnimmt, als wäre sie selbst Luft,
und leicht an das Wasser abgiebt, als wäre sie Wasser.
Durchnässung der Membranen ist übrigens zu jenen Erscheinungen
nicht nöthig, die Membran am- Ende der Pfeife kann auch
trocken seyn, - die Mittheilung ist auch dann schon sehr stark,
ehe sie im Wasser aufgequollen ist. Diess ist wieder auf die
Membran des runden Fensters bei den Thieren mit Trommelhöhle
anzuwenden. : i ■
II. Schallwellen gehen aus der Luft ohne merkliche Veränderung
ihrer Intensität an Wasser auch'dann über, wenn die vermittelnde
gespannte Membran mit dem grössten Theil ihrer Fläche an einem
kurzen, festen Körper angeheftet ist, der allein das Wasser berührt.
Dieser Sätz erläutert die Wirkung des ovalen Fensters, und
seiner beweglich eingesetzten Steigbügelplatte bei den Luftthieren
ohne Trommelhöhle und Trommelfell, wie hei den Bombinatoren
Und Schlangen. Auf die Membran, welche ich locker über das
Ende der Pfeife gespannt, leimte ich einen Korkstopfe,i auf, welcher
Zoll läng und so breit war, dass er die Membran bis auf
eine Linie vom Rande bedeckte. Wurde nun das Ende der Pfeife
ins Wässer gesenkt und der tiefste Ton angeblasen, so hörte ich
mittelst des gegen die Richtung der Pfeife im Wasser gehaltenen
Conductors bei verstopften Ohren fast denselben starken Ton, wie
wenn die . Pfeife mit blosser Membran geschlossen ist. Sogleich
wird der-Unterschied bemerklich, so wie der Condüctor aus der
Richtung der Pfeife und des Stopfens kömmt, dann ist der Ton näm- '
lieh viel schwacher. Wurde hingegen das Ende der Pfeife durch
einen Stopfen ganz zugestopft und das Ende ins Wasser gesenkt,
die Pfeife angeblasen, so war in der Richtung der Pfeife keine
merkliche Verstärkung zu'vernehmen, und derselbe Stopfen war
nun ein Hinderniss, der die starke Schallleitung zulässt, wenn
er begrenzt "und mittelst eines Saumes" von’ Membran beweglich
ist.
Es geht aus diesen Beobachtungen hervor, dass beide Fenster,
das von Membran geschlossene und- das mit beweglichem
Steigbügel geschlossene, Sehr gute Leiter für die Mittheilung der
Schallwellen an das Labyrinthwasser sind.
Von den in der Luft lebenden Thieren ohne Trommelhöhle
haben die Bombinatoren, die Landsalamander und die Goecilien
nur das mit dem Deckel geschlossene; die Schlangen hingegen
haben beide Fenster.
b. T r o m m e l f e l l u n d G e h ö r k n ö c h e l c h e n .
III. Schon ein kleiner fester Körper, der beweglich durch einen
häutigen Saum in ein Fenster eingesetzt ist, leitet die Schallwellen
von der Luft zum Wasser (oder,Labyrinthwasser) viel besser, als andere
feste Theile. Diese Leitung wird aber noch viel mehr verstärkt,
wenn der solide, das Fenster schliessende Leiter an der Mitte einer
gespannten Membran befestigt ist, die von beiden Seiten von Luft
umgeben ist.
Luftschwingungen gehen schwer an feste Körper, und mit
einer beträchtlichen Verminderung ihrer Intensität über. Eine
Membran wird aber leicht dadurch in Bewegung gesetzt. Schon