
tante die Schwingung des ganzen Körpers zwischen seinen Enden
oder zwischen seinen Schwingungsknoten hervorhringen. P ellisov
behauptet das Gegentheil, dass der Ton von der Schnelligkeit,
mit der die kleinsten Theile der Saite, Luftsäule, Stäbe, Scheiben
u. s. w. schwingen, abhänge. Die Schwingungen der ganzen
Saite, Luftsäule, Scheibe oder ihre grossen Abtheilungen kommen
hierbei bloss in sofern in Betracht, als ,sie bestimmend für die
Schnelligkeit der Molecularschwingung wirken. Daher würde kein
Ton entstehen, wenn eine Saite transversal schwänge, ohne dass
die einzelnen Molecule Schwingungen machen, (d. h. ohne die
fortschreitenden und zwischen den Knoten sich hin- und herbewegenden
verdichtenden Wellen.) P ellisov a. a. O. F echner Repertorium
der Experimentalphysik. I. B. 256.
Wenn man auch die Annahme von dem Unvermögen dër
Transversalschwingungen der Saiten Töne zu erregen nicht für
erwiesen halten kann, so lässt sich doch aus der Gleichzeitigkeit
der Tränsversalschwingungen und der hm und her fortschreitenden
verdichtenden Wellen in einem tönenden Körper die gleichzeitige
Entstehung mehrerer Töne sehr gut begreifen. Eine Saite giebt
ausser ihrem Grundton leicht noch einen andern leisen, damit
harmonischen Ton, die' Quinte oder Terze der höhern Octave.
Bekannt sind auch die mitklingenden Töne einer Glocke.
In der Luft der Pfeifen hat man es gar nicht mit Transversalschwingungen,
sondern bloss mit fortlaufenden und zurücklaufenden
verdichtenden Wellen zu thun. Das fortdauernde Blasen
hat. einen intermittirenden Erfolg. Die Zahl der Wellen in gewisser
Zeit, oder was dasselbe ist, die Dicke der Wellen hängt
ab von der Länge der Luftsäule der Röhre.
Beim ruhigen Anblasen der gedeckten Pfeifen entsteht der
Grundton derselben, bei welchem der Schwingungsknoten am
Ende der Luftsäule liegt. In der offenen Pfeife liegt der Schwingungsknoten
in der Mitte, und der Ton ist um eine Octave höher.
Durch stärkeres Blasen erzeugt man noch andere Abtheilungen
und daher höhere Töne. Siehe oben p. 138. ,
In Hinsicht der für dié musikalischen Instrumente geltenden
Gesetze muss ich übrigens auf die Lehre von der Stimme verweisen,
in welcher die Theorie der musikalischen Instrumente gegeben
ist.
Zuletzt ist noch der Unterschied von Schall, Knall, Geräusch,
Ton und Klang auseinanderzusetzen. Jede Impression auf das
Gehörorgan von einer ihm mitgetheilten Welle, oder mehreren
Wellen ist ein Schall. Ein einmaliger Stoss bringt einen einfachen
S ch a ll hervor, der, wenn er stark ist, Knall genannt wird.
Die Stärke des Schalles hängt ab von der Grösse der Schwingung der
Theilchen. Die Qualität des Schalles kann sehr verschieden seyn.
Holz, Pappe, Metall haben eine andere Qualität des Schalles. Die
Qualität des Schalles scheint theils von der Form der Welle, theils
von der Gleichzeitigkeit verschieden schneller Wéllen abzuhängen.
Ein und derselbe Körper kann, wenn er ungleiche Elasticität in
verschiedenen Richtungen besitzt, auch an verschiedenen Orten
verschieden schnelle Wellen beim Anstöss hervorhringen, welche
mehr oder weniger nach einander von dem schallenden Körper
in den schallleitenden Körper abgehen, und diesem eine zusammengesetzte
Welle von eigenthümlicher Form mittheilen. Diese
zusammengesetzte Welle, oder diese Summe von Wellen kömmt
in derselben Ordnung und Form am-Gehörorgan an, als sie in
das schallleitende Medium überging, da alle Schwingungen mit
gleicher Geschwindigkeit von einem schallleitenden Körper fortgepflanzt
werden. E iseseoxir Lehrbuch d. Physikv 151. Zür Qualität
des Schalles trägt auch bei, dass ein Körper eine transversale
und longitudinale Schwingung zugleich machen kann. Die
Seite wird) nahe ihrem Ende, abgezogen, und sich selbst Überlasseny
transversale Schwingungen mit ihrer ganzen Länge machen
, während zugleich der Gipfel des Wellenbergs abwechselnd
von einem zum andern Ende läuft, jedesmal bei dem Wechsel zur
andern Seite der Saite umkehrend. Daher ist die Qualität des
Schalles einer und derselben Saite bei gleicher Länge und Spannung
etwas verschieden, je nach der Stelle, wo sie angezogen wird.
Die Form der Welle wird endlich nach P ellisov und E isehlohr
durch die Dicht-gkeit des schallenden Körpers modifieirt. Bei
' einem dichten Körper ist die Ausweichung der Schwingung geringer,
als bei einem weniger dichten Körper. Die Lufttheilchen,
welche ihn berühren, werden gleichzeitiger von ihm abgestossen,
und der verdünnte Luftraum, den er bei seiner Zusammenziehung
zurücklässt, ist schmaler. Bei ungleicher Dichtigkeit des schallenden
Körpers muss endlich auch die der Luft mitgetheilte Verdichtung,
und die folgende Verdünnung ungleich seyn.
Folgen sich mehrere Wellen aufeinander, so entsteht ein
mehr oder weniger anhaltender Schall, der bald ein Rauschen,
bald ein Ton ist. Eine Folge von gleichen oder ungleichen Schallen
in ungleichen Zeiten bedingt das Geräusch. (Rasseln, Scharren,
Brausen etc.) Eine Folge von einfachen Schallen oder Geräuschen
in gleichen Zeiten wird, so lange die einzelnen Acte
noch unterschieden werden, noch nicht als Ton, sondern als
schwirrendes Gesumme vernommen. Werden die einzelnen Acte
nicht’ mehr unterschieden, so entsteht der Ton, dessen Höhe verschieden
ist nach der Schnelligkeit, womit die einzelnen Stösse
auf einander folgen. Diess hört man an dem SAVART’schen Rad,
dessen Zähne Geräusche hervorbringen, so lange die Stösse'unterschieden'werden.
Bei schnellerer Folge summiren sich die
Geräusche zum Ton, obgleich das Geräuch noch durchgehört
Werden kann. Daher wird nicht bloss eine regelmässige Folge
von einfachen Wellen, sondern auch eine regelmassige Folge von
sehr zusammengesetzten oder Geräuschwellen zum Ton. Ein klangvoller
Ton ist derjenige, der durch einfache,. hinlänglich starke
Wellen, ohne unregelmässige Zwisehenwellen oder Geräusche hervorgebracht
wird. Die Qualität des Klanges oder das Timbre eines
Tons wird durch dieselben Ursachen bedingt, wie die Qualität
des einfachen Schalles, beim Ton kommt nur die regelmässige
Suceession der Wellen hinzu.