
Die Gewebe des thierischen Organismus theilt Schwann in
Beziehung auf ihre Entstehung in fünf Klassen:
I. Isolirte selbstständige Zellen, die entweder in Flüssigkeiten
sich befinden oder bloss lose und beweglich nebeneinander
liegen.
II. Selbstständige Zellen, zu einem zusammenhängenden Gewebe
fest an einander gelagert.
III. Gewebe, in denen die Zellenwände, nicht aber die Zellenhöhlen
mit einander verschmolzen sind.
IV. Faserzellen, wo selbstständige Zellen sich nach einer oder
mehreren Seiten in Faserbündel verlängern.
V. Zellen, bei denen die Zellenwände und Zellenhöhlen mit
einander verschmolzen sind.
Zur ersten Klasse gehören die Blutkörperchen, deren bläschenartige
Natur C. H. Schultz bewies, deren Kern nach dem
Anfschwellen von Wasser, wie Schwann bemerkt, an der innern
Wand sitzen bleibt; und deren Zelleninhalt der rothe Färbestoff
ist; ferner die Lymphkörperchen, die Schleimkörperchen und
Eiterkörperchen. Alle diese sind Zellen mit Kern.
Zur zweiten Klasse gehört das Horngewebe, Pigmentgewebe
und Gewebe der Crystalllinse. Die Zellen sind selbstständig,
wenn auch ihre Wände zuweilen verschmelzen.
1. E p ith e lium . Meist runde Zellen mit einem Kern, der an
ihrer innern Fläche anliegt, mit ein oder zwei Kernkörperchen.
Im Zusammenhänge werden sie polyedrisch; an der äussern Haut
der Froschlarve sah Schwann auch zwei Kerne in der Zelle, und
eine Epitheliumzelle mit Kern in einer grossem Zelle, was bei
Säugethieren nach Henle nicht vorkommt. Von der kugeligen
Grundform aus erleiden die Epitheliumzellen Formveränderungen
nach zwei Richtungen, entweder die Zellen platten sich zu Tafeln
ab, wo der Kern in der Mitte der einen Fläche bleibt, zuweilen
sind diese platten Zellen in die Länge gezogene Streifen, wie nach
Henle am Epithelium der Gefässe. Die jungen Zellen entstehen
unter den alten und nehmen an Höhe ab, je mehr sie an die
Oberfläche kommen, wie Henle zeigt; oder die Zellen verlängern
sich in Cylinder, wie sie Henle in der Darmschleimhaut entdeckte.
2. P igm en tz e llen . Sie haben an ihrer Wand einen Zellenkern,
er veranlasst den in der Mitte der Pigmentzellen bekannten
weissen Fleck. Der Kern hat gewöhnlich noch ein oder zwei
Kernkörperchen. Manche Pigmentzellen erleiden eine Verlängerung
der Zelle in hohle Fasern nach mehreren Seiten, sternförmige
Zellen.
3. Nägel. Der Nagel eines reifen menschlichen Fötus besteht
aus Schichten, die der Fläche nach aufeinander liegen. Die
Schichten sind an der untern Fläche um so undeutlicher, je mehr
man sich dem in der Hautfalte steckenden Theil des Nagels nähert,
und die hintere Hälfte dieses Stücks zeigt gar keine Schichtung/
sondern besteht aus polyedrischen Zellen mit deutlichen
Zellenkernen. Lamellen des Nagels mit Essigsäure behandelt,
trennen sich in Plättchen, in denen man selten einen undeutlichen
Kern bemerkt. Die polyedrischen Zellen der Wurzel müssen
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sich durch Abplattung in Plättchen verwandeln. Durch Abplattung
der Zellen müsste der Nagel nach vorn dünner werden;
diess wird aber Wahrscheinlich dadurch ausg eg lich en , dass auch
eine Bildung von Epitheliumplättchen an der untern * lache des
Nagels erfüllt. Auch das Horngewebe der Klauen besteht beim
Fötus ganz aus Pflanzenzellen. . ; . '
4 °F e d e rn . Die Marksubstanz der Feder besteht aus polyedrischen
Zellen. An der jungen Feder haben sie einen Kern
an der Wand. Anfangs ist eine feinkörnige Masse da, in welchei
zahlreiche kleine Zellenkerne liegen, von denen einige ein Kernkörperchen
zeigen, um diese bilden sich die Zellen. ie
bilden sich nicht in Mutterzellen, sondern m der Nahe der org -
nisirten Matrix der Feder, welche das Cytoblastem liefert. D e
Fasern der Rinde des Schaftes entstehen aus grossen platten L p -
theliumzellen mit Kern und Kernkörperchen Es sind lange: platte
Streifen; aus jeder Zelle entstehen nun mehrere Fase™’J ^ c“ ^
verschwindet alle Spur der Zelle. Die Strahlen der Federn sind
eine Feder im Kleinen, der secundare Schaft hat die St
des Hauptschaftes, die secundäre Fahne besteht .a»fan§ "
der aus mit ihren Kanten aneinandergelagerten Epitheliumzellen
^ ^ K r y s t a l l i n s e . Die Fasern der Krystallinse entstehen
aus den von Werneck. zuerst beobachteten Zellen. In der Linse
eines acht Tage bebrüteten Hühnchens findet man noch keine
Fasern, sondern nur runde blasse Zellen, wovon einige einen
Kern enthalten. Bei älteren enthalten einige grossere Zellen *oc
ein oder zwei kleinere in ihrem Innern. Bei Schweineembry
von AgN Länge ist der grösste Theil der Fasern der Krystallinse
schon fertig gebildet; ein Theil ist noch unvollendet; ausserdem
sind noch viele runde Zellen da, die ihrer Umwandlung entgegensehen
Die vollendeten Fasern bilden einen Kern im Centrum
der Linse. Die nächsten Fasern sind hohle Verlängerungenvon
Kugeln. Hernach entstehen an diesen Fasern gezahnelte Ränder,
wie bei den gezähnelten Pflanzenzellen.
III. Klasse.
1. Knorpel siehe oben p. 752. , v
2. Zähne. Der Schmelz eines unreifen Zahnes hat nac
der Behandlung mit verdünnter Säure noch die vorherige Structur.
Die innere Fläche der die Zahnkrone umgebenden Schmelzmembran
wird von kurzen sechseckigen Fasern gebildet, die senkrecht stehen
so dass jeder Faser der Schmelzmembran eine Schmelzfaser
entspricht; sie scheinen verlängerte Zellen zu seyn; im frischen
.Zustande enthalten sie einen Kern mit Kernkorperchen; über
ihnen an der Membran liegen runde Zellen, wahrscheinlich de
junge Zustand jener. Die eigentlichen Schmelzfasern sind w -
scheinlich von der Schmelzmembran abgetrennt, mit dem sc
gebildeten Schmelz verwachsen und verknöchert. Die Substantia
propria der Zähne entsteht aus Fasern, zwischen welchen die
Zahnkanälchen verlaufen. Die Pulpa des Zahns besteht an der
Oberfläche aus cylindrischen Zellen mit Zellenkern und Kernkörperchen,
das Innere der Pulpa besteht aus runden Kernzellen.