
Dennoch werden auch hier wieder die Schwingungen der Kopfknochen
auf Schwingungen des Labyrinthwassers reducirt, um
von diesem aus den Hörnervpn zu treffen. Der Grund muss also
Wohl ein allgemeinerer seyn. - Er liegt wahrscheinlich in Folgendem.
Der letzte Endzweck des Gehörorganes ist vollkommene
'Mittheilung der Stosswellen an die Nervenfasern. Da diese wie
alle-Nerven weich und von Wasser durchdrungen sind, so würde
schon die Mittheilung der Stosswellen von festen Theilen an diese
weichen Nerven zum Theil eine Reduction auf Schwingungen des
Wassers seyn. Ausser der Weichheit der .Nerven durch Wasser
sind aber auch alle Zwisehenräumchen zwischen den Nervenfasern
wie in allen weichen Theilen von flüssigen Theilen, sei
es Blut oder Zellgewebeflüssigkeit, ausgefüllt. Geschieht die Mittheilung
der Stosswellen vom Labyrinthwasser aus auf die Fasern
des Hörnerven, so ist das Medium der nächsten Mittheilung
gleichartig mit dem, welches alle Porositäten und Interstitien der
Nerven seihst einnimmt. In diesem Fall mag die Schwingung
der Theilchen in dem Nerven selbst viel gleichartiger seyn, als
-wenn bloss. die Oberflächen des Nerven feste Theile berührten.
Im letztem Falle würden die Theilchen des Nerven, welche die
festen Theile berühren, eine andere Contiguität haben als diejenigen
Theilchen des Nerven, welche mehr im Innern des Nerven
und von der Berührungsfläche mit festen Theilen entfernt liegen.
Mukcke (Gehleb’s physic. Wörterb. 4. 2. p. 1241.')-- bemerkt in
Beziehung auf das Labyrinthwasser, dass das Wasser, obgleich
untauglich zur Tonerzeugüng, den Schall vortrefflich, ja noöh*
besser als die Luft leite. Diess möchte ich nicht zugeben, und
es kann sich nur auf die Geschwindigkeit der Leitung beziehen.
Denn die Luft, leitet ihre eigenen WeHeHj und, das Wasser seine
eigenen Wellen am wenigsten ungeschwacht weiter.
Die sogenannten Wasserleitungen scheinen mir in der Physiologie
des Gehörs gar keine Stelle zu verdienen. Sie enthalten
keine häutigen Canäle und keine Flüssigkeit, auch keine Venenstämme,
sie sind nur Verbindungen der Beinhaut und Dura ma-
ter mit der innern Beinhaut des Labyrinths. Mueller’s Archiv
1834. 22. , - ^ N .
In der Ausbildung des Labyrinthes giebt es 3 Stufen, 4) blosser
Vorhof mit einem Bläschen; 2) Vorhof, mit halbcirkelförmi-
gen Canälen mit ähnlicher Bildung des membranösen Labyrinthes;
3} die vorhergehende Stufe mit der Schnecke.
V o r h o f . Halbcirk e i f ö rm i g e Canale. .
Man setzt die Function der halbcirkelförmigen Canäle gewöhnlich
mit Scabpa in die Sammlung der Wellen aus den Kopfknochen.
Bei Canälen kömmt die Resonanzfähigkeit ihres Inhaltes,
die condensirte Fortleitung im Innern derselben. und die Resonanz
der Wände in Betracht.
Was zuerst die Resonanz des Inhaltes eines Rohrs betrifft,
so muss dieser im Labyrinth alle Bedeutung abgesprochen werden,
da das Wasser, an feste Körper angrenzend, in sich wahrscheinlich
keine merkliche Resonanz durch Abwertung der Wellen
von seinen Grenzen besitzt. Auch zum Sammeln der Schallwellen
aus festen Körpern scheint das Wasser wenig geschickt zu
seyn. Wurde in die vielfach communicirenden Rinnen eines
anatomischen Tisches Wassef gegossen, dann am Ende des Tisches
die tönende Stimmgabel aufgesetzt, so hörte ich den
Ton im Wasser mittelst des in das Wasser allein eingetauchten
Conductors nicht stärker, als wenn auf der Oberfläche des Tisches
eine kleine Stelle ‘mit Wasser bedeckt war und mit diesem
Wasser der Conductor in Berührung gebracht wurde. Ich
Hess ferner in ein dickes Brett Canäle bohren, parallel mit der
Fläche des Brettes. Diess Brett konnte in die Seite mnes hölzernen'
Beckens eingesetzt werden, so zwar, dass die Oeffnungen
der Canäle mit der Höhle des Beckens communicirten. Wurde
das Becken und, von da aus die Canäle mit Wasser gefüllt, und
wurden in dem Wasser des Beckens' mit der durch Membran
geschlossenen Pfeife Schallwellen erregt, so wurde der Ton mit
dem Conductor nicht schwächer gehört, wenn die Communica-
tionsrLöcher der Canäle mit dem Becken durch Stopfen geschlossen,
als. wenn sie offen waren.
Nun fragt sich, in wie weit ein mit Wässer gefülltes Rohr
mit einem durch Luft, gefüllten schallleitenden Communicätions-
robr verglichen werden könne. In letzterem lässt sich bekanntlich
der Schall mit fast unveränderter Stärke weit fortleiten, weil
sich die- Wellen der Luft schwer den festen Wänden des Rohrs
mittheilen und an den Krümmungen auch reflectirt werden. Bei
einem mit Wasser gefüllten Rohr,, das Schallwellen des Wassers
leitet, ist es ganz anders; einige Reflexion findet auch im Wasserstatt
(siehe p f422);* aber das Wasser giebt seine Wellen wiel
leichter an feste Körper als die Luft ab und die Stärke des in einer
gewissen Richtung fortschreitenden Stosses im Wasser erhält sieh
in Wasserrohren nur auf ganz kurze Strecken. Wurde z. B.
das mit -Membran geschlossene Ende der einfüssigen Pfeife mit
einem Rohr von 4 Zoll Länge, 8 Linien Breite verbunden und
in Wassew so gehalten, dass die Membran ganz mit dem Wasser
in Berührung war, so war allerdings, der Ton der Stösse der
angeblasenen Luftsäule im Wasser am Ende des Rohrs, also auf
4 Zoll Länge, mit dem Conductor noch stärker hörbar, als im
ührigen Wasser , stärker als' im Wasser an der AusSenseite des
Communicationsrohrs und stärker als bei gleicher Entfernung ohne
Communicationsrohr. War aber die Länge des Communicationsrohrs
1 Fuss, so war es mir unmöglich,'eine grössere Stärke im
Wasser des Beckens am Ende des Rohrs als an anderen Stellen
des Wassers wahrzunehmen. Ich verband auch 2 Wasserbecken
durch ein.e 6 Fuss lange Röhre von Glas und erhielt keinen der
Wirkung eines Communicationsrohrs ähnlichen Erfolg. Der Schall
wurde nicht stärker am andern Ende des Rohrs im Wasser gehört,
als wenn der Conductor den resonirenden Wänden des
Beckens nahe kam.
Hieraus geht, hervor, dass man bei den halbcirkelförmigen