werther Bursche, der schon in Kanö mein Entsetzen erregt
hatte. Man kann sich denken, wie erstaunt ich war, als ich
eines Tages, in vollem Fieber auf meinem harten Lager
liegend, von einem Manne mit langem Schnurrbart, den ich,
ungeachtet er so schwarz wie irgend ein Neger war. doch
kaum für einen Eingeborenen des Negerlandes ansehn konnte,
auf Romäisoh oder Neu-Griechisch hegrüsst wurde. Trotzdem
war der Mann ein Eingeborener dieses Landes, aber er hatte
sich während eines mehr als zwanzigjährigen Aufenthalts in
Stambul. wohin er schon als Kind verkauft worden war, nicht
nur die Sprache, sondern auch die Manieren seiner Herren
vollkommen angeeignet, und ich möchte fast sagen, dass er
selbst die Gesichtszüge der Nen-Griechen angenommen hatte.
Als Freigelassener kehrte er dann in seine Heimath zurück.
So bringt allerdings Sklaverei gelegentlich einige kosmopolitische
Elemente in diese vom Weltverkehr ausgeschlossenen
Binnenländer.
In so bunter und interessanter Gesellschaft konnte meine
Reise nur angenehm sein, und auch der Charakter der Landschaft
war nicht ganz einförmig; denn angebautes Land und
Unterholz wechselten in schneller Reihenfolge mit einander
ab. und von Zeit zu Zeit begegneten wir einem gleichfalls
bunt zusammengesetzten Zuge von Natronhändlern auf
ihrem Marsche von den Natronsee’n in Münio nach Kanö;
Pferde, Ochsen und Esel gingen stets in trauter Gemeinschaft
müliseligen Dienstes neben einander her. Einmal war sogar
ein Maulthier dabei und auf Nachfragen erfühl- ich bei dieser
Gelegenheit, dass dieses Thier, welches ich früher für gewöhnlich
im Negerland gehalten, hier sehr selten sei, wenigstens
in diesen Gegenden. In Ivanö soll es immer den hohen
Preis von 60- bis 80,000 KurdT haben, das ist das Doppelte
des Preises eines leidlichen Kameeles. In Wangara — das
lieisst in den östlichen Mandingo-Lahdern an dem Quellgebiet
des Dhjoliba — und in Gondja scheint das Maulthier
häufiger zu sein; dagegen ist nur ein einziges Maulthier in
Kükaua und ebenso ein einziges in Timbuktu; so war es
wenigstens zu meiner Zeit.
Belebte Scenen folgten einander ohne Unterbrechung: bald
ein Brunnen, wo die gesammte Bevölkerung eines Dorfes oder
Sango’s beschäftigt war, den täglichenWasservorratli einzunehmen,
bald ein anderer, wo eine Heerde Rindvieh eben getränkt
wurde; dann ein prachtvoller Tamarindenbaum, welcher sein
schattiges Dach über eine geschäftige Gruppe redselig ge-
müthlicher Fx-auen ausbi-eitete, die Lebensmittel, Ghussub-
wasser, saui-e .Milch oder Baumwolle verkauften. Der Clia-
i-akter der Landschaft vei-iindei-te sich vollkommen gegen 10
Uhr durch das plötzliche Auftreten vereinzelter Dümpalmen,
die so wundei-bai- dazu dienen, diese Binnenländer und die
nördlicheren Nillande mit einem geistigen Bande der Verwandtschaft
zu umschlingen. Hier näherten wir uns dem
bedeutenden, aber offenen Platze Gabesaüa, der gegenwärtig
die sein- geschäftige und belebte Scene eines besuchten Mai’k-
tes entwickelte. In diesem Lande nämlich herrscht die vei'-
nünftige Sitte, dass die Markttage der Städte mit einander
abwechseln, so dass alle Bewohner eines bedeutenden Distriktes
jeden Tag von dem besonderen Artikel, durch welchen
jede dieser Ortschaften sich auszeichnet, Vortheil ziehen
können.
Indem wir mit Mühe unseren Weg diuch die Reihen der
l-eichlich gefüllten Buden nahmen, ward ich lebhaft daran erinnert,
dass wir der Gi-enze der Kanöx-i-Sprache uns nähex--
ten; denn als ich, um meinen Durst zu löschen, Ghussub-
wasser („füra” in der Haussa-Sprache) kaufen wollte, gaben
mir die Marktweiber auf mein Anfragen frische Butter („füla”
in der Kanöri-Sprache) und ich hatte einige Schwiei'igkeit,
ihnen vex-ständlich zu machen, dass ich diese nicht wünsche.
— Wir setzten unseren Marsch ohne Aufenthalt fort
und eiTeichten so um Mittag den wohlbekannten — das