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20 I- Kapitel.
men sei und dringende Aufträge für mich habe. Als ich
indess hinausging, um Färredji zu begrüssen, sagte er mir
nur sehr einfach, er wünsche zuerst mit Eleidji, dem Häuptling
der Karawane, zu sprechen, und ich ging demnach selbst
dorthin, um zu erfahren, was es sei. Obwohl der alte Mann
nicht im Stande war, alle Ausdrücke der Briefe, welche Färredji
gebracht hatte, und deren einer von dem Scherlf-el-
Fä-ssi, der andere von Lü-ssu geschrieben war, zu verstehen,
war doch so viel deutlich, dass die Reiter zu keinem anderen
Zwecke gekommen waren, als mich und Overweg nach Sinder
zu bringen, ohne uns weiter um unsere Meinung zu befragen,
und dass der Scherlf, wie auch Lü-ssu den Führer der Salzkarawane
beauftragten, uns in der Gesellschaft jener Gesellen
ihnen zuzusenden. Ich hörte jedoch, dass die Boten
auch einen Brief an Annür hätten, dessen Rath einzuholen
sei. Der alte Eleidji kannte sehr wohl die wirklichen Verhältnisse
und wusste, dass die Angabe, ein Brief sei vom
Konsul in Tripoli angekommen, der uns anheföhle, in Börnu
zu bleiben, bis weitere Maassregeln in Bezug auf unsere jüngsten
Verluste getroffen wären, nichts als eitele Lüge sei; er erklärte
desshalb, er würde uns nicht zwingen, irgend etwas
gegen unseren Willen zu thun. Ich hatte nun doppelte Veranlassung,
nach Tessaua zu gehn, und brach daher so zeitig
als möglich auf, nur von meinem muthwilligen, unzuverlässigen
Tunesischen Schuschän und dem ernsten, getreuen
Tägheleler Aufseher begleitet.
Der Pfad führte uns durch die Vorstädte Gosenakko’s
und war daher wohl eingezäunt, um jeden Übergriff des
Eigenthums zu verhüten. An der westlichen Seite des Dorfes
jedoch war fast gar kein angebautes Land und wir betraten
sehr bald eine Wildniss, wo „dümmia” und „gerä-ssa” die vorherrschenden
Bäume waren. Nach 3 Meilen Wegs öffnete
sich die Landschaft und angehaute Felder zeigten sich den
Blicken. Hier liess die Stadt Tessaua sich in der Ferne
sehn. Eigentlich sollte ich sagen: nur die schönen, schattigen
Bäume, welche es zu einem so freundlichen Platze
machen, waren zu sehn; denn wie es gewöhnlich der Fall ist
in diesen Ländern, so sind auch hier die Wohnungen sehr niedrig
und die Bäume rings um den Ort werden theils aus
strategischen, theils aus ökonomischen Gründen gelichtet.
Nach ferneren 2 Meilen hatten wir die Vorstadt erreicht
und hielten uns, indem wir sie durchschnitten, am äusseren
Graben der eigentlichen Stadt entlang, welcher rings um den
Verback des inneren Platzes läuft, um Al Wäli’s Haus zu erreichen,
unter dessen besonderen Schutz sich Herr Overweg,
wie mir bewusst war, begehen hatte.
Die Behausung des ersten Deutschen und Europäers, der
Tessaua besucht hatte, war, obgleich eng, doch sehr behaglich.
Sie bestand aus einem etwas engen Hofraume, der
mit Rohrmatten umzäunt war, vom Alter schon gemüthlich
geschwärzt; rechts am Eingänge erhob sich eine sehr geräumige,
aus Baumstämmen und Matten errichtete Schattenhalle,
fähig, wenigstens 20 Personen behaglich in ihrem kühlen
Schatten aufzunehmen; dies war entschieden der Glanzpunkt
der Wohnung. Dem Eingänge gegenüber lag der
Mittelpunkt der Behausung, die Hütte seihst; sie war von
leidlichem Umfang, etwa 10 Fuss im Durchmesser, und ihre
Mauern bestanden aus Lehm, „bängo”, während das Dach
von dem gewöhnlichen Rohrwerk oder „schibki” gebildet ward.
Der innere Raum war durch eine schräg hindurchlaufende
Scheidewand vor dem Hineinlugen indiskreter Augen gesichert.
Herr Overweg war nicht wenig über die Nachricht erstaunt,
die ich ihm brachte, und wir schickten zu dem Ghadämsi,
El W achsclii, unserem Freund von Tln-teggana, um seine
Meinung zu liören, als die eines Mannes, der lange in diesem
Lande gewohnt und der, wie wir Grund zu glauben hatten,
nicht unter dem Einfluss persönlicher Beweggründe stehn
würde. Er gab uns den bestimmten Rath, nicht nach Sinder