Am Morgen dieses verhängnissvollen, mir ewig denkwürdigen
Tages fühlte ich mich etwas besser, wurde aber später
sehr unwohl und j nahm unglücklicherweise eine zu
schwache Dosis Arznei. In diesem Zustande erhielt ich einen
Besuch von zwei hübschen, liebenswürdigen jungen Fulbe, die
mich in der einfachsten und vertrauensvollsten Weise baten,
ihnen das den Kuran eröffnende Gebet vorzubeten, aber in der
unfreundlichen, düsteren Stimmung, in der ich mich befand,
verweigerte .ich ihre Bitte. Ich habe es nachher stets , bereut,
dass ich dies gethan, da es mir eine grosse Menge der
Bevölkerung entfremdete. Natürlich werden manche Christen
etwas dagegen einzuwenden haben, das Gebet einer anderen
Glaubensform herzusagen, aber dennoch wird wohl der Ge-:
brauch eines Gebetes von so allgemeiner Bedeutung, wie das
einleitende Kapitel des Kuran, einem einzelnen Wanderer in
diesen Gegenden gestattet sein, um eine Art von Verbindungsglied
zwischen ihm und den Eingeborenen zu bilden,
überdies ist es nicht einmal immer nöthig, das Gehet laut
herzusagen, sondern man murmelt es in den Bart und streicht
zum Schluss mit beiden Händen über das Gesicht.
Es war etwa 10 Uhr Morgens, als Mode Abd Allähi, der
Staatssekretär, und mein Freund aus Mocha sich mit einer
sehr amtlichen Miene einstellten, die sogleich zu erkennen
gab, dass sie nicht aus eigenem Antriebe, sondern auf höhere
Ordre kämen, und nachdem sie ihre Sprachwerkzeuge mit
einer Tasse Kaffee j gestärkt hatten, entledigten sie sich ihres
Auftrages in folgenden Ausdrücken.
Der Sultan — alle diese Statthalter von Provinzen führen
den Sultanstitel — sagten sie, hätte ihnen befohlen, mir die
Versicherung seiner höchsten Verehrung darzubringen, aber
er sei nichts als ein Sklave des Sultans von Sokoto*) und
*) Obgleich der Emir el Muraenin jetzt in Wurno residirt, wird doch immer
noch Sökoto als die amtliche Hauptstadt des Reiches angesehn.
ich sei ein weit grösserer Mann als er selbst. So ein Mann
wie ich sei nie zuvor in ihr Land gekommen; er fürchte
sich vor seinem Oberherm und bäte mich, zurückzukehren,
woher ich gekommen sei; wenn ich mich dann später mit
einem Briefe von Sokoto einstellen würde, wolle er mich
mit offenen Armen aufnehmen, mit mir ohne Rückhalt über
unsere ganze Wissenschaft und über unsere Instrumente sprechen
und mir sein ganzes Land zeigen.
Auf diese Botschaft, die sicherlich in sehr milden und einschmeichelnden
- Ausdrücken abgefasst war, entgegnete ich,
dass es abgeschmackt wäre, Mohammed Loel einen Sklaven
des Herrn von Sokoto zu nennen, dass er im Gegentheil als
der fast unabhängige Herr einer grossen Provinz weit und
breit bekannt sei und dass der Ruf seines Vaters 'Adama als
eines edelgeborenen und gelehrten Pullo seihst bis in unser
Land gedrungen sei und er dort einen der vornehmsten Plätze
unter den berühmtesten Namen Tekrurs einnehme. Es wäre
daher ganz unpassend, zu behaupten, ich sei grösser als er,
und dass er aus diesem Grunde mich nicht auf seine eigene
Verantwortung empfangen könnte, sondern mein Gesuch an
seinen Oberherrn in Sokoto weisen müsse. Ich führte Katsena
und Kanö als Beispiele an, besonders aber den letzteren
Ort, wo ich mich, wiewohl er der Sitz eines Statthalters
sei, der in demselben Grade der Abhängigkeit vom Oberherm
'in Sokoto stehe, wie Loel, lange Zeit aufgehalten hätte;
ohne dass irgend eine Bezugnahme auf den Oberherm
stattgefunden.
„0!” meinten die Abgesandten, „die Verhältnisse von Kanö
und Kätsena sind gänzlich verschieden von denjenigen dieser
Provinz, da es grosse geschäftsreiche Verkehrsplätze für alle
Welt sind; -Adamaua dagegen ist ein entferntes Gebiet im
abgelegensten Winkel der Erde und eine noch junge, nicht
hinreichend befestigte Eroberung.” Gewiss lag etwas Wahres
in der letzten Bemerkung, ausserdem dass gerade diese