Bogen und Pfeil besteht die Stärke dieses noch halb heidnischen,
weit ausgebreiteten Stammes. Innerhalb der Mauer
lag eine zahlreiche Heerde Rinder friedlich auf einem geräumigen
Platze umher und ein ansehnlicher bebauter Strich
Landes rings um die Stadt gab hinreichenden Beweis von
dem Fleisse der Bewohner. Die Wohlhäbigkeit dieser Landschaften
aber geniesst nur wenig Sicherheit, und als ich gegen
Ende des Jahres 1854 dieselbe Strasse zog, war nicht eine
einzige Kuh zu selrn; der ganze Ort gewährte den trübseligsten
Anblick der Öde und Verlassenheit und hohes Waldrohr
bedeckte den ehemals angebauten Boden.
Wir kamen jetzt durch einen dichten Wald von Unterholz,
der nur hier und da von kleinen Flecken angebauten Landes
unterbrochen war, erreichten eine halbe Stunde vor Mittag
Bündi*), die Residenz des Ghaladima fOmar, welche auf dieselbe
Art wie Alaniei befestigt ist, und nahmen unseren Weg
gerade auf den Palast zu. Auch die Wohnung dieses grossen
Herrn bestand ganz aus Rohrgeflecht und Mattenwerk; die
Matten aber, welche die ganze Wohnung umgeben, von der
in Bornu „lägarä” genannten Art, die aus einem besonderen
Rohr Namens „ssügu” gefertigt werden, sind sehr hoch, wenigstens
15 Fuss, und von ansehnlicher Dicke, und da sie, durch
lange Stangen wohlgestützt, eine schnurgerade Wand bilden
und auch gut erhalten sind, so macht das Ganze kernen iibelen
Eindrucks
Der Ghaladima **) war in früheren Zeiten, wie wir im liisto-
*) „Bündi” ist ein Kanöri-Wort, das V,wilde Thiere” bedeutet, und diese
ganze Gegend war wirklich vor noch nicht langer Zeit voll Raubthicre; denn die
Stadt ist neu. Die Einwohner, deren grösster Theil mit ihrem Herrn von der
uralten Stadt Ngurü hierher Übergesiedelt ist, haben aber noch den besonderen
Namen „Ngürü-bü” (d. i. der Plur. von „Ngurü-ina”).
**) Ich will dem Leser hier ein- für allemal andeuten, dass die Endungs-
sylbe „ma” im Kanöri den Besitz einer Sache anzeigt und mit dem Vorgesetzten
„mai” oder „mei” im Haussa gleichbedeutend ist; so ist z.B. „billa-
ma” ganz identisch mit „mai-gari” und hat dieselbe zwiefache Bedeutung,
rischen Abschnitt über das Reich Bornu sehn werden, eine
der ersten Personen des Reiches; denn er war der Statthalter
des Ghäladl, einer weit ausgedehnten Provinz, welche
alle Tributärlandschaften des Reiches vom Komddugu Waube,
dem sogenannten Yeu, der das eigentliche Bornu westlich
begrenzte, bis an die Ufer des Kuära umfasste. Damals hatte
dieser mächtige Fürst, der, den Vasallen des Mittelalters ähnlich,
eine fast unabhängige Stellung einnahm, seine Residenz
in der berühmten Birni Ngurii, einer schon von den ältesten
Arabischen Schriftstellern erwähnten Stadt. Seitdem aber alle
diese westlichen Provinzen dem Reiche Bornu verloren gegangen,
und besonders seit dem Vordringen der Fulbe oder
«Felläta, die Ngurü selbst zerstörten, ist die Macht des Gha-
ladima zu einem blossen Schatten- herabgeschwunden, der
Art, dass er an wirklicher Bedeutung sogar den Herren der
kleinen benachbarten Fürstentlmmer Münio und Sinder, ja selbst
dem von Mäsehena nachsteht. • Der gegenwärtige Ghaladima
f Omar ist ein intriganter Mann, und es würde unverständig von
mir gewesen sein, wäre ich vorbeigegangen, ohne ihm meine
Aufwartung zu machen. Auch war ich berechtigt, zu hoffen, er
werde mir einen Führer anweisen, damit ich so bald als möglich
die Residenz seines Oberherrn, des Scheichs von Bornu,
erreichen möge.
nämlich „Bewohner” und „Herr” oder „Amtmann” einer Stadt, obgleich die
letztere Bedeutung das Übergewicht erhalten hat. Ferner ist „fir-ma” gleichbedeutend
mit „mai-döki” und hoisst „ein Mann zu Pferde”, „ein Reiter” ,'
U\ s. w. — Mit dieser Endung werden auch fast alle Namen für Ämter auf
Kanöri gebildet, wie Yerl-ma, Tschirö-ma, Kassdl-ma u. a. m. So führt auch
der Gouverneur der Provinz Münio oder Minyo den Titel Muniö-ma oder
Minyö-ma, — ein Name, der von Herrn Richardson durchaus falsch verstanden
worden ist. — Ich will hier nur noch hinzufügen, dass der Titel des Herrn
des Ghäladi des Börnu-Reiches durch den ungeheueren Umfang des letzteren- in
die Listen der Ämter aller Höfe des Central-Negerlands eingeführt worden ist;
so finden wir einen Ghaladima sowohl in Sökoto als in Adamaua. Dasselbe ist
auch der Fall mit- einigen Ämtern gewesen, die ursprünglich dem Ilofo des
Reiches Melle, angehörten, wie der Titel Foreng oder Fanna.