Ein schwarzes Unwetter sammelte sich auf den Wändala-
Höhen, während unsere buntgemischte Truppe auf dem engen
Pfade sich entlang schlängelte, zu Zeiten durch Waldung
oder Unterholz, dann wieder durch schöne Kornfelder. Aber
die Landschaft bot einen wilderen und mannichfaltigeren
Anblick dar, nachdem wir ein kleines Rinnsal durchschnitten
hatten. Felsmassen, halb Sandstein, halb Granit, starrten
auf allen Seiten empor, während vor uns ein niedriger Felszug,
dicht mit Baum und Busch überwachsen, sich hinstreckte
und unseren Weg abzusperren schien. Plötzlich jedoch liess
sich eine tiefe Bucht sehn, die in dem Felsrücken eine Öffnung
bildete, und es zeigte sich unseren Blicken ein Dorf,
höchst malerisch in dem natürlichen, von den Felsen gebildeten
Amphitheater gelegen, während überall Bäume zwischen
den Granitblöcken hervorbrachen und dem ganzen Gemälde
eine anmuthige Abwechselung verliehen.
Das war Lahaula; aber wir hatten einige Schwierigkeit,
diese Berghöhle zu betreten. Der Eingang in dieses Amphitheater
war nämlich durch einen starken Verhack geschlossen,
der nur einen höchst schmalen Zugang längs der Klippen
auf der Ostseite übrig liess, und dieser war bei weitem nicht
breit genug für unsere Kameele. Während daher der nachfolgende
Theil unseres Zuges vorwärts drängte, gerieth das
Ganze in grosse Verwirrung, besonders da das Gewitter losbrach
und der Regen in Strömen auf uns niederstürzte.
Glücklicherweise war der Regenguss ebenso kurz, wie er
heftig war, und es gelang uns endlich, uns einen Eingang zu
verschaffen. So erreichten wir die ersten Hütten des Dorfes,
aber unser Eintritt war durchaus kein glücklicher. Die
erste Person, die uns entgegenkam, war eine Mutter, angetrieben
durch die Hoffnung, ihren Sohn als freien Mann von
Kükaua zurückkommen zu sehn, wohin er in die Sklaverei
geschleppt worden war. Als sie aber hörte, dass der Geliebte
nicht gekommen sei und dass sie es nie erleben würde, ihn
wiederzusehn, erfüllte sie das ganze Dorf mit ihren Wehklagen
und Flüchen über die Kanöri.
Diese Scene konnte nicht verfehlen, einen ungünstigen
Eindruck auf die Einwohner zu machen. Zwar empfing uns
ihr Haupt selbst, 'Aschi, ein Mann, der sich nach einem erfolglosen
Kampfe gegen meinen Begleiter Billama, zur Zeit, als
derselbe Statthalter dieser Landschaften für Börnu war,
dem Scheich > in gewissem Sinne unterworfen hatte, mit
Freundlichkeit und Wohlwollen, aber sein Sohn, in dessen
neu und sauber gebauter Hütte der alte Mann mich einquartieren
wollte, erhob einen schrecklichen Lärm und, rannte
am Ende, in Wuth seine Waffen ergreifend, unter den wildesten
Drohungen davon. Ich hielt es daher für das Beste,
von der mir angewiesenen Hütte keinen Gebrauch zu machen,
ausser, wenn mich ein anderes Gewitter dazu zwingen sollte,
und nahm ungeachtet der Feuchtigkeit mein Lager unter
einem Schattendach vor der Hütte, indem ich meinen Teppich
und die wollene Djirbier-Decke über eine grobe Rohrmatte
ausbreitete; denn zu meinem nicht geringen Ungemach führte
ich damals in der Regenzeit keine Art von Bettgestell bei
mir. Mitten in dem etwas unordentlich aussehenden und keineswegs
regelmässig eingezäunten Gehöfte, wo man uns einquartiert,
war ein Gegenstand von hohem Interesse; es war
ein langer Pfahl, etwa 9 Fuss emporragend, mit einem kleinen
Kreuzholz, das zugleich eine Stütze für einen irdenen
Topf mittlerer Grösse bildete. Dies war ein „ssäfi”, eine
Art Fetisch, eine symbolische Darstellung ihres Gottes „fete”,
der Somie, wie es scheint. Es war Schade, dass wir uns nicht
in einer behaglicheren Lage befanden, um von den Eingeborenen
mehr Nachforschungen über diesen Gegenstand einzuziehen.
Das Holz zu diesem heiligen Pfahle, einem Naturmale,
wird von einem besonderen Baume genommen, wie ich
glaube, von der Kigelia.
Aschi war freundlich genug, mir eine grosse Schüssel Ho-
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