VI. KAPITEL.
A n k u n f t i n K i k a n a .
[Mittwoch, 2ten A p r il] Dies sollte ein bedeutender Tag
werden, entscheidend für die ganze Richtung meiner Thätig-
keit in diesen Gegenden. Ich sollte endlich die Hauptstadt
des Fürsten erreichen, an den wir ausdrücklich gesandt worden
waren, ja, der eigentlich das Ziel des Unternehmens, wie
es ursprünglich angelegt war, seihst bildete. Alles hing von
seiner Neigung ab, Erfolg oder Fehlschlagen unseres ferneren
Unternehmens. Und wie näherte ich mich ihm! Ohne Mittel
irgend welcher Art, ohne Bevollmächtigung, im ärmlichsten
Aufzuge!
Ungeachtet unserer späten Rast waren wir schon zu früher
Stunde wieder auf dem Weg, aber indem wir den Pfad,
welchen wir vorige Nacht verlassen, wieder zu erreichen
suchten, überschritten wir ihn und kamen an ein anderes
Dorf mit zahlreichen Heerden. Dadurch wurden wir unseren
Irrthum gewahr und gelangten nunmehr bald auf die gerade
Strasse. Hier änderte sich nun plötzlich der ganze Charakter
des Landes. Der Sandboden, welcher die Gegend am
Komädugu entlang bezeichnete, wurde durch Thon verdrängt.
Wir begegneten einem Trupp Tugürtschi, die uns sagten, dass
keines von den am Wege liegenden Dörfern genügenden Vorrath
an Wasser hätte, selbst das bedeutende Dorf Kangär-
ruä nicht, dass ich aber aus dem nie versiegenden Brunnen
zu Bescher mein Pferd wohl würde tränken können. Diese
Nachricht bestätigte mich nur in meinem Entschlüsse, vorauszureiten,
sowohl um mein armes Thier die heissen Tagesstunden
über nicht ohne erquickenden Trunk zu lassen, als
auch um in der Residenz bei guter Zeit anzukommen. Ich
nahm demnach von meinen, zwei treuen Dienern Abschied,
gab Mohammed strengen Befehl, mir mit den Kameelen so
schnell wie möglich zu folgen, und eilte voran.
Die holzreiche Ebene war von Zeit zu Zeit durch nackte
Einsenkungen oder flache Kesselebenen unterbrochen; sie bestanden
aüs schwarzem moorigen Thonhoden. Während der
Regenzeit sammelt sich hier das Wasser an; alle möglichen
vegetabilischen und animalischen Stoffe aus der Umgegend
in diesem Becken zusammenführend und langsam auftrocknend,
lässt es den Boden reich befrachtet zurück und vortrefflich
geeignet zum Anbau der Massäkua (Holcus cernuus%
einer Art Winterkorn, welche, wie ich später fand, einen beträchtlichen
Zweig. des Landbaues in Bomu ausmacht. Bald
nach dem Ende der Regenzeit wächst die junge Saat auf; zuerst
auf kleinem Platze am schlammigen Rande eines stehenden
Wasserbeckens eng zusammengedrängt, dann auf weiterem
Raum auseinander gepflanzt, schiesst sie empor, nur durch
die befruchtende Kraft des Bodens getrieben, und reift dann
mit Hilfe der grossen Menge Thau, welcher in den auf die
Regenzeit folgenden Monaten zu fallen pflegt. Diese Einsenkungen
bilden den charakteristischsten Zug der Landschaft,
welche die Südwestecke der grossen Central-Afrikanischen
Lagune bis zu einer Entfernung von mehr als 60 Meilen von
ihrem gegenwärtigen Ufer umgibt. Sie werden von den Ka-
nöri „firki” oder „änge”, von den Arabern „ghadir” genannt.
Das ganze Land, von mittelgrossen Mimosen bekleidet, hat
einen überaus düstem, einförmigen Charakter.
Indem ich nun meinen Weg durch solche Gegend verfolgte
und mehrere Dörfer zur Seite liess, erreichte ich Bescher etwa
um Mittag. Dies ist eine Gruppe von Dörfern, die auf den