Seite der Dorfscliaft. Hier befand sich in einer dichteren
Hüttengruppe die Wohnung des titulären „Billama”, das heisst
eines Mannes, der durch den Verrath seines Heimathlandes
sich unter die Obhut der Bornauer gestellt hatte, in der Hoffnung,
mit ihrer Hilfe seinen ehrgeizigen Zweck zu erreichen,
nämlich seine Landsleute zu beherrschen. Hier trafen wir
Ibiahima, der mit seinen Fulbe vor uns angekommen war.
Der ohnmächtige Billama gab uns einen Mann mit, der uns
Quartier anweisen sollte, und wir mussten mit ihm über die
weite grasreiche Ebene nach der östlichen Hüttengruppe zurückkehren.
Während wir diese schöne Flur durchschnitten,
bemerkte ich hinter dem westlichen Quartier, das wir verlies-
sen, den ausgedehnten heiligen Hain, der aus prächtigen Bäumen,
meist Ficus-Arten, besteht und von einem niedrigen
Erdwall umgehen ist.
Endlich erreichten wir die östliche Gruppe der Dorfschaft,
aber die Eigenthümer der Gehöfte, die uns zum Quartier
bestimmt waren, schienen eben nicht geneigt, die Eindringlinge
aufzunehmen. Froh, das Quartier endlich erreicht zu
haben, hatte ich wohlgemuth mit Bü-Säd die mir angewiesene
Behausung betreten, um davon Besitz zu nehmen, und
mein Diener war schon ahgestiegen, als der Eigenthümer mit
wüthender Geberde hereinstürzte und, seinen Speer schwingend,
mir in der drohendsten Stellung befahl, seine Wohnung
auf der Stelle zu verlassen. Der Gerechtigkeit seiner Ansprüche
an seinen eigenen Heerd mir wohlhewusst, zauderte
ich keinen Augenblick, seinen Rath zu befolgen, aber ich
hatte einige Schwierigkeit, meinen Diener zu überreden, ruhig
davon zu gehn, da er in seiner fanatischen Weise nicht
übel Lust hatte, auf den Kerl zu schiessen.
Diese Wohnung besonders war sehr sauber und behaglich
eingerichtet und ich war vollkommen im Stande, mich an die
Stelle des Besitzers zu versetzen und zu beurtheilen, was er empfinden
musste, als er sah, dass seine so gemüthliche Wohnstätte
von Fremden in Beschlag genommen und sein reiner Hof
zur Stallung gemacht und jeder Art Beschmutzung ausgesetzt
werden sollte. Die Gehöfte enthielten je 5—7 Hütten
— ein hinreichender Beweis ansehnlichen Wohlstandes und
vorherrschender Vielweiberei — ; jede Hütte hatte eine verschiedene
Gestalt und Grösse, und daneben befand sich auch
das in jedem Haushalte so nothwendige Schattendach. Kurz,
Alles bot augenscheinliches Zeugniss eines behaglichen häuslichen
Lebens dar.
Billama — das heisst mein Geleitsmann — schien im
Versuche, sich Quartier zu’verschaffen, nicht glücklicher gewesen
zu sein, als ich selbst, er liess den Kopf hängen
und war kleinlaut. Wir hielten es . daher für das Beste,
jeden Versuch häuslicher Einquartierung aufzugeben und im
Vertrauen auf unser gutes Glück im Freien zu lagern. Wir
zogen uns also ganz vom bewohnten Quartier auf den offenen
Wiesengrund zurück und stiegen im weit sich ausbreitenden
Schatten einer ungeheueren Küka oder, wie die Fulbe
sagen, „bokki” (Adansonia digitata) ab.
Dies war eins der schönsten Exemplare der Küka, die ich
überhaupt auf meinen Reisen gesehn, obgleich sie an kolossalen
Verhältnissen wohl von der einen oder anderen ihrer über das
ganze Innere des- Kontinents von Baghfrmi bis Jimballa zerstreuten
Schwestern, die mir auf meinen Reisen vorgekommen,
übertroffen ward. Aber dies war nicht die kahle, melancholische,
wahrhaft abschreckende Adansonie; die mit ihrem
kolossalen Astwerk geisterhaft in die Luft starrt, wie ich
sie zu sehn gewohnt war, sondern es war ein schlanker
Baum, dessen Stamm wohl 20 Fuss hoch ganz frei blieb
und in regelmässig gleichförmigem Umfange aufschoss, während
die Krone, von einer Fülle von Schlingpflanzen durchwoben
, ein überaus prächtiges Laubdach bildete. Er war
wenigstens 80 Fuss hoch.
Während mein Zelt in seinem Schatten aufgeschlagen wurde,