Damerghu in so grösser Menge vorhanden sind, dass vor wenigen
Jahren Reisende „ein Huhn für eine Nadel” kaufen
konnten.
[Dienstag, 14** Januar.] Da ich bemerkt hatte, dass
es auf einen längeren Aufenthalt hier abgesehen sei, fasste
ich den Entschluss, die Stadt Tessaua zu besuchen, die nur
wenige Meilen entfernt ist, schob jedoch meinen Besuch bis
zum nächsten Tage auf, um die Stadt in dem interessanteren
Gewände des Mittwochmarktes — „kä-ssua-n-Laraba zu
sehn. Jedoch wurde, unser Lager, wo ich den Tag ruhig
zubrachte, seihst meinen lebensvollen, regsamen Markt verwandelt,
und seihst die heissen Tagesstunden liessen die unharmonischen
Töne der Verkäufer nicht einen Augenblick
ruhen. Mein verständiger, jovialer Gefährte machte mir während
dessen einige werthvolle Mittheilungen in Bezug auf die
Einkünfte des reichen Herrn von Tessaua, der in gewisser
Beziehung ein unabhängiger Fürst ist, obwohl er von anderer
Seite ein mächtiger Dienstmann des Königs oder Häuptlings
von Marädi genannt werden kann.
Jedes Familienhaupt in . seinem Gebiet zahlt ihm 3000
„kurdl” als „kurdl-n-kai”, d. i. Kopfsteuer. Ausserdem gibt
es mehrere Grade von Geldstrafen — „kurdi-n-laefi . Zum
Beispiel für einem Anderen zugetheilte Prügel, höchst wahrscheinlich
ziemlich derbe, hat man 10,000 „kurdl zu bezahlen.
Ein aussereheliches Kind gezeugt zu haben, kostet
100,000 „kurdl”. Dies ist für die Verhältnisse des Landes
eine enorme Summe und scheint ein sehr klarer Beweis dafür
zu sein, wie selten so etwas hier zu Lande vorfällt. Es ist
allerdings natürlich, dass da, wo jeder Mann gesetzmässiger
Weise so viele Weiber haben kann, als er zu ernähren vermag,
wfenig Anregung zu ungesetzmässigem Verkehr vorhanden
ist. Im Falle vorbedachten Mordes verfallt das ganze
Eigenthum des Mörders und wird vom Herrn eingezogen.
Jedes Dorf hat seinen Schulzen, welcher kleine Sachen selbst
entscheidet und für die bezügliche Steuer seines Bezirkes
verantwortlich ist. Der Fürst selbst hat über Leben und
Tod zu gebieten, und von seiner Entscheidung gilt auch keine
Berufung an den Beherrscher von Marädi; doch dürfte er
nicht wagen, eine Maassregel von Wichtigkeit durchzuführen,
ohne sein Ministerium, wie wir nach Europäischer Weise
sagen könnten, oder wenigstens den GhaladTma zu Rathe zu
ziehen. Von dem Amte des Letztgenannten werde ich im
Verlauf meiner Reise Gelegenheit haben volle Auskunft zu
geben. Alles in Allem genommen, könnte das kleine Gebiet
von Tessaua ein sehr glückliches Ländchen sein, wäre es
den Bewohnern vergönnt, in Ruhe zu leben; aber sie werden
unausgesetzt von kleinen Raubzügen heimgesucht. Selbst
gestern Abend, während wir hier gelagert waren, trieben die
Fellani eine kleine Heerde Kälber vom benachbarten Dorfe
Kälgo fort.
Unsere Salzkarawane vergrösserte sich; denn um Mittag
kam das „Salz” des „sserki-n-Kel-owi” mit den Bewohnern
von Olalöa und die Abtheilung Ssalah’s , Lü-ssu’s Hauptdieners,
welcher letztere bisher gewöhnlich den Vorsprung
vor uns gehabt hatte. Alles war Lehen und Regsamkeit.
Auch ich musste als vereinzelter Wanderer mit meinem Loose
zufrieden sein und konnte wohl als ein kleiner Prinz erscheinen;
denn ich war endlich so glücklich gewesen, ein Paar
Hühner aufzutreiben, und hatte also bei meinen geringen Ansprüchen
ein glänzendes Abendbrot, während ein „maimölo”
mit einer eintönigen, aber gefühlvollen Melodie auf seinem
dreisaitigen Instrument, begleitet von einem Gesänge zu meinem
Lobe, mich unterhielt.
[Mittwoch, 1 5 *en Januar.] Schon mit der ersten Morgendämmerung
wurde ich zu meiner höchsten Verwunderung
von Mohammed aus meinem Zelte gerufen, indem er mir anzeigte,
dass Färredji, Lü-ssu’s Diener, unser Gefährte von
Rhät, plötzlich aus Sinder mit drei Bömu-Reitern angekom-
3*