mehr und mehr verfallen und gegenwärtig ist sie halb verlassen
; noch schlimmer aber fand ich es hei meiner späteren
Durchreise. Die Nachbarschaft ist voll wilder Thiere, und
wir hörten in der Nacht das Brüllen eines Löwen, das uns
wegen unserer Kameele einige Furcht einflösste.
[Montag, 24®*™ JfäV«.] Auch am nächsten Morgen, während
der ersten' Strecke unseres Marsches, blieb die Fächerpalme
vorherrschend; allmählich jedoch gewann neben ihr
der Affenbrodbaum, der wahre Freund des Schwarzen, sein
altes Recht, und auch einige lauhreichere Bäume fingen an,
sich zu zeigen , bis nach einer Weile dichtes Unterholz den
Blick in die Feme abschloss. Wiederum öffnete sich die
Landschaft und einige vereinsamte Dattelpalmen, die wie
Fremdlinge im Lande aussahen, gleichsam als wären sie durch
irgend einen Zufall hierher verschlagen, erhoben ihr schmuckes
Haupt und führten mich in Gedanken in jene Gegenden
zurück, wo sie Natur und Menschheit charakterisiren. Es war
ein schöner Morgen, die Sonne in reinem, ungetrübtem Glanze,
und mich den Eindrücken der Umgebung überlassend, über die
ursprüngliche Heimath und die allmähliche Verbreitung der
verschiedenen Vertreter des Pflanzenreiches nachdenkend, hing
ich sorglos auf meinem Gaule, als plötzlich eine ungewohnte
Erscheinung meine Aufmerksamkeit erregte.
Eine malerisch und fremdartig aussehende Gruppe kam
mir entgegen. In der Mitte ritt ein Mann von edlem Aussehen,
Arabischen Zügen, heller Hautfarbe, prächtig gekleidet
und nach Arabischer Sitte mit reich, geschmückten Feuergewehren
bewaffnet; drei Reiter, weniger reich gekleidet, aber
auf ähnliche Weise bewaffnet, ritten an seiner Seite. Ich
sah, dass es eine Person von Ansehen s e i, und ritt daher
scharf auf ihn zu, um ihn zu begrüssen. Sobald er mich erblickte,
machte er Halt und fragte mich, oh ich der Christ
sei, welcher von Kanö erwartet. werde. Auf meine.bejahende
Antwort meldete er mir ohne Umschweife, dass mein Reisegeführte
Yaküb (Herr Richardson) gestorben sei, noch ehe
er Kükaua erreicht, und dass all sein Eigenthum verschleudert
worden sei. Ich sah ihm fest in’s Antlitz und sagte,
dass dies, wenn es auf Wahrheit beruhe, eine höchst ernsthafte
Nachricht sei, und er theilte mir nun einige Einzelheiten
mit, welche wenig Zweifel an der Richtigkeit der Angabe
zuliessen. Als ich ihn nach seinem Namen fragte, nannte er
sich Issmäll; ich erfuhr aber nachmals von Anderen, dass es der
Soherif el Habib gewesen sei, ein Araber aus dem Gharb (Marokko),
von wirklich edlem Geblüte. Er war ein sehr gelehrter,
aber ausserordentlich leidenschaftlicher Mann und
war eben, in Folge eines Streites mit Müllem Mohammed,
vom Scheich von Bornu aus Kükaua, wo er sich einige Zeit
aufgehalten, verbannt worden. Er wandte sich damals nach
Sökoto, um beim Emir el Mumenln sein Glück zu versuchen,
und ich sah ihn zu späterer Zeit, als er, von Letzterem
gekränkt, nach Bürnu zurückgekehrt und wieder zu
Gnaden angenommen war, eben in Kükaua wieder. Später
liess er sich in Gümmel nieder. Diese wandernden Abenteurer
aus dem Norden und Osten spielen eine hervorragende
Rolle in den Ländern der Schwarzen, wie sie es schon vor
500 Jahren thaten.
Die Trauerbotschaft machte natürlicherweise einen tiefen
Eindruck auf mich, da sie nicht nur ein einziges Menschenleben
betraf, sondern das Schicksal unseres ganzen Unternehmens
in Frage stellte. Allerdings konnte ich noch einigem
Zweifel Raum geben, aber im ersten Augenblick der
Aufregung beschloss ich, meine zwei Burschen mit den Ka-
meelen zurückzulassen und meinen Weg allein zu Pferde zu
verfolgen. Mohammed aber wollte dies nicht zugehen, und
da ich Kükaua sicher nicht in kürzerer Zeit als in 4 Tagen
erreichen konnte, selbst wenn mein armer Gaul die Beschwerde
ertragen sollte, und da ein Theil der Strasse von den Tuareg
sehr unsicher gemacht wurde, so würde mich ein solches Unter