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heueren Einfluss die Walide oder vielmehr Mägira — dies
ist ihr einheimischer Titel — auf die Angelegenheiten des
Königreichs ausübte. Ich brauche nur das Beispiel von Gümssu
Fa-ssämi anzuführen, die ihren Sohn Biri, als er schon König
war, ein ganzes Jahr lang gefangen hielt, oder das von Aäi-
scha, der Mutter des Edrlss, die eine Reihe von Jahren hindurch
so vorherrschenden Einfluss ausübte, dass sie in einigen
Listen und seihst noch von vielen 'Ulama jetziger Zeit
in der Reihe der Herrscher des Landes aufgeführt wird.
Diese Verhältnisse lassen, sich am natürlichsten erklären,
wenn man annimmt, dass eine Art Vergleich zwischen den
fremden Einwanderern — den Rothen oder Berbern (ich
will in diesem Falle ausdrücklich den mehr bezeichnenden
Namen Maslgh nicht gebrauchen) von dem Stamme der Ber-
doa — und der Völkerschaft oder den Völkerschaften, unter
denen sie sich ansiedelten, stattfand, gerade in derselben
Weise, wie wir es als wahrscheinlich befunden, dass eine
ähnliche Übereinkunft zwischen den erobernden Kel-owl und
den alten Bewohnern Airs, von der Göber-Rasse, abgeschlossen
worden, und wie es dem Anscheine nach in alten Zeiten
mit dem Verhältnisse der Griechischen Kolonisten zu den
ursprünglichen Bewohnern Lyciens der Fall gewesen ist.
Die wichtigsten unter den einheimischen Völkerschaften
Känems sind : die Klye oder Beni Kiya*), die auch noch in
den Zeiten Edriss Alaöma’s erwähnt werden; die Stämme der
*) — „kabilet IC1” odi;r , V „ I
— „Beni Kle min ähel Berg”. Der Punkt über dem j — ick schreibe zwei
Punkte, weil der Leser nicht an die Afrikanische oder Warasch-Schreibweise
gewöhnt ist ^ in dem W o r t e i s t in der Abschrift der Chronik, welche
ich nach Leipzig gesandt, vergessen worden, und Herr Blau las daher „Derw” ;
wo aber der Name vom Imam Ahmed erwähnt ist, ist. der Punkt nie wegge- .
lassen. Wo das Land Derk oder Derg ist, kann ich durchaus nicht mit Gewissheit
angeben. Die Klye bilden noch heutigen Tages den Hauptbeständtheil
der Koyäm.
Meghärma oder der Merhärma, welcher möglicherweise mit
den Ghemärma identisch sein könnte; der Stamm der Tema-
ghera *) (ohne Zweifel ein Berhemame, der ganz augenscheinlich
der Landschaft Demagherim, das heisst der nordwestlichen
Provinz Börnu’s, ihren Namen gegeben); ferner der Stamm
der Debiri, der Künkuna und endlich der Tebu oder, wie oft
geschrieben steht, Tubu oder vielmehr Teda. Unter ihnen bildeten
die Letzteren bei weitem den wichtigsten und zahlreichsten
Stamm, dem auch die Mutter von Dunama ben Hume,
dem mächtigsten der älteren Könige Börnu’s, der, wie es
scheint, dreimal die Pilgerfahrt nach Mekka vollbracht hat,
entsprossen war. In der That dürfte es scheinen, dass der
eigentliche Talisman, welchen der spätere König Dibbalämi
Dünama Sselmämi zerstörte, in dem engen Verwandtschaftsund
Freundschaftsverhältniss lag, das zwischen den Kanöri und
den Teda bestand. Dieses Verhältniss war so innig, dass der
Name Berauni, welcher offenbar ursprünglich den Bewohnern
Börnu’s angehörte, noch in jetziger Zeit von den Tüareg den
Tebu gegeben wird. Die Tebu oder Teda sind eine zu dem
ursprünglichen Stamme der Kanöri in inniger Beziehung stehende
Rasse, wie jedem vorurtheilsfreien Forscher aus ihrer
Sprache klar werden muss**).
Was für eine mächtige Nation die Teda bildeten, zeigt genugsam
die Dauer des Krieges, welchen sie mit eben jenem
*) „Temäghera min ähel Kerä” . Kerä ist der Name, nicht Keraw, wie
Herr Blau liest, der ihn S. 322* mit Keraua, der alten Hauptstadt Mändara’s,
in Verbindung zu setzen sucht. Aber das ist entschieden falsch. — Es kann
kaum zweifelhaft sein, dass die Temäghera der Provinz Demagherim oder Da-
mägherim ihren Namen gegeben haben. Der erste Buchstabe war, wie ich
glaube, ursprünglich ein JO.
**) Ich werde über diesen Gegenstand in der historischen Einleitung zu meinen
Wörterverzeichnissen ausführlicher sprechen. Hier, will ich den Leser nur
auf einen von mir auf der Reise an Herrn Professor Lepsius gerichteten Brief
verweisen, der in Dr. Gumprecht’s Zeitschrift, Bd. H, S. 373 f., abgedruckt ist.