Ufer eingeschlossene Bucht Bole erreichten, mussten wir sehr
tiefes Wasser durchschneiden, das meinem ansehnlich hochgewachsenen
Pferde his über den Sattel reichte und meinen
armen Diener, der übrigens bei seinem heissen fanatischen
Blute einer Abkühlung sehr bedurfte, mit seinem niedrigen
Pony gänzlich versenkte, so dass eine Zeit lang wirklich
von ihm nichts als sein Kopf und seine Flinte zu sehn waren.
Es lohnte indess der Mühe, dass wir den Plate, wo wir uns
jetzt befanden, erreichten.
I Es war die breiteste Bucht des See’s, welche ioh bis jetzt
gesehn, ein schöner, offener, zu ansehnlicher Entfernung sich
ausbreitender Wasserspiegel, dessen Oberfläche, von dem leichten
Ostwinde aufgeregt, sich gegen das Ufer brach; er konnte
wirklich „nkl bül” — „weisses Wasser” — genannt werden.
Dennoch aber hatte er keinen Zusammenhang mit einem
grossen offenen Seehecken. Ringsum war die blaue Fluth
von einem ununterbrochenen Walde von Binsen verschiedener
Gattung umsäumt und das Wasser selbst war mit Wasserpflanzen,
namentlich der Wasserlilie (Nymphaea Lotus), welche
an manchen Stellen eine vollständige grüne Decke über
dasselbe bildete, belebt. Zahllose Flüge von Wässervögeln
aller Art, aber namentlich wilde Enten, ergötzten sich hier
im vollen Gefühl ungestörter Freiheit. Dieser ganze Theil
des See’s am Börnu-Ufer, das „nkl tsilim”, ist voll von Fischen
und Gethier aller Art, während das innere offene Wasser,
mit dem Dr. Overweg später bekannt wurde, ganz bar an
lebenden Wesen sein soll. Die Bucht hat die Gestalt eines
Ellbogens und ihre innere Windung, die eine tiefe Buchtung
von 0 3 0N nach W30S bildet, hat den besonderen Namen
Nghelle.
Nachdem wir uns mühsam durch das Wasser und die Binsen
hindurchgearbeitet und endlich wieder festen Boden gewonnen
hatten, machten wir einen kurzen Halt, um zu überlegen,
was zunächst zu thun sei. Hadj Beschir hatte mir
Die Insel Ssdyurum im Tsad. 419
nämlich grosse Hoffnung gemacht, dass es möglich sein würde,
die Insel Ssöyurum*), die sich bedeutend in den See hinaus
erstreckt, zu Pferde zu erreichen. Ein solches Unternehmen
würde mir wahrscheinlich einen weiten Blick über das Kalilemma
und viele von den Inseln des See’s gewährt haben,
aber meine Gefährten erklärten einstimmig, dass die Tiefe
des Wassers, welches mehrere Meilen weit zu durchschneiden
war, die Höhe meines Pferdes überschreite. Obgleich ich
nun, um von diesem überaus interessanten Central-Afrikanischen
Wasserbecken ein wenig mehr zu sehn, ganz bereit war,
mich noch weiter durchnässen zu lassen, trotzdem, dass dies
der Gesundheit nicht eben zuträglich sein konnte, so war
doch auf der anderen Seite die Aussicht, einen ganzen Tag
durch tiefes Wasser zu reiten, zu wenig einladend, hauptsächlich,
wenn es mir, wie es schien, nicht möglich sein sollte,
mein Chronometer und meinen Kompass ziemlich trocken
zu erhalten. Denn diese beiden kleinen Instrumente waren
jetzt die werthesten Gegenstände, welche ich auf der Welt
hatte, und waren nicht zu ersetzen, wie etwa Flinte und Pistole
wieder zu erlangen gewesen wären. Zu dem Allen war
auch mein Pferd, welches nie an Anstrengung gewöhnt worden
war und auch keine gute Pflege genossen hatte, schon
durch diesen kleinen Ausflug ganz lahm geworden und schien
kaum im Stande zu sein, mich nach Kükaua zurückzutragen.
Ich gab also den Besuch der Insel auf, die in manchen Jahren,
wenn der See nicht das höchste Maass der Anschwellung
erreicht, ohne grosse Beschwerlichkeit in e i n e m
Tage erreicht werden kann**), und folgte meinen Gefährten
*) Herr .Overweg schreibt Seurum’.
**) Die Entfernung des westlichen Ufers dieser Insel vom westlichen Ufer
des See’s kann ganz entschieden 30 Meilen nicht überschreiten, wenigstens
in gewissen Jahreszeiten. Dr. Overweg’s Angaben über diese Insel, die er auf
seiner Wasserfahrt nicht allein berührte, sondern selbst fast ganz umschifft zu
haben scheinen könnte, Wenn er nämlich auf der Rückfahrt an der nördlichen
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