den Spekulationen der herrschenden Männer und namentlich
denen meines verstorbenen Freundes Hadj Beschlr zuzuschreiben
war. Ich kann ihn allerdings von Spekulationen und
Maklereien zum Nachtheile des allgemeinen Wohls durchaus
nicht freisprechen. Wenn er z. B. einen grössen Betrag von
Küngona gesammelt hätte und denselben in Umlauf zu bringen
wünschte, so fiel der Thaler plötzlich zu 45 oder 5 0 .Rottel
herab, während er zu anderen Zeiten selbst 100 Rottel oder
3200 Muscheln Werth hatte — d. h. 700 Muscheln mehr als
in Kanö, von wo dieses Umlaufsgeld doch erst eingeführt war.'
Gewiss ist es ein grösser Vortheil' des Marktes in letzterer.
Stadt, dass hier die Umlaufsmünze. einen stehenden Werth
hat, den Fall ausgenommen, dass eine-grosse Menge Thaler
auf einmal in Umlauf gesetzt wird. !
Doch zurück zum Markte! Ein kleiner Landmann, der
sein Korn zum Montagsmarkt ••■ • dem „Kässukü letenInbe”.-4->
nach Kükaua bringt, will durchaus keine Bezahlung.in Muscheln
annehmen und begnügt sich selten mit dem Thaler.
Der Käufer, der Korn zu haben wünscht, muss demnach, wenn
er nur Thaler hat, diese erst gegen Muscheln vertauschen,
oder vielmehr, er kauft Muscheln und mit diesen kauft er
ein Hemd — „külgu” — und erst nach vielfachem Tausch ist
er im Stande, sein Korn, sei es „argüm möro” oder „ngäj
beri”, Waizen oder Reis, zu erhandeln. Die zwei letztgenannten
Getreidearten sind indess nicht immer zu haben und zu
anderen Zeiten auch nur in geringer Menge. Der! in Kükaua
zum Verkauf gebrachte Reis ist wilder Reis, das von den
Elephanten verschmähte und übriggelassene Produkt der Waldung,
und von sehr geringer Qualität.
Die Mühseligkeit, der sich der Marktbesucher zu unterziehen
hat, ist in der That so gross, dass ich meine Diener
oft im Zustande äusserster Erschöpfung von dort zurückkommen
sah. Man kann die meisten der beim Montagsmarkt
ausgebotenen Waaren auf den kleinen Nachmittagsmärkten
■— „durrla” — kaufen, aber freilich nur in kleinem Vorrath
und zu höheren Preisen, ja, einige Artikel sucht man da
vergeblich. Während nun allerdings viel Mühseligkeit mit dem
Markte zu Kükaua verbunden ist, so muss ich doch gestehen,
dass die Lebensbedürfnisse hier billiger sind, als in irgend
einem anderen Orte Central-Afrika’s , den ich besucht habe,
um die Hälfte billiger als in Kätsena und S6koto,,ein Drittel
billiger als in Kanö und etwa um ein Viertel billiger als
in Timbuktu. Über die Billigkeit von Fleisch und Korn am
letztgenannten Platze, einen in der That höchst bemerkenswer-
then Umstand, der mich in das grösste Erstaunen versetzte,
als ich jene berühmte Stadt zuerst betrat, werde ich am geeigneten
Orte sprechen. Ich muss indess bemerken, dass
Hirse — ,;argüm möro” (Pennisetum distichum) ■— in Kükaua
in grösserer Menge vorhanden und daher billiger ist,
als Indisches Korn •*ä ,,ngäberi” ( S o r g h u m ) wie dies auch
in Timbuktu und Kanö der Fall ist, während in Baghirmi
das letztere bei weitem billiger ist. Freilich ist auch der
Ngäberi von Bornu, besonders diejenige Art, welche „matia”
heisst und sich durch ihre Weisse auszeichnet, höchst vortrefflich,
und die aus diesem Korn bereiteten „ssenässin”,
eine Art in dünnen, pfannkuchenähnlichen Scheiben gebackenen
Teiges, bilden die leichteste und beste Nahrung des Europäers
in diesem Lande.
Die Getreidepreise sind natürlicherweise je nach den Jahreszeiten
sehr verschieden. Am billigsten ist es etwa einen
oder zwei Monate nach der Ernte, das heisst im November,
zu welcher Zeit alles Getreide auf dem Lande ausgedroschen
is t; am theuersten dagegen ist es gerade zur
Erntezeit. Im Durchschnitt kann man in Kükaua für einen
Thaler 3 Ochsenladungen — „katkun knemube” — Hirse
kaufen. 1£ Thaler ist etwa der Preis eines guten Ochsen
von vielleicht 600 Pfund Gewicht; 2 Thaler bezahlt man für
einen Lastochsen oder eine Milchkuh, 1 Thaler für 2 gute